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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt
Autoren: Kurt Mahr
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zu sagen vermocht, welcher der vielen Mechanismen, die ein Zentrum ausmachten, aktiviert worden war, ganz zu schweigen von dem Sektor (Jernigan nannte die Sektoren Schalen), den die Elektropunktur aufgeschlossen hatte. Als das Experiment ausgeführt wurde, wußte er nicht, daß ein Wahrnehmungszentrum sich aus Perzeptionsmechanismen zusammensetzte und daß jeder Mechanismus mehrere Schalen enthielt. Aber gerade das war die Information, die Jernigan jetzt brauchte, um die Mikropunktoren so einzustellen, daß sie ihre Träger ohne Umweg auf die Schwarze Welt führten, auf der, wie sie glaubten, Nenu sich versteckthielt.
    Nenu hatte von zwei Agenten gesprochen.
    Nur ein Agent von Jernigans Welt, der sich zur Zeit des ersten Experiments im Institut aufhielt, konnte dank seiner überlegenen Kenntnis aus der Programmierung des Elektropunktors ermitteln, welche Schale welches Wahrnehmungsmechanismus aktiviert worden war.
    Von da an war alles klar.
    Jernigan schaltete nach Dados Anweisungen.
    Dado Großman war der zweite Agent.
    Ken erinnerte sich an das Abendessen im »Chez Aline«. Als er seine Kundenkarte einsteckte, fand er das Zeichen des Chi-Bar auf der Vorderseite der Karte. Er hatte das Zeichen nicht erwähnt, als er Felip und Dado im Labor über seine Erlebnisse auf der Schwarzen Welt berichtete. Aber Dado, Agentin von Jernigans Welt, hatte Nenu aus seiner Beschreibung erkannt. Sie wollte sichergehen, ob es Nenu war, von der er sprach. Sie konnte ihn nicht danach fragen, ohne ihre Rolle aufzugeben. Sie malte das Zeichen des Chi-Bar auf die Karte, während er nicht aufpaßte, und beobachtete, wie er darauf reagierte.
    Dado Großman, Agentin eines fremden Universums. Die hübsche, harmlose »Einhundert« ...
    In Kens leise Bitterkeit mischte sich plötzlich panischer Schreck. Er konnte darüber hinwegkommen, daß Dado ihn jahrelang getäuscht hatte. Wenn er überhaupt jemals daran gezweifelt hatte, dann wußte er jetzt mit um so eindringlicherer Deutlichkeit, daß er Dado liebte, und nichts verhalf leichter dazu als Liebe, über vergangene Enttäuschungen hinwegzukommen.
    Nur ein Hindernis war wirklich unüberwindlich.
    Verzweifelt starrte Ken die Frau an, die er liebte, mit aller Kraft seines Verstandes bemüht, ein Zeichen zu finden, das seine Furcht zerstreute.
    War Dado Großman, ebenso wie Jernigan, ein Robot?
     
    *
     
    Wie groß seine Not auch sein mochte, jetzt war nicht die Zeit, sich damit zu beschäftigen. Jernigan richtete sich auf, in jeder Hand einen der Mikropunktoren haltend.
    »Wir sind bereit«, sagte er ernst. »Unsere Expedition zu Nenus Versteck wird aus drei Leuten bestehen. Ich bin einer davon. Miß Großman wird mich begleiten. Bleibt noch ...«
    »Geben Sie sich keine Mühe, Jernigan«, unterbrach Ken ihn trocken. »Ich bin der dritte.«
    Er stand vor Dado. Dado sah zu ihm auf. In ihren Augen lag ein eigenartiger Schimmer wie von Zärtlichkeit und Schuldbewußtsein. Es war, als bäte sie ihn um Verzeihung. Verzeihung – wofür? Dafür, daß sie ihm ihre wahre Identität verheimlicht hatte? Daß sie ihn dazu verlockt hatte, sich in einen Robot zu verlieben?
    »Einverstanden«, sagte Jernigan. »Gutierr, Waale – Sie bleiben hier. Sie haben eine Waffe.« Er warf Felip seine V-Pistole zu. »Sie haben außerdem Marschall Karrol in Ihrer Hand. Das sollte Ihnen ausreichen, die Stellung eine Weile zu halten. Wir kehren auf dem schnellsten Wege zurück.«
    Er wandte sich an Ken.
    »Die Mikropunktoren sind so eingestellt, daß wir unmittelbar unterhalb der Kuppe des Hügels landen. Das ist notwendig, denn, wie Sie berichten, gibt es auf der Schwarzen Welt keinerlei Deckung. Ich nehme an, daß Nenu mit Verfolgung rechnet, obwohl sie wahrscheinlich hofft, daß wir ihr Versteck nicht finden können. Sollten wir weiter als einhundert Meter von der Hügelkuppe entfernt zum Vorschein kommen, ziehen wir uns sofort zurück. Achten Sie auf mein Zeichen. Ist das klar?«
    Ken fing an, sich über sich selbst zu wundern. Er hätte Abneigung empfinden sollen, sich von einem Robot herumkommandieren zu lassen. Aber er tat es nicht. Er war einverstanden und empfand die Lage als normal.
    »Bis auf eines«, antwortete er. »Sind Sie sicher, daß Sie den Punkt, an dem wir herauskommen, so genau bestimmen können?«
    »Nicht völlig«, gestand Jernigan. »Wir wissen aus Ihrem Bericht, an welcher Stelle Sie zum Vorschein kamen, als Sie Ihr erstes Experiment ausführten. Diesen Punkt können wir genau anpeilen. Sie
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