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Schnell und schmerzhaft

Schnell und schmerzhaft

Titel: Schnell und schmerzhaft
Autoren: Carter Brown
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1
     
    »Es muß furchtbar öde sein, so
als Privatdetektiv seine Brötchen zu verdienen, Mr. Boyd«, stellte sie frostig
fest. »Haben Sie keine anderen Interessen?«
    Ich machte ein sehr ernsthaftes
Gesicht. »Eine berechtigte Frage. Zur Zeit habe ich mich auf Sex-Therapie
spezialisiert. Sollten Sie in der Beziehung Schwierigkeiten haben, brauchen Sie
sich bloß auszuziehen und — «
    »Darüber kann ich nicht
lachen«, fuhr sie mich an.
    »Ganz meine Meinung.
Sex-Therapie ist eine todernste Angelegenheit, und Lachen wirkt beim aktiven
Liebesleben tatsächlich eher störend.«
    »Irgendwie habe ich das Gefühl,
daß es ein Fehler von mir war, zu Ihnen zu kommen. Haben Sie schon einmal in
Santo Bahia gearbeitet?«
    Meine Besucherin hieß Erica
Radcliffe. Sie war eine hochgewachsene Blondine mit langem Haar, eisblauen
Augen und jener Arroganz, die eine exklusive Herkunft und ein dickes Bankkonto
üppig ins Kraut schießen lassen. Das Oberteil ihres Abendkleides — ein hauteng
anliegendes Glitzerding — hatte einen spitzen Ausschnitt, der fast bis zum
Nabel ging und atemberaubende Ausblicke bot. Der lange Rock war aus schwarzem
Samt, und die Ohrclips glitzerten wie echte Diamanten. Offenbar war sie auf dem
Weg zu einer dieser berühmt-berüchtigten Jet-Set-Superpartys. Deshalb war sie
auch bei mir im Büro erst um acht Uhr abends aufkreuzt.
    »Ich kenne Santo Bahia wie
meine Westentasche«, beteuerte ich. »Eigentlich noch besser, weil ich selten
oder nie Westen trage.«
    »Aber Ihr Büro haben Sie in
Manhattan«, stellte sie fest. »Na ji , das wirkt auch
irgendwie seriöser. Die Privatdetektive, die in Santo Bahia sitzen, scheinen
mir eher für Scheidungsgeschichten und Ladendiebstähle zuständig zu sein. Sie
sind engagiert, Mr. Boyd.«
    »Wofür?«
    Ich drehte meinen Kopf ein paar
Zentimeter zur Seite, damit sie mein linkes Profil bewundern konnte — ein
schlechthin vollendetes Bild. Es soll schon Frauen gegeben haben — Klassefrauen,
wohlgemerkt! — , die sich nach einem Blick auf diese klassischen Züge verzückt
stöhnend am Boden gewälzt haben.
    »Können Sie nicht stillhalten,
während ich mit Ihnen rede?« fuhr sie mich gereizt an. »Wenn Sie’s irgendwo
juckt, kratzen Sie sich meinetwegen.«
    »Und Sie sind sicher, daß Sie
keine Sex-Therapie nötig haben?« erkundigte ich mich erschüttert.
    »Der Auftrag erstreckt sich
über eine Woche. Sie fliegen dazu nach Santo Bahia«, erklärte sie nüchtern.
»Für die Spesen komme ich natürlich auf. Bei Erfolg zahle ich Ihnen zweitausend
Dollar. Wie gefällt Ihnen das, Mr. Boyd?«
    »Was muß ich dafür anstellen?«
    »Waren Sie schon mal in
Europa?«
    »Einmal bin ich bis London
gekommen. Es hat die ganze Zeit geregnet. Von den Sehenswürdigkeiten habe ich
nichts mitgekriegt, aber vielleicht lag das auch am Nebel.«
    »London? Ja, das ist
ausgezeichnet«, stellte sie befriedigt fest. »Wir haben uns vor einem Monat
dort kennengelernt und uns unsterblich ineinander verliebt. Sie haben mir einen
Heiratsantrag gemacht, ich habe ihn angenommen. Das Datum der Hochzeit haben
wir noch nicht festgesetzt, aber wir heiraten sobald wie möglich. Ich werde
heute auf einer Party ein paar ausgewählte Freunde mit der freudigen Nachricht
überraschen.«
    »Meinen Sie nicht, daß die
lieben Leutchen sich sehr wundern werden, wenn Sie ausgerechnet einen
Privatdetektiv zu ehelichen gedenken?«
    »Das könnte schon sein«, meinte
sie gleichmütig. »Trotzdem ist es vielleicht besser, wenn wir Ihnen einen
anderen Beruf verpassen.« Sie dachte ein paar Sekunden angestrengt nach. »Wie
wär’s mit einem Ölmann, Mr. Boyd? Wir machen Sie zu einem dieser
millionenschweren Wunderknaben, die in der ganzen Welt herumreisen und auf
Schritt und Tritt neue Ölquellen erschließen.«
    »Ich habe aber keine Ahnung vom
Ölgeschäft«, widersprach ich.
    »Macht nichts. Meine Freunde
und ich auch nicht. Sie brauchen bloß ein rätselhaftes Gesicht zu machen, wenn
das Thema zur Sprache kommt. Dann sieht man in Ihnen einen geheimnisumwitterten
Globetrotter und wartet nur darauf, daß Sie sich eines Tages mitten auf den
Broadway stellen und anfangen, Löcher zu bohren.«
    »Wozu, zum Teufel, sollte ich
mitten auf dem Broadway Löcher bohren?«
    »Um Öl darunter zu finden, Sie
Trottel«, fertigte sie mich ungeduldig ab.
    »Jetzt möchte ich aber doch mal
eins wissen«, fragte ich nachdenklich. »Wieso sollen wir heiraten?«
    »Weil das meinen sogenannten
Freunden furchtbar stinken wird. Ich
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