Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle
Autoren: Andreas Gruber
Vom Netzwerk:
breite Blutspur auf den Holzbohlen. Als sein linker Arm über eine Bodenerhebung rumpelte, wurde ihm die Spitze des Botoxpfeils gewaltsam aus dem Handgelenksknöchel gerissen. Der Schmerz durchfuhr ihn, als würde jemand eine Akupunkturnadel in seinen Nerv drehen. Für einen Augenblick glaubte er, die Finger der linken Hand wieder zu fühlen. Madeleine zerrte ihn über die Schwelle ins Freie. In diesem Moment gelang es ihm, sich am Türstock festzuklammern. Doch Madeleine riss an seinem Bein und Hogarts Fingernägel scharrten über das Holz.
    Der Wind peitschte ihm den Regen ins Gesicht. Schlagartig kam er wieder zur Besinnung. Und mit der Klarheit in seinem Kopf kamen auch die Schmerzen. Seine Beine brannten wie Feuer. Die Wunden pochten, das Blut pulsierte in Wellen und hörte nicht auf zu fließen.
    Mittlerweile hatte sich Madeleines Haarknoten gelöst. Ihre Mähne wirbelte in dicken Strähnen um ihren Kopf. Mit einer unglaublichen Wut und einer übermenschlichen Kraft zerrte sie ihn über den Schlammboden zum Brunnen.
    Funken stoben durch die Luft und erloschen zischend auf der Erde. Die Kuppel der Mühle stand lichterloh in Flammen. Selbst der Regen konnte dieses Feuer nicht bändigen.
    Obwohl Madeleine mit den Schuhen im Schlamm versank, stapfte sie in blinder Wut weiter. Hogarts Schultern und Kopf gruben eine Furche in den Boden. Es gab nichts, woran er sich hätte festklammern können. Ein Blitz erhellte die Szenerie. Sie kamen dem Brunnen immer näher. Als sie das Mauerwerk erreichten, wusste er, was geschehen würde. Madeleine ging um Hogart herum, packte ihn unter den Achseln und hievte ihn auf den Steinrand. Hogarts Muskeln waren immer noch vollkommen schlaff. Er konnte nur den linken Arm bewegen. Entweder hatte Madeleine ihn am Handgelenksknöchel nicht gut genug getroffen oder die Botoxdosis war zu schwach gewesen. Während sie versuchte, ihn über den Rand in den Brunnen zu stoßen, bekam er ihre Haare zu fassen. Kreischend riss sie den Kopf zur Seite. Da erwischte er ihre Gurgel und packte zu. Sie röchelte, worauf er fester zudrückte. Er legte seinen gesamten Hass in diesen einen Griff.
    Doch sie schlug seinen Arm mit der Hand zur Seite.
    »Gib doch auf!«, brüllte sie ihn an. »Ich werde dich in diesen Schacht werfen. Und wenn du unten liegst, richte deinem Kollegen letzte Grüße von mir aus, denn dann habt ihr nicht mehr lange zu leben.«
    »Wolf?«, brüllte Hogart in den Schacht.
    »Hog, bist du das?« Eichingers Stimme drang aus dem Brunnen zu ihm herauf.
    »Maul halten!« Madeleine ging um ihn herum. Sie wurde vorsichtiger. Er würde sie nicht noch einmal an der Kehle zu fassen bekommen. Mit einem Sicherheitsabstand packte sie Hogart an den Füßen und schob seinen Oberkörper über den Rand. Er versuchte, sich mit dem unbetäubten Bein dagegenzustemmen, aber die Schmerzen der Einstiche waren zu groß. Jede Bewegung brannte wie die Hölle.
    »Brich dir nicht das Genick!«, rief sie. »Sonst bekommst du nicht mehr mit, wie ich euch mit Benzin übergieße, anzünde und anschließend zuschaufle.«
    Sie schob an, und Hogarts Oberkörper kippte über den Rand. Er versuchte, sich mit der Linken an der Innenseite des Brunnens abzustützen. Plötzlich bekam er den Griff der Petroleumlampe zu fassen, die er am Nachmittag auf den rostigen Stahlstift gehängt hatte. Bevor Madeleine ihn weiterschieben konnte, schwang er die Lampe aus dem Brunnenschacht herauf und schleuderte das Glasgefäß gegen Madeleines Kopf. Die Lampe splitterte und die Scherben zerschnitten Madeleines Wange. Augenblicklich fuhr sie zurück. Hogarts Beine plumpsten zu Boden. Er hoffte, die Schnitte waren tief genug, um ihr echte Schmerzen zuzufügen.
    Madeleine brauchte eine Weile, bis sie erkannte, was geschehen war. Sie stand nur da, während hinter ihr die Feuerlohen in den Himmel stiegen. Mittlerweile trieb der Wind die Funken und brennenden Holzspäne bis zum Brunnen. Die Balken der Kuppel krachten. Bald würde die Mühle mitsamt den Windrädern in sich zusammenstürzen.
    Madeleine fuhr sich mit der Handfläche über die blutende Wange. Sobald sie sich wieder bückte, um ihn an den Beinen zu fassen, holte er mit der Petroleumlampe aus. Er schwang sie herum und wollte Madeleine die Glasscherben ins Gesicht schlagen. Diesmal wich sie zurück. Im nächsten Moment versuchte sie, ihn von der Seite zu packen, um ihn über den Brunnenrand nach unten zu stoßen, doch er knallte ihr die Lampe auf die Hand. Das Blech schlug sogar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher