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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt
Autoren: Kurt Mahr
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benutzt worden. Und er konnte nicht alt sein, denn nirgendwo zeigte sich auch nur die Andeutung von Staub.
    Ken war plötzlich von dem Drang erfüllt, das Haus so rasch wie möglich zu betreten. Er wandte sich vom Fenster ab und schickte sich an, die Kante zur Rückseite des Gebäudes zu umrunden. Die Kante lag noch nicht ganz hinter ihm, da empfand er auf eigenartige Weise die Gewißheit, daß er im Begriff war, eine wichtige Entdeckung zu machen; und als er schließlich freies Blickfeld hatte, blieb er wie angewurzelt stehen.
    Auf dem freien Platz hinter dem Haus standen drei dunkle Gebilde von vertrauter Form, ohne Zweifel Fahrzeuge, die sich nach dem Prinzip künstlicher Schwerkraft bewegten. Der charakteristische Unterbau, der wie eine flache, mit dem Boden nach oben gekehrte Badewanne aussah und als Feldprojektor diente, war unverkennbar.
    Mit zwei, drei hastigen Schritten stand Ken neben dem nächsten Wagen. Es war ein Viersitzer. Er war leer und das Armaturenbrett unbeleuchtet, aber selbst in der Dunkelheit glaubte Ken, die vertraute Anordnung von Meßinstrumenten und Schaltern erkennen zu können.
    In diesem Augenblick ging ihm zum erstenmal auf, in welch grotesker Situation er sich befand. Hier war er, auf einer Welt, die mit der seinen nicht mehr Ähnlichkeit hatte als die Sonne mit dem Mond, in einer Umgebung, von der der Betrachter erwarten durfte, daß sie, wenn überhaupt, von gänzlich unirdischen Formen bevölkert sei – und was fand er statt dessen? Ein Haus mit viereckigem Grundriß, einer Tür und Fenstern, ausgestattet mit nicht gerade erlesenem, aber vertrautem Geschmack, und hinter dem Haus drei Fahrzeuge, die genauso aussahen wie die, die sich auf der Leitstraße 4 bewegten, oder auf irgendeiner anderen Straße, was das anging.
    Ken Lohmer entschloß sich, die Fahrzeuge zuerst zu studieren. Er mußte wissen, welcher Herkunft sie waren und wie sie hierhergelangt waren. Später, wenn er sich an diesen Augenblick erinnerte, würde es ihm klar werden, daß er in diesen Sekunden an den Grundlagen seiner Theorie zu zweifeln begann, der Theorie, die er zu seinem Lebenswerk gemacht hatte. Im Augenblick war er sich solcher Zweifel nicht bewußt. Und der Entschluß, sich zuerst um die Fahrzeuge zu kümmern, erwies sich rasch als äußerst nachteilig.
    Eine harte, kalte Stimme sagte hinter ihm:
    »Das ist weit genug! Streck die Hände zur Seite und dreh dich langsam um!«
     
    *
     
    Ken gefror das Blut in den Adern; aber die Angst taute es mit erstaunlicher Schnelligkeit wieder auf. Während der zwei oder drei Sekunden, die er brauchte, um dem Befehl zu gehorchen, glaubte er ständig, den schmerzenden Einstich eines V-Pfeiles in der Schulter zu spüren.
    Vor der Längswand des Hauses, vom Lichtschein aus einer Tür übergossen, die Ken in seiner Erregung nicht bemerkt hatte, stand ein schwarzgekleideter Mann, breitschultrig und hochgewachsen. Ken konnte sein Gesicht nicht erkennen, es lag im Schatten, aber er identifizierte ohne Schwierigkeit die Pistole mit der charakteristischen Laufverdickung als eine V-Waffe gefährlichen Kalibers.
    »Komm 'rein!« befahl ihm der Unbekannte.
    Mit seitwärts ausgestreckten Armen schritt Ken langsam auf die Tür zu. Er bemerkte, daß der Mann mit der Pistole ihn aufmerksam musterte, während er sich ihm näherte. Er trat schließlich zur Seite und machte mit dem Lauf der Waffe eine ungeduldige Bewegung zur Tür hin.
    »Los! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!«
    Ken stolperte über die niedrige Schwelle. Plötzlich fühlte er die Mündung der Pistole im Rücken.
    »Nach links«, herrschte der Unbekannte ihn an, und Ken fühlte seinen warmen Atem im Nacken.
    Er stand in einem schmalen Gang, der das Haus der Breite nach durchzog und auf der anderen Seite hinter der Eingangstür endete, die Ken flüchtig in Augenschein genommen hatte. Zu beiden Seiten gab es türlose Öffnungen. Ken steuerte hastig durch die linke, durchaus beeindruckt von dem leisen Schmerz, mit dem die Laufmündung sich ihm in den Rücken preßte.
    Der Raum, den er betrat, unterschied sich merklich von denen, die er durch die beiden Fenster gesehen hatte. Erstens enthielt er außer dem handelsüblichen Mobiliar von Tischen, Stühlen und Sesseln eine Schaltkonsole, die kompliziert genug aussah, um aus dem Kommandostand eines interstellaren Raumschiffs zu stammen, und zweitens war er bewohnt.
    In zwei Sesseln, die sie so zurechtgerückt hatten, daß sie den Eingang bequem übersehen konnten, saßen ein
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