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0595 - Radio-Grauen

0595 - Radio-Grauen

Titel: 0595 - Radio-Grauen
Autoren: Jason Dark
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Daß ihm seine Eltern den Namen Maximilian gegeben hatten, war für ihn nur in seiner Kindheit und der frühesten Jugend störend gewesen. Später war aus dem Maximilian ein Max geworden, und Max galt in der Branche und bei vielen Kennern als Markenzeichen.
    Mikro-Max, der Tiger im Studio, der Zauberer am Mischpult, mal Softie, mal Macho, das Stimmwunder der Nacht, das einsame Frauen unruhig werden ließ, wenn sie sich von seiner Sendung berieseln ließen.
    Für Max blieben die Menschen nachts auf oder machten durch.
    Max provozierte, Max knallte ihnen die Wahrheiten an den Kopf, Max brachte sie auf Trab und gleichzeitig zum Nachdenken. Dabei war Max ein Typ, dem man den Macho kaum abkaufte. Er trug das schwarze Haar kurz. Seine Brille besaß kugelrunde Gläser und erinnerte an die billigsten Modelle, wäre nicht das rote modische Gestell gewesen, das die Optik umschloß. Max liebte die Farbe Rot.
    Zudem lebte er in einer Zeit, wo er sich als Mann nicht zu schämen brauchte, auch mal rote Kleidung zu tragen. Wie seine Strickjacken oder die Hemden; aber auch die Hosen zeigten oft genug einen Hauch von Rot. An diesem Abend trug er ein weißes Hemd. Die lange rote Strickjacke, auch Cardigan genannt, hing lässig über seinen Schultern. Die schwarze, weit geschnittene Hose bestand aus einem Stoff, der sehr weich fiel und gerade richtig für diese Temperaturen war, nicht zu warm und nicht zu kalt.
    Die große Hitzewelle hatte die Insel verlassen. Regen und Kühle wechselten sich ab. Nicht nur die Bauern atmeten auf, auch viele Menschen hatten sich nach Regen gesehnt.
    Die Radiostation lag am Rande der Stadt. Das ältere Haus wurde von allen nur Villa genannt, es versteckte sich hinter den hohen Bäumen eines Parks, der von einem hohen Zaun umgeben war. Ein Gittertor bildete den Eingang.
    Max fuhr einen alten Triumph Spider. Natürlich auch in Rot.
    Diesmal hatte er das Verdeck zugeklappt; der Wind war doch zu kühl in diesen Abendstunden.
    Eine Kamera überwachte den Eingang. Das Bild erschien auf dem Monitor in der Portiersloge, wo Uncle Tom saß, ein Farbiger aus dem tiefsten Afrika, der schon seit mehr als vierzig Jahren in England lebte. Tom wußte immer, wann Max kam, der sich so gut wie nie verspätete. Kaum erschien der Spider auf dem Monitor, senkte Tom seinen Finger auf einen viereckigen Knopf. Das Tor öffnete sich automatisch.
    Max grinste, als er sah, wie die Flügel zur Seite glitten. Er kitzelte noch einmal das Gaspedal, dann schoß er hinein in das Grundstück, wo der feine Kies hinter den Reifen des Flitzers wegspritzte. Er fuhr unter den breiten Kronen der Bäume hinweg, sah das Licht hinter den Fenstern der Villa und auch den umgebauten Eingang, der noch verbreitert worden war. Daneben befanden sich Parktaschen.
    Max stellte sein Fahrzeug stets in der selben ab, stieg lässig aus, schleuderte seinen Rucksack mit den Unterlagen über die Schulter und betrat die Villa, als die Tür vor ihm zur Seite schwang.
    Uncle Tom war aus der Loge gekommen. Er und Max mochten sich. Der Moderator gehörte nicht zu den eingebildeten Pinseln, die es auch beim Sender gab.
    »Na, wie ist es?« rief Max.
    »Gut.«
    »Dann können wir ja anfangen.«
    »Hast du was Besonderes für heute auf der Pfanne?«
    »Nein, eigentlich nicht.« Max lachte. »Du weißt doch, Tom, meine Sendungen sind immer stark.«
    »Ja, stimmt.« Toms Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Es sind übrigens einige Anrufe gekommen. Da wollten Hörer wissen, ob du wieder die Politiker zur Sau machst.«
    Max blieb stehen und schob seine Brille zurück. »Im Prinzip eine gute Idee, würde ich auch gern. Aber sag mir, wen ich mir da vornehmen soll! Kennst du dich aus?«
    »Auch nicht. Es bieten sich aber fast alle an.«
    »Richtig, Tom.« Max lächelte hintergründig. »Vielleicht beschäftige ich mich auch mit einem ganz anderen Thema, alter Junge. Mit einem heißen Ding.«
    Uncle Tom kniff ein Auge zu. »Kannst du mir einen Tip geben, Max.«
    »Nein.«
    »Einen kleinen, bleibt doch unter uns.«
    Max grinste. »Hörst du meine Sendungen?«
    »Immer.«
    »Ehrenwort.«
    »Klar.«
    »Dann höre auch heute abend rein. See you.« Lachend verschwand Max Schreiber in Richtung Fahrstuhl. Die Studios lagen in der dritten, der letzten Etage. Er hatte keine Lust, den Weg zu Fuß zu laufen. Im Lift verschwand der lockere Ausdruck aus seinem Gesicht und schuf einem sehr nachdenklichen Platz.
    In dieser Nacht hatte er tatsächlich ein Experiment vor. Er wollte sich mit
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