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Die Elenden von Lódz

Die Elenden von Lódz

Titel: Die Elenden von Lódz
Autoren: Steve Sem-Sandberg
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Schulzimmern, in denen der Unterricht abgehalten wurde
    tefillin
(hebr.) – Gebetsriemen; kleine (quadratische) Lederkapseln, die beim Gebet an Kopf (Stirn) und Armen befestigt wurden
    tnoim
(jidd.) – Ehe- oder Verlobungsvertrag, im Getto als Umschreibung für die Aussiedlungsbescheide benutzt, die an »unerwünschte« Gettobewohner verschickt wurden
    trejf
(jidd.) – nicht koscheres Essen; Unrat, Abfall
    trepki
(poln.) – Holzschuhe
    zaddik
(hebr.; Pl.:
zaddikim
)- heiliger, eigentl. »gerechter« Mann, geistiger Führer einer chassidischen Gemeinschaft
    zdoke
(jidd.) – Wohltätigkeit
    zetl
(jidd.) – Liste, Zettel
    tscholnt
(jidd.) – jüd. Eintopfgericht (bestehend aus Kartoffeln, Bohnen und Fleisch, im Getto fast nur aus Kartoffelschalen)
    (pani) Wydzielaczka
(poln.) – im Gettosprachgebrauch Bezeichnung für die meist jungen Frauen, die in den Gettobetriebskantinen und -suppenküchen Suppe ausgaben
    ziper
(jidd.) – Taschen- oder Ladendieb
    ŻOB
(poln.) – Żydowska Organizacja Bogona, im besetzten Polen aktive jüdische Widerstandsorganisation, organisierte 1943 den Aufstand im Warschauer Getto

|641| Nachwort des Autors
    Für viele der Menschen, die in diesem Buch vorkommen, endet ihre Geschichte mit der endgültigen Räumung des Łódźer Gettos durch die Nationalsozialisten im August 1944. Doch gibt es auch Ausnahmen. Dawid Gertler beispielsweise, der hauptsächlich im dritten Teil des Romans eine Rolle spielt. Auch wenn ihm seine Zeitgenossen eine schon fast mystisch anmutende Fähigkeit zum Überleben nachsagten, herrschte allgemein die Auffassung, dass er ermordet worden war, nachdem ihn die Gestapo im Juli 1943 aus dem Getto geholt hatte. Überraschenderweise stellte sich später jedoch heraus, dass Gertler die Verhöre wie auch den nachfolgenden Aufenthalt im Konzentrationslager überlebte. 1961 tauchte er in Hannover als Zeuge im Prozess gegen Günther Fuchs auf. Fuchs war der Leiter und somit Hauptverantwortliche des für die sogenannten »Judenangelegenheiten« im Getto von Litzmannstadt zuständigen Referats der Gestapo. Er trug also die Verantwortung für die Massenermordungen, die ab Januar 1942 stattfanden, wie auch für die sogenannte
szpera
-Aktion im September desselben Jahres, die für die Bewohner des Gettos äußerst katastrophale Folgen haben sollte.
    Gertlers Aussage gegen Fuchs ergab im Vergleich zu dem, was bis dahin bekannt war, ein etwas anderes Bild der Ereignisse dieser dramatischen Tage.
    So sagte er zum Beispiel aus, dass Rumkowski nach seiner Rede vom 4. September 1942 – jener Rede, in der er die Gettobewohner über den Beschluss der Nazis informierte, alle Kinder unter zehn Jahren deportieren zu lassen – im letzten Moment von Zweifeln gepackt wurde. Gertler zufolge soll Rumkowski nach seiner Rede bei Fuchs vorstellig geworden sein, um diesem mitzuteilen, dass er den Befehl nicht ausführen könne. Anschließend habe er sich zurückgezogen und sich sieben Tage lang, bis zur Aufhebung des verhängten Ausgangsverbots, nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt.
    Während dieser siebentägigen Ausgangssperre, den
szpera
-Tagen, soll stattdessen Dawid Gertler die Aufgabe zugefallen sein, den Beschluss der Nazis abzumildern und in »den kritischsten Stunden« des Gettos zu versuchen, so viele Leben wie nur möglich zu retten.
     
    |642|
Ich hatte mich Fuchs und Bibow
[sic!]
genähert, um zu versuchen, mit ihnen darüber zu verhandeln, wie man die Kinder freikaufen könne. Bibow hatte ich bereits in meine Pläne eingeweiht, weil er ansonsten hätte Schwierigkeiten machen können. Für die Transaktion selbst war die Gestapo, und somit Fuchs, verantwortlich. Auf diese Weise gelang es mir, im Auftrag jener Gettobewohner, die über Geld verfügten, eine große Anzahl von Kindern freizukaufen. Da mir die Gestapo und auch Bibow praktisch aus der Hand fraßen, ließen sich einige der für diese Transaktion Verantwortlichen darauf ein, selbst Kinder, für die nicht bezahlt worden war, freizugeben. Auf diese Weise gelang es uns, die Gesamtzahl der zu deportierenden Personen von den geforderten 20   000 auf etwa 12   300 oder 12   700 zu reduzieren.
     
    Unabhängig davon, welchen Wert man dieser Aussage beimisst – schließlich ging es Gertler in erster Linie darum, seinen Ruf aufzubessern –, ergibt sich doch ein Bild von Rumkowskis Person, das sich von dem bis dahin beschriebenen (beispielsweise durch den Historiker Isaiah Trunk), in einigem unterscheidet.
    Die meisten
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