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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Autoren: David Gemmell
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Raum. Tenaka lächelte. Das war es also – sie hatte ihn beim Üben beobachtet, und aus irgendeinem Grund hatte es sie aus der Fassung gebracht. Er schüttelte den Kopf.
    Sie kam mit einem eisernen Topf zurück, der bis zum Rand mit Wasser gefüllt war.
    »Gieß die Hälfte weg«, befahl er. Sie schüttete es in den Gang, und er brachte den Topf zum Feuer und schnitt mit seinem Dolch das Fleisch hinein. Dann setzte er den Topf vorsichtig in die Flammen.
    »Warum hast du heute morgen nichts gesagt?« fragte er, ihr den Rücken zugewandt.
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Als du mir beim Üben zugesehen hast.«
    »Ich habe dich nicht gesehen.«
    »Woher wußtest du dann, wo du Topf und Wasser finden kannst? Du bist diese Nacht nicht an mir vorbeigegangen.«
    »Wer bist du, mir Fragen zu stellen?« fauchte sie.
    Er drehte sich zu ihr um. »Ich bin ein Fremder. Du brauchst mich nicht anzulügen oder mir etwas vorzumachen. Nur unter Freunden brauchen wir eine Maske.«
    Sie setzte sich vors Feuer und streckte ihre langen Beine den Flammen entgegen.
    »Wie traurig«, sagte sie leise. »Bestimmt kann man doch nur unter Freunden in Frieden sein?«
    »Mit Fremden ist es einfacher, denn sie berühren unser Leben nur für einen Augenblick. Du enttäuschst sie nicht, denn du schuldest ihnen nichts, und sie erwarten auch nichts. Freunde kann man verletzen, denn sie erwarten alles.«
    »Du mußt seltsame Freunde gehabt haben«, meinte sie.
    Tenaka rührte mit dem Dolch in der Brühe. Ihm war auf einmal unbehaglich; denn er hatte das Gefühl, die Kontrolle über ihr Gespräch verloren zu haben.
    »Woher kommst du?« fragte er.
    »Ich dachte, das interessiert dich nicht.«
    »Warum hast du nichts gesagt?«
    Ihre Augen wurden schmal, und sie wandte den Kopf ab. »Ich wollte deine Konzentration nicht stören.«
    Das war eine Lüge, und sie wußten es beide, doch die Spannung ließ nach, und die Stille wurde größer und zog sie zueinander.
    Draußen hatte der Sturm sich ausgetobt und erstarb.
    Als der Eintopf dick wurde, gab Tenaka die Haferflocken dazu, um die Mischung noch mehr anzudicken; dann streute er ein wenig Salz aus seinem kleinen Vorrat hinein.
    »Riecht gut«, sagte Renya und beugte sich über das Feuer. »Was ist das für Fleisch?«
    »Vor allem Maultier«, sagte er.
    Er ging in die Küche, um hölzerne Teller zu holen. Als er zurückkam, hatte Renya den alten Mann geweckt und half ihm, sich aufzusetzen.
    »Wie fühlst du dich?« fragte Tenaka.
    »Bist du ein Krieger?« fragte Aulin ängstlich.
    »Ja. Aber du brauchst keine Angst vor mir zu haben.«
    »Bist du ein Nadir?«
    »Söldner. Ich habe Eintopf für dich gekocht.«
    »Ich bin nicht hungrig.«
    »Iß trotzdem«, befahl Tenaka. Der alte Mann zuckte bei dem schroffen Tonfall zusammen; dann aber wandte er die Augen ab und nickte. Renya fütterte ihn langsam, während Tenaka sich am Feuer niederließ. Es war eine Verschwendung von Nahrung, denn der alte Mann lag im Sterben. Doch Tenaka bedauerte es nicht, und er verstand nicht, weshalb.
    Als die Mahlzeit beendet war, sammelte Renya Topf und Teller ein. »Mein Großvater möchte mit dir sprechen«, sagte sie und ging hinaus.
    Tenaka trat ans Bett und starrte auf den Sterbenden hinab. Aulins Augen waren grau und glänzten in beginnendem Fieber.
    »Ich bin nicht stark«, sagte Aulin. »Das war ich nie. Ich habe jeden enttäuscht, der mir vertraute. Außer Renya … ich habe sie nie im Stich gelassen. Glaubst du mir das?«
    »Ja«, antwortete Tenaka. Warum haben schwache Männer immer das Bedürfnis zu beichten?
    »Wirst du sie beschützen?«
    »Nein.«
    »Ich kann dich bezahlen.« Aulin ergriff Tenakas Arm. »Bring sie nach Sousa. Die Stadt liegt nur fünf, sechs Tage südlich von hier.«
    »Du bedeutest mir nichts. Ich schulde dir nichts. Und du kannst mir nicht genug bezahlen.«
    »Renya sagt, du hättest einmal zum Drachen gehört. Wo ist dein Ehrgefühl?«
    »Begraben unter Wüstensand. Verloren in den wirbelnden Nebeln der Zeit. Ich will nicht mit dir reden, alter Mann. Du hast mir nichts zu sagen.«
    »Bitte, hör mich an!« flehte Aulin. »Als junger Mann diente ich dem Rat. Ich unterstützte Ceska, arbeitete für seinen Sieg. Ich glaubte an ihn. Dadurch bin ich mitverantwortlich für den abscheulichen Schrecken, den er über dieses Land gebracht hat. Ich war einst ein Priester der Quelle. Mein Leben verlief in Harmonie. Jetzt sterbe ich und weiß überhaupt nichts mehr. Aber ich kann nicht sterben und Renya
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