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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle
Autoren: Andreas Gruber
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Funken, als die Lampe über den Stein scharrte.
    »Du Mistkerl!«, brüllte sie. »Kriech nicht davon! Ich finde dich sowieso.«
    Sie wandte sich ab und stapfte zurück zur Mühle. Hogart wusste nicht, wie viel Zeit ihm blieb. Vielleicht nur eine Minute. Falls sie wiederkam - und das würde sie -, hatte sie entweder seine Glock oder ihr Blasrohr bei sich.
    »Wolf!«, rief er in den Brunnenschacht. »Ich könnte deine Hilfe brauchen. Dort unten muss eine Leiter stehen.«
    »Ich habe mir beim Sturz die Beine gebrochen. Was ist da oben los? Wirf mir ein Seil runter. Ich …«
    »Ich brauche deine Waffe!«, rief Hogart.
    »Die hat sie mir abgenommen. Mir steigt das Wasser bis zum …«
    »Ich brauche eine Waffe!«, unterbrach Hogart ihn. Er sah zur Mühle. Madeleine verschwand soeben im Atelier.
    »Im Handschuhfach meines Wagens ist eine Reservepistole. Das Magazin …«
    Hogart hörte nicht länger zu. Er stemmte sich vom Brunnenrand ab und ließ sich in den Schlamm fallen. Auf einer Hand und einem Bein kroch er über den Boden zur Beifahrertür von Eichingers Audi. Hoffentlich hatte der seinen Wagen nicht abgeschlossen. Als er das Auto erreichte, rappelte er sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an das Blech. Madeleine war noch immer im Atelier. Hogart zog am Griff. Die Tür schwang auf, aber der Wind drückte sie wieder zu. Er zog sie erneut auf und schob sich mit dem Körper in den Türspalt. Mit der Linken erreichte er das Handschuhfach, ließ es herunterklappen und fingerte darin herum. Ausweispapiere, CD-Hüllen, Kugelschreiber, Kaugummis, eine Krawatte und Notizblöcke flogen ihm entgegen. Endlich bekam er den Lauf einer Walther PPK zu fassen.
    »Scheiße!«, rief er. Schon am Gewicht spürte er, dass sich kein Magazin im Griff befand. Eilig durchwühlte er das Fach. Weitere CD-Hüllen, ein Rasierwasser, ein Schlüsselbund mit einem Stofftier. Dann hielt er endlich das Magazin in der Hand. Er packte Waffe und Magazin und ließ beides in seinen Schoß fallen.
    Madeleine verließ soeben das Atelier. Vor der Kulisse der brennenden Mühle sah er ihre Silhouette. Ihre Mähne wehte im Wind. Er glaubte, den Lauf einer Waffe aus ihrer Faust ragen zu sehen.
    »Hogart?« Ihre Stimme hallte wie ein Gesang durch den Sturm.
    Er versuchte, mit der linken Hand das Magazin in den Griff zu schieben, aber seine Finger waren nass und schmierig vom Schlamm. Das Magazin glitt ihm immer wieder aus der Hand.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, fluchte er.
    »Hooogart?«
    Er klemmte sich die Walther mit dem Lauf nach unten zwischen die Oberschenkel und schob von oben das Magazin in den Griff. Dann packte er die Waffe und rammte sich den Griff gegen die Brust. Das Magazin rastete ein.
    »Da bist du ja.« Madeleine stapfte auf ihn zu. Sie begann zu lachen, als sie ihn sah. »Mit so viel Milligramm Botox im Körper wolltest du mit dem Wagen fliehen?«
    Anhand der Bewegung, mit der sie den Schlitten der Waffe zurückzog, damit die erste Patrone in die Kammer glitt, wusste er, dass sie schon einmal mit einer Waffe geschossen hatte.
    »Eine Kugel in die rechte Schulter, eine in die linke Schulter«, murmelte sie, als sage sie einen Kinderreim auf, »und schon werden wir wieder zahm und …«
    Als er die Walther in seinem Schoß mit einem Klicken entsicherte und seinerseits den Schlitten zurückzog, erstarrte sie. Er legte an und schoss. Mit der linken Hand war er ein miserabler Schütze. Die erste Kugel traf Madeleine in die Schulter. Ihre Schusshand wurde zurückgerissen. Die zweite Kugel traf sie in den Bauch, die dritte in die Hüfte. Sie stolperte und fiel rücklings in den Schlamm, wo sie reglos liegen blieb. Hinter ihr stürzte das Gebälk der Mühle mit einem tosenden Krach in sich zusammen. Die Glut flog meterweit in die Höhe.
    »Hog! Hog!« Panik lag in Eichingers Stimme, die dumpf aus dem Brunnen drang.
    »Mir geht’s gut, halt durch.« Donner unterbrach Hogarts Worte. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er hatte so viel Blut verloren, dass er sich selbst wunderte, warum er die Augen noch offen halten konnte. Er legte die Waffe zur Seite und öffnete die Gürtelschnalle. Mühsam fädelte er den Gürtel aus der Hose, band ihn sich um den linken Oberschenkel und schnürte sich das Bein ab. Anschließend tastete er über die Fußmatte in Eichingers Wagen, bis er die Krawatte zu fassen bekam. Damit band er sich das andere Bein ab.
    »Hog?«
    »Noch eine Minute.« Hogart drehte sich auf dem Boden herum, hob mit letzter Kraft die Beine auf
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