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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt
Autoren: Kurt Mahr
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stumpfsinnig vor sich hin grinsen.
    Der Kleine kam schließlich zu einer Entscheidung.
    »Du hast recht, Nenu«, sagte er mit einer Stimme, die einen schrillen, gepreßten Klang hatte. »Jemand wird sich vielleicht wundern, wo er bleibt; aber wir müssen es tun.« Er sah auf. »Kori ...!«
    Ken Lohmer begriff plötzlich, daß er sich in ernster Gefahr befand. Bis jetzt hatte ihn der dröhnende Schmerz im Schädel zu sehr beschäftigt, als daß ihm der Gedanke gekommen wäre, die Unterhaltung zwischen Linth und Nenu auf sich zu beziehen. Jetzt begriff er plötzlich. Sie wollten wissen, woher er kam. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden – und er würde sie nicht überleben!
    Er stemmte sich in die Höhe. Mit wütender Kraft versuchte er, die beiden Hände von sich abzuschütteln. Aber Kori, der Mann mit dem einfältigen Gesicht, war ein Experte in seinem Fach. Als er Kens Widerstand spürte, schlug er ein zweites Mal zu, nicht halb so stark wie zuvor, aber genau auf dieselbe Stelle. Der Schmerz, den der Schlag entfachte, lähmte Ken augenblicklich. Nur undeutlich wurde er sich der Tatsache bewußt, daß Kori ihn plötzlich auf den Armen hatte und zu einer Liege trug, die unmittelbar vor dem Schaltpult scheinbar aus dem Nichts entstanden war. Am Kopfende der Liege stand ein kastenförmiges Gerät mit einer Menge von Drähten, die in winzigen, tellerförmigen Elektroden endeten. Er wußte, was das bedeutete. Die Angst vor dem Tode überfiel ihn von neuem. Er wand sich in Koris Armen, aber er steckte nicht genug Kraft hinter seiner Bemühung. Kori preßte ihn an sich und drückte ihm den Atem aus der Lunge. Er mußte seinen Widerstand aufgeben, um nach Luft zu schnappen.
    Kori ließ ihn auf die Liege fallen. Bevor Ken noch wußte, was mit ihm geschah, war er festgeschnallt. Eine der Schnallen saß ihm mitten auf der Brust. Der Verschluß war ein altmodischer, metallener Klappmechanismus. Der Deckel trug ein Zeichen, ein schlankes X mit einem langen Querbalken.
    Er hörte die Stimme der Frau.
    »Sieh zu, daß du fertig wirst, Kori. Verdammt noch mal – wenigstens einmal im Leben beeile dich!«
    Ken spürte die Kühle der kleinen Elektroden, als Kori sie ihm auf Stirn und Schläfen preßte. Noch einmal regte sich sein Widerstandsgeist. Er schrie:
    »Laßt mich in Ruhe, und ich erzähle euch ein paar Sachen, die euch die Augen aufreißen!«
    Und Nenu antwortete gelangweilt:
    »Sei ruhig, Laus! Du weißt nichts. Kori – mach schnell!«
    Ken wandte den Kopf zur Seite und sah, daß Kori einen Schritt zurückgetreten war. Zum zweitenmal hörte er seine Stimme, einen tiefen, ungehobelten Baß:
    »Fertig, Nenu.«
    »Dann fang an!« schrie Nenu. »Worauf wartest du?«
    Ken lag starr. Hinter sich hörte er Koris schwere Schritte. Er hörte, wie er vor dem Schaltpult anhielt und leise vor sich hinmurmelte, als er sich ins Gedächtnis zurückrief, welche Schalter er drücken mußte.
    Dann geschah das, womit er vor lauter Aufregung und Todesangst schon längst nicht mehr gerechnet hatte.
    Das Licht verblaßte plötzlich. Der Raum versank in milchiger Dunkelheit. Er hörte noch die ersten Worte des Satzes, den Kori sagte:
    »Ich aktiviere jetzt ...«
    Dann war Stille.
    Die Welt, auf der er sich soeben noch befunden hatte, war verschwunden.

 
2
     
    Das erste, was er sah, war Dados Gesicht. Sie beugte sich über ihn, und das lange Haar kitzelte ihn auf der Stirn. Sie sah besorgt aus, aber als er die Augen öffnete, wich sie zurück. Hinter ihr kam Felip Gutierr zum Vorschein, strahlenden Gesichts, wie gewöhnlich, die blendendweiße Reihe von Zähnen wie eine Schnur von Perlen in dem dunkelhäutigen Gesicht.
    Ken richtete sich auf. Er war völlig Herr seiner selbst. Er empfand keine Schmerzen mehr und fühlte sich kräftig und ausgeruht. Kein Wunder – das Experiment hatte früh am Morgen stattgefunden.
    Er stand auf. Mit einem Gefühl der Erleichterung nahm er das Bild der vertrauten Umgebung in sich auf. Das breite, hohe Fenster, das auf die Stadt hinausführte, der große, makellos saubere Raum mit seinen unzähligen Geräten, Dado Großmann und Felip Gutierr, seine Assistenten, in blendend weißen Laborkitteln.
    Er war der erste, der sprach.
    »Es ist, fürchte ich«, begann er und überlegte sich die nächsten Worte sorgfältig, »nicht ganz so ausgegangen, wie ich es erwartet hatte!«
    Felip stürzte auf ihn zu. Dado riß die Hand zum Mund, als müßte sie einen Schrei der Enttäuschung ersticken. Ken wehrte
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