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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen
Autoren: Silvio Huonder
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weiter. Dann waren die Verfolger da, Männer mit Knüppeln und mit Hunden an langen Leinen. Wer nicht fliehen konnte, wurde geschlagen und zusammengetrieben. Auch Heinrich bekam Schläge ab. Er und ein halbes Dutzend andere Gestalten wurden mit Stricken um den Hals aneinander-gebunden. Einigen war die Flucht gelungen. Die Hunde rasten vor Wut, geiferten, bellten und schnappten nach den Gefesselten.
    Das Mädchen redete auf die Männer ein. Dabei deutete sie auf Heinrich. Sie wiederholte immer dasselbe. Er war sich nicht sicher, glaubte aber zu verstehen: Wir gehören nicht zu denen!
    Dass er nicht dazu gehörte, wusste er selbst am besten. Aber warum sagte sie wir ?
    Die Männer trieben sie durch den Wald. Der Strick am Hals scheuerte und schmerzte, wenn daran gezerrt wurde, weil jemand stolperte oder hinfiel. Am Rand einer Ortschaft wurden sie in eine Grube gestoßen. Über ihnen, höher, als ihre Hände reichten, wurde ein Gitter über die Öffnung gelegt. Sie saßen am Boden, heulten und jammerten. Die Grube war eng und hoch, wie ein großes Grab, der Grund schlammig, aber Heinrich war froh, dass die Hunde ihm nichts mehr tun konnten.
    77 Kennt Ihr den Weg noch?, flüsterte Fidel Caprez.
    Der Baron starrte in die schwarze Öffnung vor ihm. Der alte Caprez hatte das Tor einen Spaltbreit aufgestoßen. Die Fackeln warfen einen flackernden Schein ans Gemäuer. Neben ihnen ragte eine hohe Gestalt über die anderen hinaus.
    Rauch soll vorangehen, dann Hostetter, ordnete der Baron an. Caprez bleibt mit jemandem hier und bewacht das Tor. Die anderen folgen uns. Gebt mir ein Licht!, forderte der Baron und ließ sich von einem der Männer eine Laterne reichen. Das unruhige Licht wanderte über die Mauern und die gewölbte Decke der Eingangshalle. Breite Steinstufen führten auf beiden Seiten nach oben. Der Baron deutete nach links. Hostetter und Rauch gingen voran, der Rest folgte. Sie kamen an eine große Doppeltür. Dahinter waren die Stimmen zu hören, nun deutlicher, jemand rief etwas, Gelächter war die Antwort.
    Öffnen!, befahl der Baron und gab sich nun keine Mühe mehr, leise zu sprechen. Hostetter stieß die Tür auf und stürmte hinein, Rauch folgte, ebenfalls das Gewehr im Anschlag, die anderen drängten hinterher. Es war der Hauptsaal vom Schloss Löwenberg, ein hoher und langer, weißgetünchter Raum, an dessen Ende ein breiter Kamin stand. Darüber war das Wappen der Familie von Mont groß an die Wand gemalt: ein goldenes Einhorn auf blauem Grund. Im offenen Kamin brannten zertrümmerte Stühle. Vor dem Feuer saßen fünf Männer, Becher und Flaschen in den Händen, die sich nun erschrocken umdrehten und die Mannschaft anstarrten.
    Ihr befindet euch in meinem Haus!, brüllte der Baron durch den Saal und marschierte auf den Kamin zu. Hostetter und Rauch richteten die Gewehre auf die Männer, die aufsprangen und plötzlich Stöcke, Äxte oder Messer in den Händen hielten. Bis auf einen, der sitzen blieb und den Kopf hängen ließ.
    Im Namen des Kantons Graubünden!, dröhnte die Stimme des Barons, lasst die Waffen fallen! Ihr seid alle verhaftet!
    Die Männer zögerten, aber die auf sie gerichteten Gewehre, die Landjägeruniformen, die Zahl der Gegner und die Autorität des Verhörrichters überzeugten sie schließlich, und die Waffen fielen auf den Boden.
    Ist jemand mit dem Namen Bonadurer unter euch?, wollte der Baron von ihnen wissen. Einer der Männer wies auf den am Boden Sitzenden: Der da! Und der da auch, sagte er und deutete auf den, der neben ihm stand.
    Hält sich sonst noch einer von euch im Schloss auf?
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    Die Männer wurden an den Händen gefesselt, aneinandergebunden und in den Keller gebracht, wo sie von zwei Bauern aus Schleuis bewacht wurden.
    78 Eine Nacht musste Heinrich mit dem Gesindel in der schlammigen Grube verbringen. Am Morgen erschien über dem Gitter ein Mann, der ihnen etwas zurief. Das Mädchen zerrte Heinrich auf die Beine. Das Gitter wurde beiseite geschoben und eine Leiter in die Grube gestellt. Der Mann stieg herab. Er stieß Heinrich zur Leiter und wies ihn an hochzuklettern. Dem Mädchen entriss er das Bündel mit dem Kind und stieg damit die Leiter hoch. Sie flehte und schrie, zerrte an seinen Kleidern und versuchte, ihm hinterherzuklettern. Der Mann trat ihr den Stiefel ins Gesicht, sie fiel zurück in die Grube, und die Leiter wurde wieder hochgezogen.
    Der Säugling wurde einer Frau gereicht, die ihn in eine Decke hüllte und mit sich
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