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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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es
aussieht, muss ich Kleopatra wohl mal besser kennenlernen.«
Antonius grinste.
    So angetan ich von dem
lebhaften Treiben auch war, hütete ich mich davor, mich dem
Ganzen in Anwesenheit von Julia zu ausgiebig hinzugeben.
Außerdem hatte ich Hunger. Mit Hermes im Schlepptau machte
ich mich auf die Suche nach dem Abendessen, wobei ich wachsam nach
gemeingefährlichen Pygmäen Ausschau hielt. Wir passierten
ein Becken voller Krokodile. Einzelne Gäste versuchten, die
beängstigenden Biester mit Fisch und anderen Leckereien aus
der Reserve zu locken, doch die schuppigen Monster verharrten
regungslos. In einem anderen Becken tummelten sich Nilpferde, die
die Gäste mit Wasser und irgendwelchen widerlichen
Flüssigkeiten bespritzten. Auf Tafeln wurde in verschiedenen
Sprachen darauf hingewiesen, dass Nilpferde weitaus launischer
waren, als sie aussahen. Geparden wanderten frei umher. Ich hoffte,
dass die Tierschau unserer Gastgeberin nicht auch noch Löwen
umfasste.
    Es war nicht schwer,
etwas zu essen zu finden. Das Hauptproblem war, etwas ausfindig zu
machen, das klein genug war, um es in den Mund zu bekommen. Es gab
Tische, die mit kompletten gerösteten Tieren gedeckt waren,
viele von ihnen exotische Tiere aus Afrika. Ich entdeckte einen
Spieß, auf dem kleine, in Honig und Sesamkörner gerollte
Vögel steckten, und begann, einen nach dem anderen zu
verputzen.
    »Guck dir mal
diese Austern an«, sagte Hermes und hob einen mit Austern
gefüllten Teller hoch. »In jeder einzelnen befindet sich
eine Perle. Kommen die auf natürliche Weise da
hinein?«
    »Das glaube ich
kaum. Du kannst die Austern essen, aber behalte die
Perlen.«
    »Wo
denn?«, fragte er und genehmigte sich eine Auster.
    »Verschnür
sie in einer Ecke deiner Toga. Sie besteht aus so viel Stoff, dass
du die komplette Beute von Tigranocerta darin verstauen
könntest.«
    »Ich
weiß«, entgegnete er und aß eine weitere Auster.
»Oh, das Ding ist heiß.« 
    Ich verputzte den Rest
von dem Spieß und sah mich nach etwas anderem um. Die
aufwendig zubereiteten exotischen Speisen wie Flamingozungen oder
Kamelzehen waren zäh und schmeckten oft abscheulich, doch ich
fand ausreichend Leckereien, die für den menschlichen Verzehr
geeignet waren und jeglichen Hunger zu stillen vermochten. Hermes
reichte mir einen Teller mit kleinen Pasteten, die mit gehacktem
Schinken, Ziegenkäse und Spinat gefüllt waren. Sie lagen
auf Eichenblättern aus Blattgold, die ich mir einsteckte. Bald
war ich gesättigt und bereit, mich darauf einzulassen, was der
Abend zu bieten hatte.
    »Caesar ist
da«, sagte Hermes und deutete mit seinem Kinn in die Richtung
eines mit Fell überzogenen Podests, auf dem der Diktator auf
einem riesigen Stuhl saß. Anders als sein üblicher
kurulischer Stuhl verfügte dieser über eine aufragende
Rückenlehne, gegen die Caesar mit seinem ganzen
Körpergewicht lehnte, einen Ellbogen auf eine Armlehne gelegt,
den mit einem Lorbeerkranz gekrönten Kopf auf eine Faust
gestützt. Neben ihm stand ein identischer Stuhl, doch
Kleopatra war nirgends zu sehen. Einige Anwesende, die über
einen gewissen gesellschaftlichen Rang verfügten, gingen zu
ihm, verbeugten sich oder machten andere unterwürfige
Gesten.   
    »Sie küssen
nicht den Saum seines Umhangs«, stellte ich fest, »aber
ich sehe ihnen an, dass sie es am liebsten tun
würden.«
    »Nicht so
laut«, sagte Hermes.
    »Warum?«,
fuhr ich ihn an. »Er ist doch nur ein Politiker wie alle
anderen.«
    »Das stimmt
nicht, und das weißt du auch. Zeig dich von deiner besten
Seite, oder Kleopatra wirft uns den Krokodilen da drüben zum
Fraß vor.«
    »Das sollte die
Viecher ein wenig in Schwung bringen«, murmelte ich,
beschloss jedoch, etwas diskreter zu sein. Aber ich sollte verdammt
sein, wenn ich Caesar ebenfalls wie ein unterwürfiger
Bittsteller entgegenträte. Wir wandelten durch die zahlreichen
Zimmer des riesigen Hauses; in jedem Raum wurden Darbietungen
geboten, sodass für jeden Geschmack etwas dabei war. In einem
Zimmer präsentierten spanische Tänzerinnen aus Gades ihre
berühmte verführerische Vorstellung. In einem anderen
trug ein Schauspieler mit einer großartigen Stimme Werke des
Agathon vor. In einem kleinen Innenhof kämpften Gallier in
karierten Hosen mit ihren langen Schwertern und ihren kleinen
Schilden. In einem langen Flur führten Schauspieler in
gespenstischer Stille die Tragödie des Adonis
auf.      
    Schließlich fand
ich Kleopatra. Sie stand bei den Frauen, mit denen
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