Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
hervor und er machte mit dem rechten Fuß einen Ausfallschritt und ging leicht in die Knie, als er das Sachsmesser von unten warf.
Ein wirbelndes Lichtrad sauste auf Arisaka zu und traf ihn oberhalb der Brustplatte seiner Rüstung und grub sich in seine Kehle.
Arisaka spürte, wie ihm das Katana entglitt, weil seine Finger plötzlich taub wurden, er spürte heißes Blut aus der Wunde sprudeln. Dann spürte er … nichts mehr.
Will richtete sich auf, als Shigeru einen Schritt auf ihn zumachte und eine Hand auf seine Schulter legte.
»Mir scheint, der Schmetterling wurde zur Wespe«, sagte der Kaiser.
Dreiundfünfzig
D as Abschiednehmen hatte zum größten Teil bereits stattgefunden. Will, Walt, Selethen und die beiden jungen Frauen befanden sich bereits an Bord der Wolfswill . Das Schiff lag in der Bucht, wo die Araluaner ursprünglich an Land gegangen waren. Gundar und seine Männer hatten einen recht angenehmen Winter auf der kleinen Insel verbracht, auch wenn Gundar bedauerte, dass er die Schlacht versäumt hatte. Sie hatten jede Menge Fisch im kalten Gewässer vorgefunden und genügend Wild an Land. Jetzt waren die Nordländer – wie ihre Passagiere – begierig, das Schiff in heimische Gefilde zu lenken.
Nur Horace stand noch am Strand bei dem Kaiser. In seinen Augen waren Tränen, denn die Zeit des Abschieds war gekommen. Während der vergangenen Monate hatte er diesen tapferen und selbstlosen Herrscher sehr ins Herz geschlossen, er bewunderte seinen unfehlbaren Sinn für Gerechtigkeit und seine nie versiegende gute Laune. Er wusste, er würde Shigerus tiefes polterndes Lachen vermissen – ein Klang, der so mächtig war, dass man sich immer wunderte, wie er von einer so schmächtigen Person kommen konnte.
Ein dicker Klumpen steckte in Horace’ Kehle und er brachte kein Wort hervor.
Shigeru machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Er wusste, wie viel er dem jungen Mann verdankte. Mit Mut, Entschlossenheit und Treue hatte Horace ihm durch die schwierigen und gefährlichen Wochen geholfen, als sie auf der Flucht vor Arisaka waren. Er erinnerte sich, wie Horace ohne zu zögern Shukins Platz eingenommen hatte, als sein Vetter durch Arisakas Hand gestorben war.
Die beiden Waldläufer hatten ihm natürlich auch einen großen Dienst erwiesen mit ihren erfinderischen Taktiken und Schlachtplänen, genau wie der dunkelhäutige Krieger aus Arrida. Und Evanlyn und Alyss hatten durch ihren Mut den Thron gerettet, indem sie die Armee der Hasanu geholt hatten. Ihnen allen war er außerordentlich dankbar.
Doch ohne Kurokuma wäre keiner von ihnen hier gewesen. Ohne Kurokuma wäre Arisaka jetzt Kaiser.
»Shigeru …«, stieß Horace von Gefühlen überwältigt hervor, ehe ihm die Stimme versagte. Er löste sich mit gesenktem Kopf aus der Umarmung des älteren Mannes. Tränen liefen über seine Wangen.
Shigeru tätschelte Horace’ muskulösen Arm. »Abschied nehmen ist immer schwer, Kurokuma . Aber Ihr und ich, wir werden immer zusammen sein. Seht einfach nur in Euer Herz und in Euren Geist und Ihr werdet mich dort finden. Ich werde Euch niemals vergessen. Ich werde nie vergessen, dass ich Euch alles verdanke.«
»Ich … will nicht …« Mehr brachte Horace nicht hervor, aber Shigeru wusste, was er sagen wollte.
»Ich wünschte, du könntest bei uns bleiben, mein Sohn. Aber dein Land und dein eigener König brauchen dich.«
Horace nickte. Shigeru hätte keine überwältigendere Anrede gebrauchen können, als Horace »Sohn« zu nennen. Horace war als Waise aufgewachsen und hatte schon von früher Kindheit an die Liebe und das Vorbild eines Vaters vermisst.
Shigeru lächelte und sprach noch leiser, sodass niemand sonst es hören konnte.
»Und ich glaube, dass eine bestimmte junge Prinzessin dich auch braucht. Pass gut auf sie auf. Sie ist ein unbezahlbares Juwel.«
Horace hob den Kopf, um Shigerus Blick zu begegnen, und brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Das ist sie gewiss«, stimmte er zu.
»Wir werden einander wiedersehen. Das weiß ich in meinem Herzen. Du bist hier in Nihon-Ja stets willkommen. Du bist einer von uns.«
Horace nickte. »Ich werde eines Tages zurückkommen«, sagte er. »Das ist ein Versprechen. Und vielleicht könntet Ihr auch einmal nach Araluen reisen.«
Shigeru schob die Lippen vor. »Ja. Aber vielleicht noch nicht so bald. Ich werde hierbleiben müssen, bis die Lage sich beruhigt hat«, sagte er. »Aber wer weiß? Wenn es eine wichtige Staatsangelegenheit gäbe …
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