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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Autoren: David Gemmell
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Eine weitere Treppe tauchte rechts von ihm auf, und er rannte hinauf, immer drei Stufen auf einmal nehmend. Seine langen Beine trugen ihn mit erstaunlicher Geschwindigkeit davon.
    Zweimal verlor er beinahe das Gleichgewicht, ehe er das nächste Geschoß erreichte. Vor ihm befand sich ein eisernes Tor – verschlossen, aber der Schlüssel hing an einem hölzernen Haken. Der Gestank, der durch das Tor drang, brachte ihn wieder zu Sinnen, und Angst verdrängte seine Panik.
    Die Verliese der Bastarde!
    Hinter sich hörte er, wie die Wächter die Treppe hinaufkeuchten. Er nahm den Schlüssel, öffnete das Tor, schlüpfte hindurch und verschloß es von innen. Dann ging er vorsichtig in die Dunkelheit und betete zu den Uralten, daß sie ihn noch für ein paar weitere solcher Scherze am Leben ließen.
    Als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er zu beiden Seiten des Ganges mehrere Öffnungen, in denen Silius’ Bastarde auf Stroh schliefen.
    Er ging auf das Tor am anderen Ende zu und nahm dabei seine Maske ab.
    Er hatte das Tor fast erreicht, als hinter ihm das Trommeln einsetzte und die gedämpften Schreie der Wächter die Stille durchdrangen. Ein Bastard stolperte aus seinem Nest; die blutroten Augen hefteten sich auf Steiger. Der Bastard war über zwei Meter groß, hatte gewaltige Schultern und muskelbepackte Arme, die mit schwarzem Fell bedeckt waren. Sein Gesicht war langgezogen, scharfe Zähne säumten das Maul. Das Trommeln wurde lauter, und Steiger holte tief Luft.
    »Geh und sieh nach, was der Lärm bedeutet«, befahl er dem Untier.
    »Wer du?« zischte es. Die Worte wurden durch die heraushängende Zunge verzerrt.
    »Steh hier nicht rum! Geh und sieh nach, was da los ist!« rief Steiger scharf.
    Das Untier stapfte an ihm vorbei. Weitere Bastarde kamen auf den Gang und folgten ihm, ohne Steiger zu beachten. Er lief zum Tor und schob den Schlüssel ins Schloß. Als er ihn drehte und das Tor aufschwang, scholl plötzlich ein bellendes Gebrüll durch den schmalen Gang. Steiger blickte sich um und stellte fest, daß die Bastarde mit wütendem Geheul auf ihn zu rannten. Mit zitternden Fingern zog er den Schlüssel aus dem Schloß, sprang durch das Tor, warf es hinter sich zu und verschloß es.
    Die Nachtluft war frisch, als er die wenigen Stufen zum Westhof hinaufrannte und weiter zu der verzierten Mauer, die er geschickt erstieg. Er ließ sich auf die dahinterliegende gepflasterte Straße fallen.
    Das Abendläuten war längst vorbei, und so hielt Steiger sich auf dem ganzen Weg zum Wirtshaus in den Schatten. Am Ziel angelangt, kletterte er am Spalier hinauf zu seinem Zimmer und klopfte an die Läden.
    Belder öffnete das Fenster und half ihm hinein.
    »Nun?« fragte der alte Soldat.
    »Ich hab’ die Juwelen«, erklärte Steiger.
    »Ich verzweifle noch an dir«, sagte Belder. »Nach all den Jahren, die ich dir gewidmet habe – was ist aus dir geworden? Ein Dieb!«
    »Das liegt mir im Blut«, sagte Steiger grinsend. »Erinnerst du dich an den Bronzegrafen?«
    »Das ist Legende«, erwiderte Belder. »Und selbst, wenn es stimmt, hat keiner seiner Nachfahren je ein unehrenhaftes Leben geführt. Selbst diese Nadirbrut Tenaka nicht!«
    »Sprich nicht schlecht von ihm, Belder!« sagte Steiger leise. »Er war mein Freund.«

2
    Tenaka schlief, und die vertrauten Träume kamen wieder und peinigten ihn.
    Die Steppe dehnte sich vor ihm aus wie ein gefrorener grüner Ozean, bis zum Ende der Welt. Sein Pony stieg, als er an den ungegerbten Lederzügeln zog; dann schwenkte es nach Süden und galoppierte mit trommelnden Hufen über den trockenen, harten Boden.
    Tenaka grinste, als er den trockenen Wind auf seinem Gesicht spürte.
    Hier, und nur hier, war er er selbst. Halb Nadir, halb Drenai – ein Produkt des Krieges, ein Symbol aus Fleisch und Blut für einen unbeständigen Frieden. Bei den Stämmen akzeptierte man ihn mit kühler Höflichkeit, wie es jemandem gebührte, in dessen Adern das Blut Ulrics floß. Aber Kameradschaft wurde ihm kaum zuteil. Zweimal waren die Stämme von den Drenai zurückgeworfen worden. Einmal, vor langer Zeit, hatte der legendäre Bronzegraf Dros die Festung Delnoch gegen Ulrics Horde verteidigt. Vor zwanzig Jahren hatte der Drache Jongirs Armee dezimiert.
    Und jetzt war Tenaka da, eine lebende Erinnerung an die Niederlage.
    So ritt er allein und bewältigte alle Aufgaben, die ihm gestellt wurden. Schwert, Bogen, Speer, Axt – mit all diesen Waffen war er geschickter als alle
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