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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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faszinierenden Schauspiel und folgte Tom zu einem Laufband. Es trug sie eine lange Schräge hinunter zur untersten Ebene des Raumhafens und von dort aus rasch weiter zu dem gläsernen Wolkenkratzer, wo es vor den breiten, spitz zulaufenden Eingangstüren zum Stillstand kam und sie in die Menge entließ. Über den Türen war wieder der gezackte Blitz, begleitet von den Worten:
     
    DIES IST DAS TOR ZU DEN STERNEN - AUFGETAN DURCH DIE GÜTE DER LHARI
     
    Als sei es erst gestern gewesen, erinnerte sich Bart daran, wie er mit seinem Vater das erste Mal durch diese Pforte gegangen war. Hinaufblickend, hatte sein Vater mit leiser Stimme gesagt: »Nicht für ewig, mein Junge. Glaube mir, nicht für ewig. Eines Tages wird es eine wirkliche Pforte zu allen Sternen geben, und die Lhari werden nicht in der Tür stehen und sie nur einen Spalt offenhalten, so wie sie es jetzt tun.«
    Im Innern des Gebäudes war es strahlend hell. Das imposante offene Rund war voll von Spiegeln und gleitenden gläsernen Rampen, Rolltreppen, irritierenden Schildern und blitzenden Lichtern, deren Sinn Bart nicht erfaßte. Es herrschte ein Gedränge von Menschen, die aus allen Ecken des Planeten stammten und die sämtlich dunkle Brillen trugen – mit Ausnahme der Lhari.
    Tom sagte: »Ich muß mein Ticket abstempeln lassen.«
    Bart nickte: »Wir treffen uns auf der obersten Etage!« Er betrat eine Rolltreppe, die nach oben führte, Stockwerk für Stockwerk, jedes angefüllt mit neuen interessanten Dingen, bis zum Informationsschalter im obersten Zwischengeschoß.
    Die Rolltreppe glitt nur langsam aufwärts, und Bart hatte eine Menge Zeit, sich umzusehen.
    Auf der Stufe unmittelbar über Bart standen zwei Lhari. Wenn sie ihm so den Rücken zuwandten, könnte es sich genauso gut um Menschen handeln; außergewöhnlich groß zwar und außergewöhnlich dünn, aber Menschen. Dann korrigierte er im Geiste diesen Eindruck. Die Lhari hatten alle zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf – insofern sahen sie wie Menschen aus. Ihre Gesichter bestanden aus zwei Augen, zwei Ohren, einer Nase und einem Mund. Aber damit war schon Schluß.
    Sie hatten eine eigentümlich blasse silbergraue Haut und schlohweißes Haar, das zu Berge stand wie ein Federbusch. Unter elegant geschwungenen Augenbrauen lagen längliche, schrägstehende Augen; sie hatten eine hohe schmale Stirn, eine zarte, feingeschnittene Nase mit seltsamen vertikal geschlitzten Nasenlöchern; ihre Ohren waren lang und spitz, und ihnen fehlten die Ohrläppchen. Ihr Mund sah beinahe menschlich aus, auch die Zähne, aber ihr Kinn war viel spitzer als ein Menschenkinn. Auch die Hände konnten fast als Menschenhände durchgehen, wenn die langen dreieckigen Fingernägel nicht gewesen wären, die sich über die Fingerkuppen bogen wie die Krallen von Katzen. Sie trugen hautenge Kleidung aus seidig-metallenem Material und darüber lange silberglänzende Capes. Äußerst sonderbar und erdenfremd sahen sie aus – und wunderschön auf ihre Art.
    Die unmittelbar vor Bart stehenden Lhari hatten sich leise in ihrer schrillen, zwitschernden Sprache unterhalten, die Bart mit ungewöhnlichem Geschick zu imitieren verstand. Nun, als das Stimmengewirr der Menge auf den oberen Etagen zunahm, hoben sie ihre Stimmen geringfügig, so daß Bart ihre Worte verstehen konnte. Es überraschte ihn ein wenig, festzustellen, daß er die Sprache der Lhari immer noch beherrschte. Er hatte jahrelang kein Wort vernommen – seit dem Tod seiner mentorianischen Mutter. Das Lauschen verursachte ihm keine Gewissensbisse. Die Lhari kämen nie darauf, daß er ihre Sprache verstand. Außer den Mentorianern konnte unter einer Million Menschen kein einziger mehr als auch nur ein Dutzend Lhari-Worte sprechen oder verstehen.
    »Glaubst du wirklich, daß dieser Mensch die Stirn haben wird, mit dem Schiff hereinzukommen?« Er sprach das Wort Mensch wie eine üble Beleidigung.
    »Kein vernunftbegabtes Wesen kann die Handlungen von Menschen vorhersagen,« meinte der zweite Lhari, dessen zerfurchtes, von tiefen Falten durchzogenes Gesicht ihn als den Älteren auswies, »und nur einige wenige können vorhersagen, was die Raumhafen-Behörden tun werden. Wenn uns die Nachricht nur früher erreicht hätte, dann wäre alles einfacher gewesen – jetzt läuft es vermutlich über ein Dutzend offizieller Stellen. Denk’ daran, daß uns lediglich eine Beschreibung vorliegt. Jeder kann es sein, und wir können es nicht riskieren, sämtliche Passagiere in Alarm zu
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