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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kopf, um die Menschenmenge zu beobachten. Auf den unteren Etagen war nun eine gesteigerte Geschäftigkeit zu bemerken, eine hektische Hast, die ihm verriet, daß die Zeit knapp wurde. Ein hochgewachsener, imponierend aussehender Lhari schlenderte durch die Menge, strahlend in seinem metallisch-goldenen Umhang und dem engen Trikot; in respektvoller Entfernung folgten ihm zwei Mentorianer – stattliche, rotschöpfige Menschen mit metallischen Capes wie die der Lhari. Tom gab Bart einen Stups; sein Gesicht hatte einen bitteren Zug.
    »Schau dir doch diese lausigen Mentorianer an! Wie bringen sie das nur fertig? Sie sind doch auch Menschen, genau wie wir, und sie benehmen sich wie Verräter! So vor dem Lhari zu katzbuckeln! Lhari-Sklaven! «
    »So ist das ganz und gar nicht«, erwiderte Bart langsam. »Ich weiß es. Sicher erinnerst du dich, daß meine Mutter Mentorianerin war. Sie machte fünf Flüge auf Lhari-Schiffen mit, bevor sie meinen Vater heiratete. Und sie war nicht der Meinung, daß die Lhari so übel sind. Schließlich haben sie uns die Raumfahrt ermöglicht!«
    Tom wirkte verlegen; er seufzte. »Vermutlich bin ich nur eifersüchtig«, gab er zu. »Wenn ich mir vorstelle, daß die Mentorianer als Mannschaften auf Lhari-Schiffen anheuern können, während du und ich niemals ein Raumschiff von Stern zu Stern steuern werden! Deine Mutter arbeitete bei den Lhari? Was hat sie gemacht?«
    »Sie war Mathematikerin«, antwortete Bart zögernd. »Die Lhari machen Gebrauch von der menschlichen Mathematik. Aber du hast selbstverständlich in der Schule gelernt, daß sie vor ihrem Kontakt mit der Menschheit ein Navigationssystem benutzten, das so unhandlich war wie römische Ziffern. Man muß sie dafür bewundern. Und dir ist natürlich auch bekannt, daß sich das Sehvermögen der Lhari von unserem unterscheidet. Unter anderem sind sie farbenblind.«
    »Farbenblind!«
    »Genau«, meinte Bart. »Ihre Augen können keine Farben unterscheiden, lediglich Schattierungen von Schwarz oder Weiß oder Grau. Weißt du, die Menschen haben vor dem Raumzeitalter bestimmte Tiere benutzt, die gegenüber verunreinigter Luft wesentlich empfindlicher reagierten, und wenn sie umkippten, war es höchste Zeit für die Menschen, das Weite zu suchen! Genauso fanden es auch die Lhari ziemlich praktisch, einige Menschen in der Schiffsbesatzung zu haben, einfach deshalb, weil sie bestimmte Ausschnitte des Farbspektrums unterscheiden konnten. Außerdem verwenden sie natürlich die Mentorianer als Dolmetscher, wenn sie mit Menschen zu tun haben.«
    Tom folgte den Mentorianern neidisch und mißgünstig mit den Augen. »In Wirklichkeit würde ich auch gern mit den Lhari fliegen, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte. Nur, um von Stern zu Stern zu reisen. Und du?«
     



 
    Barts Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich könnte es ja«, meinte er. »Ich bin ein halber Mentorianer.«
    »Warum tust du es denn nicht? Ich würde es machen, wenn ich du wäre!«
    »Bestimmt nicht«, erwiderte Bart mit leiser Stimme. »Selbst unter den Mentorianern gibt es nicht sehr viele, die es tun. Weißt du, die Lhari haben kein besonderes Vertrauen zu den Menschen – nicht einmal zu den Mentorianern. In früheren Zeiten haben die Menschen immer Spione auf die Raumschiffe der Lhari geschleust, die versuchen sollten, das Geheimnis des Delta-Antriebs zu entdecken. Es ist ihnen niemals gelungen. Und heutzutage werden die Mentorianer von den Lhari einer Art Gehirnwäsche unterzogen, bevor sie anheuern – und bevor sie abmustern. Sie können nichts Wichtiges enthüllen. Meine Mutter war eine von ihnen, wie ich dir erzählte. Na klar, sie konnte mir ein paar Kleinigkeiten verraten. So zum Beispiel, daß die Lhari beim Juwelenhandel Diamanten von Rubinen nur durch spektroskopische Analyse unterscheiden konnten. Solche Sachen. Doch sie hatte es satt, im Schnitt einmal pro Jahr ihr Erinnerungsvermögen zu verlieren.«
    Tom überlief ein Schauder, aber bevor er etwas erwidern konnte, schrillten Alarmzeichen und Signaltöne durch das gesamte Gebäude.
    »Das Raumschiff muß jetzt hereinkommen«, sagte Bart.
    »Ich sollte vielleicht jetzt lieber gehen und mich zum Einschiffen bereithalten«, meinte Tom. Er streckte Bart die Hand entgegen. »Also dann, Bart, das ist nun wohl der Abschied.«
    Sie schüttelten sich die Hände, und in ihren Augen war für einen Moment lang echter Schmerz, trotz der beiderseitigen Neugier auf das neue Leben, in das sie nun eintraten. Beiden war
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