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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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Kapitel 1
    An unserem Kalender
war nichts auszusetzen. Das sah ich so, und das römische Volk
sah es auch so. Aber Caius Julius Caesar war anderer Meinung, und
er war Diktator, und damit war die Sache erledigt. Er war
außerdem Pontifex maximus und somit für den
römischen Kalender zuständig, und genau dies war eines
seiner Lieblingsprojekte. Als Diktator kann man sich nach Lust und
Laune seinen Lieblingsprojekten, Hobbys und so weiter hingeben, und
wenn irgendjemand einem das Recht bestreitet, dies zu tun, kann man
ihn töten lassen. Nicht dass Caesar wegen so einer
unbedeutenden Sache irgendjemanden hätte töten lassen.
Ganz im Gegenteil. Er begnadigte Menschen, die es unbedingt
verdient hatten, hingerichtet zu werden, und er hätte noch
etliche Jahre länger gelebt, wenn er einfach nur ein paar
Männer hätte töten lassen, die zu töten oder
ins Exil zu schicken ich höchstselbst ihm geraten habe. Doch
er hat es nicht getan. Dieser Mangel an Weitsicht hat ihn das Leben
gekostet.
    So war Caesar.
Jederzeit freudig bereit, zur Mehrung des Ruhmes Roms oder, besser
gesagt, zur Mehrung seines eigenen Ruhms ganze Reiche von Barbaren
auszulöschen, doch immer sehr zurückhaltend, wenn es
darum ging, römische Bürger hinrichten zu lassen, selbst
solche, die sich unzweifelhaft als seine Feinde erwiesen
hatten.
    Stattdessen begnadigte
er jene, die die Waffen gegen ihn erhoben hatten, ließ
Exilierte heimkehren und hätte sogar Cato wieder in Amt und
Würden gesetzt, wenn dieser nur bereit gewesen wäre,
Caesars Vorrangstellung anzuerkennen.
    Aber zurück zum
Kalender. Caesar war der Herr der Welt, doch eines der Probleme,
die damit einhergehen, wenn man die Welt erobert, besteht darin,
dass die Eroberung der Welt einen von anderen Aufgaben ablenkt. Als
Pontifex maximus gehörte es zu Caesars Aufgaben, unseren
Kalender in Ordnung zu halten. Zu jener Zeit, als er Diktator war
und nur noch eine sehr kurze Zeit zu leben hatte (auch wenn er es
nicht wusste), war der Kalender in eine furchtbare Unordnung
geraten und stimmte überhaupt nicht mehr mit den
natürlichen Jahreszeiten überein. Es war, als ob wir drei
Monate verloren hätten. Wir begingen die rituellen Feiern zur
Wintersonnenwende im späten Herbst. Wir opferten das
Oktoberpferd mitten im Sommer. Jahreszeiten und rituelle Feiern und
Opfer schienen einfach nicht mehr miteinander im Einklang zu
stehen, und das brachte uns vor den Göttern in
Misskredit.
    Caesar griff in der
für ihn typischen Weise zu einem drastischen Mittel, um in
dieser Situation Abhilfe zu schaffen. Er hatte die Absicht, uns
einen komplett neuen Kalender zu verpassen. Und nicht nur das,
sondern zudem auch noch einen, der von Ausländern entworfen
werden sollte. Es war vor allem jener letztere Umstand, der dem
römischen Volk zu schaffen machte. Die Römer waren es
gewohnt, von unseren Priestern und Magistraten Anweisungen
entgegenzunehmen. Von einem Haufen Chaldäern und Ägyptern
erzählt zu bekommen, wie sie ihren Verpflichtungen
gegenüber den Göttern nachzukommen hatten, war
unerträglich.
    Doch wie ich bald
feststellen musste, gab es weitaus schlimmere Verwicklungen, die
diese längst überfällige Reform mit sich bringen
sollte.
    »Decius
Caecilius!«, rief Caesar. Ich eilte zu ihm, um zu sehen, was
er wollte. Es hatte eine Zeit gegeben, in der kein Senator
überstürzt losgeeilt war, um zu sehen, was ein anderer
Römer wollte. Doch diese Zeit war vorbei. Caesar war - bis auf
die formelle Bezeichnung - in jeder Hinsicht ein König. Also
stürmte ich zu ihm.
    »Caius
Julius?«, fragte ich. Wir befanden uns in der Domus publica,
jenem Haus auf dem Forum, das aufgrund Caesars Funktion als
Pontifex maximus und Aufseher der Vestalinnen sein offizieller
Wohnsitz war.
    »Decius, ich
habe vor, eine bedeutsame Änderung durchzuführen. Und ich
möchte dir die Umsetzung dieser Angelegenheit
übertragen.«
    »Selbstverständlich,
Caesar«, erwiderte ich, »vorausgesetzt natürlich,
es handelt sich nicht um etwas, das dazu angetan ist, mich das
Leben zu kosten.«
    »Warum sollte es
das?«, wollte er wissen.
    »Na ja, Caius
Julius, im Laufe der vielen Jahre, die wir uns inzwischen kennen,
hast du mich in mehr Situationen hineingezogen, die mich das Leben
hätten kosten können, als ich auf die Schnelle
zusammenbekomme. Ich könnte mit Gallien anfangen, aber das
wäre ein ziemlich willkürlicher Punkt, um mit der
Aufzählung zu beginnen …«
    »Diesmal geht es
um nichts dergleichen«, versicherte er
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