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Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Titel: Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
Autoren: Barry Eisler
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in den eigentlichen Bahnhofsbereich ein und da stand der zweite Typ unter den Leuchtstoffröhren vor den Fahrkartenautomaten. Er studierte den Linienplan an der Wand wie ein extragroßer, extraverwirrter Tourist. Kasuga ist keine große Haltestelle und die Bahnsteige lagen weitgehend verlassen – lediglich ein Fahrkartenkontrolleur saß mit glasigen Augen in seinem Kabuff und sah ungefähr so wachsam aus wie eine Topfpflanze, während ein paar Highschool-Schüler ihr Englisch an meinem Freund erprobten und ihm bei seiner vorgetäuschten Suche zu helfen versuchten. Als ich an ihm vorbeikam, hörte ich ihn ungeduldig knurren, dass er schon zurechtkäme. Beinahe hätte ich Mitleid gehabt – von einem Zivilisten angesprochen zu werden, wenn man sich gerade unsichtbar zumachen versucht, ist das Letzte. Ich schob meine Dauerkarte in den Entwertungsautomaten und betrat den Bahnsteig.
    Langsam schlenderte ich an ihm entlang, links unter mir die schmuddeligen Gleise, rechts die glänzende, weiß gekachelte Wand. Ich kam an ein paar vereinzelten Tokiotern vorbei – einem Mädchen mit teefarbenem Haar und grellem Make-up, das auf seinem Handy textete, einem
Sarariman
, der abwesend seinen Golfschlag übte, ein paar Leuten, die ich aus dem Kodokan kannte – aber keiner löste mein Warnsystem aus. Nach ungefähr zwei Dritteln des Bahnsteigs blieb ich stehen und stellte mich mit dem Rücken dicht an die Wand. Bis auf das Summen der Klimaanlage war es still. Irgendwo aus dem Tunnel zu meiner Rechten hörte ich Wasser tropfen.
    Ich hätte zurückblicken können, aber das hätte mir nur bestätigt, was ich bereits wusste: Sie waren mir gefolgt. Sie würden Abstand halten und zwei oder drei Waggons hinter mir einsteigen. Bei jedem Halt würden sie den Kopf zu den Schiebetüren hinausstecken, um zu sehen, ob ich ausstieg, und mir gegebenenfalls folgen. Und wenn wir einen Schauplatz erreichten, der ihnen ausreichend dunkel oder einsam oder sonst wie für ihr Vorhaben geeignet schien, würden sie tun, wozu sie gekommen waren, und wieder verschwinden.
    Aber das Problem mit den dunklen, einsamen und sonst wie geeigneten Schauplätzen ist: Sie funktionieren für beide beteiligten Parteien gleich gut, genau wie Leuchtspurmunition.
    Ich spürte ein näherkommendes Rumpeln tief im Tunnel zu meiner Linken und eine Lautsprecherstimme kündigte die Einfahrt eines Zugs Richtung Meguro an. Das Rumpeln wurde lauter. Ich spähte nach links und sah die beiden Riesenkerle, die sich etwa in der Bahnsteigmitte mit dem Rücken an die Wand drückten – genau an der Stelle, die ich mit größter Wahrscheinlichkeit übersehen würde, wenn ich dem ankommenden Zug entgegen blickte. Nicht nah genug, um mich zu beunruhigen,nicht weit genug, um im natürlichen Winkel meines Blickfelds aufzutauchen. Ich wusste nicht, wer sie waren, aber ihre Positionierung bewies einige Erfahrung.
    Es wäre nicht schwer gewesen, sie abzuschütteln. Ich bezweifelte, dass sie sich in der Stadt auskannten, jedenfalls nicht so gut wie ich. Aber ich sah keinen Sinn darin. Vor langer Zeit, in einem anderen Kontext, hatte mir ein Mann, den ich für gefährlich hielt, gesagt, dass er mich töten würde, wenn er mich das nächste Mal sah. Ich glaubte ihm aufs Wort und verhinderte, dass er sein Versprechen wahr machen konnte. Diesmal war es ebenso. Wenn die Burschen mich kennenlernen wollten, würden wir es heute Nacht hinter uns bringen. Ich wollte nicht den Rest meiner Tage damit verbringen, über die Schulter sehen zu müssen und mich zu fragen, wann sie das nächste Mal auftauchten. Und ich würde auch nicht nach einer Möglichkeit suchen, sie höflich nach ihrem Begehr zu fragen. Wenn man sein ganzes Leben in meiner ehemaligen Branche gearbeitet hat und zwei Riesenbrocken wie diese Jungs an dem einzigen Ort auftauchen, mit dem einen jemand in Verbindung bringen kann, dann nimmt man besser das Schlimmste an und handelt entsprechend.
    Der Zug schoss aus dem Tunnel und bremste mit kreischenden Rädern auf den stählernen Schienen. Ruckelnd kam er zum Stehen und die Türen glitten auf. Ein paar Passagiere stiegen aus. Ich betrat ein weitgehend leeres Abteil und bezog Stellung direkt gegenüber der Tür, nur für alle Fälle. Niemand kam mir nach. Gleich darauf warnte die Lautsprecherstimme die Passagiere, vom Gleis zurückzubleiben, die Türen zischten zu und der Zug setzte sich ruckartig in Bewegung.
    Ich hatte vor, sie nach Jinbocho zu locken, zwei Haltestellen weiter auf der
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