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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Autoren: David Gemmell
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verloren. Gib Ceska Zeit, und er wird sich selbst zerstören. Er ist verrückt. Das ganze System zerbricht.«
    »Ich bin kein Mann der Worte, General. Ich bin dreihundert Kilometer geritten, um die Botschaft zu überbringen. Ich kam, um den Mann zu suchen, dem ich einst diente, doch er ist nicht hier. Es tut mir leid, wenn ich gestört habe.«
    »Hör zu, Beltzer!« sagte Tenaka, als der Krieger sich zur Tür wandte. »Wenn es nur die kleinste Aussicht auf Erfolg gäbe, würde ich gern mit dir kommen. Aber das Ganze riecht nach Niederlage.«
    »Glaubst du, das wüßte ich nicht? Wir alle wissen es!« erwiderte Beltzer. Dann war er gegangen.
    Der Wind drehte und fuhr in die Höhle. Schnee trieb ins Feuer. Tenaka fluchte leise. Er zog sein Schwert und ging hinaus, um zwei dicke Büsche abzuhacken und als Schutz vor den Eingang zu zerren.
    Als die Monate vergingen, hatte er den Drachen vergessen. Er mußte sich um seine Besitztümer kümmern, um wichtige Dinge in der wirklichen Welt.
    Dann war Illae krank geworden. Tenaka war im Norden gewesen, um Wachpatrouillen aufzustellen, welche die Gewürzstraße schützen sollten, als die Nachricht ihn erreichte, und er war nach Hause geeilt. Die Ärzte sagten, Illae hätte eine fiebrige Krankheit, die vorübergehen würde, und es bestünde kein Grund zur Sorge. Doch ihr Zustand hatte sich verschlechtert. Lungenbrand, hieß es. Sie magerte ab, bis sie zum Schluß nur noch in dem großen Bett liegen konnte. Ihr Atem ging stoßweise, und ihre einst blauen Augen schimmerten nun wie ein Bild des Todes. Tag für Tag saß er neben ihr, redete, betete, flehte sie an, nicht zu sterben.
    Und dann war es ihr besser gegangen, und sein Herz tat einen Sprung. Sie erzählte ihm von ihren Plänen für ein Fest und hielt inne, um zu überlegen, wen sie einladen sollte.
    »Sprich weiter!« hatte er gesagt. Aber sie war tot. Zehn Jahre geteilter Erinnerungen, Hoffnungen und Freuden waren wie Wasser im Wüstensand versiegt.
    Er hatte sie aus dem Bett gehoben und in einen weißen wollenen Schal gewickelt. Dann drücke er sie fest an sich und trug sie in den Rosengarten. »Ich liebe dich«, sagte er immer wieder, küßte ihr Haar und wiegte sie wie ein kleines Kind.
    Die Diener scharten sich schweigend um ihn, bis nach einer Stunde zwei von ihnen vortraten. Sie trennten den weinenden Tenaka von der toten Frau und führten ihn auf seine Gemächer. Dort fand er das versiegelte Schreiben, aus dem der neueste Stand seiner geschäftlichen Unternehmungen hervorging; daneben lag ein Brief von Estes, seinem Buchhalter. Die Briefe enthielten Vorschläge für verschiedene Investitionen und bewiesen eine scharfe politische Einsicht dessen, was außer acht zu lassen, auszunutzen und zu beachten war.
    Ohne nachzudenken, hatte er den Brief geöffnet, die Liste von vagrischen Siedlungen überflogen, von lentrischen Eröffnungen und drenaischen Dummheiten, bis er zu den letzten Sätzen gelangte:
     
    ›Ceska hat die Rebellen südlich der sentranischen Ebene in die Flucht geschlagen. Es hat den Anschein, daß er wieder mit seiner Klugheit prahlt. Er hat Boten ausgeschickt, um alte Soldaten heimzurufen; es scheint, daß er den Drachen gefürchtet hat, seit er ihn vor fünfzehn Jahren entließ. Jetzt hat er seine Furcht überwunden – sie wurden bis auf einen Mann vernichtet. Die Bastarde sind entsetzlich. In was für einer Welt leben wir nur?‹
     
    »Leben?« sagte Tenaka. »Niemand lebt – sie sind alle tot.«
    Er stand auf und ging zu der nach Westen gelegenen Wand, stellte sich vor einen ovalen Spiegel und betrachtete die Trümmer seines Lebens.
    Sein Spiegelbild starrte zurück; die schrägstehenden violetten Augen klagten ihn an, und der fest zusammengepreßte Mund wirkte bitter und zornig.
    »Geh nach Hause«, sagte sein Spiegelbild, »und töte Ceska.«

1
    Die Gebäude der Unterkünfte waren schneebedeckt, die zerbrochenen Fenster standen offen wie alte, nicht verheilte Wunden. Der Platz, einst platt getreten von zehntausend Mann, war jetzt uneben, und das Gras drängte von unten gegen den Schnee.
    Der Drache war brutal behandelt worden: seine steinernen Flügel waren vom Rücken abgeschlagen, die Fänge zerschmettert und das Gesicht mit roter Farbe verunziert. Als Tenaka in schweigender Verehrung davorstand, hatte er den Eindruck, daß der Drache blutige Tränen weinte.
    Dann betrachtete Tenaka den Platz, und die Erinnerung brachte blitzartig helle Bilder zurück: Ananais, der seinen Männern Kommandos
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