Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
er deutete nach Osten.
Sofort folgten drei Augenpaare seinem Fingerzeig. Am Ende der linken Flanke, hinter den niedrigen Klippen, lag ein weiterer Felsgrad, etwa zwei Meilen entfernt, und dahinter tauchte jetzt eine enorme Armee auf und marschierte Richtung Ebene.
»Die Mädchen«, sagte Horace leise. »Sie haben es geschafft. Sie haben die Hasanu mitgebracht.«
»Das sind Tausende«, sagte Selethen mit Blick auf die endlose Kolonne. Jetzt hörten sie auch Gesang aus der Ferne. Sie konnten ihn deshalb hören, weil der Jubel von Arisakas Armee verstummt war und alle Augen sich nach Osten richteten.
»Kotei! Kotei! Kotei!«
»Was sagen sie?«, fragte Will.
Mikeru grinste ihn an. »Sie sagen ›Kaiser! Kaiser! Kaiser!‹«
Will stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Er blickte zu Walt hinüber und sah, wie sein alter Lehrer seine Kapuze nach hinten schob und ihm zunickte.
Die Hasanu hatten die Ebene erreicht und marschierten auf Arisakas Armee zu. Der Gesang wurde lauter, je näher sie kamen, und Arisakas Männer sahen sich verunsichert an. Selbst mit Yamadas Kriegern waren sie mindestens drei zu eins in der Unterzahl. Besorgt beobachteten sie die anrückenden Heerscharen. Riesenhafte Gestalten mit langen rötlichen Haaren schwangen gespickte Keulen, Piken und schwere Speere. Unbewusst drängten sich die Senshi bei diesem furchterregenden Anblick näher zusammen. Dabei schienen sie völlig zu vergessen, dass sich hinter ihnen die tödlichen Zähne der Wölfe und Haie befanden. Will erkannte, dass dies die ideale Gelegenheit war, Arisakas Armee zu zerschmettern. Seine kleinen, aber gut ausgebildeten Gojus würden der Hammer sein, die riesige Armee der Hasanu der Amboss.
»Mikeru«, sagte er, »lass deine Männer bis zu den Igeln vorrücken. Überumpelt den Feind von der Flanke aus, dann sucht sofort Deckung.«
Der junge Mann nickte und eilte davon. Will wandte sich an Horace und Selethen.
»Alle vier Gojus sollen vorrücken und den Feind von hinten in die Zange nehmen«, sagte er.
Die beiden Kommandanten nickten und rannten zu ihren Stellungen. Befehle wurden ausgegeben. Das inzwischen schon vertraute Geräusch von Schilden, die in Position gebracht werden, war zu vernehmen, dann traten die Wölfe und Haie in abgestimmtem Gleichschritt nach vorn, gefolgt von den Bären und Falken.
Manche von Arisakas Männern bemerkten die feindliche Offensive und drehten sich zum Gegner. Sie saßen in der Falle. Die riesige Armee der Hasanu würde sie innerhalb der nächsten Minuten umstellt haben. Und die entschlossenen Trupps der Kikori saßen ihnen im Nacken. Aber die Senshi waren Krieger und hatten eine harte Schule durchlaufen. Sie würden ihr Leben teuer verkaufen.
»Halt!«
Die tiefe, klangvolle Stimme tönte über das Schlachtfeld.
Will wirbelte herum und sah Shigeru in Walts Begleitung auf die Kikori zugehen. Nach einem kurzen Moment des Zögerns eilte der junge Waldläufer zu ihnen. Shigeru hielt einen grünen Zweig hoch über dem Kopf, das entsprach in Nihon-Ja einer weißen Fahne. Schweigen legte sich über das Schlachtfeld. Der grüne Zweig war ein unantastbares Symbol, das respektiert werden musste.
Walt, Will und Shigeru schritten über die Ebene, bis sie sich zwischen den Gojus der Kikori und der Front der Senshi befanden. Shigeru blieb stehen und hielt immer noch den grünen Zweig über seinem Kopf.
Aus dem Tross der Hasanu löste sich eine kleine Gruppe, die ebenfalls einen grünen Zweig in der Hand hielt, und kam auf sie zu. Wills Herz macht einen Satz, als er Alyss erkannte, mit Evanlyn an ihrer Seite, die versuchte, bei den großen Schritten ihrer Gefährtin mitzuhalten und trotzdem würdevoll auszusehen. Sie gingen ein oder zwei Schritte hinter einem großen, aristokratisch aussehenden Nihon-Jan in der Rüstung eines Kriegers. Als sie näher kamen, begegnete Will Alyss’ Blick und sie lächelten einander an.
»Nimatsu-san«, sagte Shigeru, »es ist gut, Euch zu sehen.«
Der große Nihon-Jan verbeugte sich tief. »Ich stehe zu Euren Diensten, Eure Majestät, ich und meine Leute.«
Shigeru antwortete darauf nicht gleich. Er drehte sich zu den Aufständischen, die kaum fünfzig Schritte von ihm entfernt waren.
»Arisaka-san!«, rief er. »Wir müssen reden.«
Einen Augenblick lang geschah nichts. Dann ging eine Bewegung durch die Reihen und sie teilten sich, als drei Männer hindurchmarschierten – Arisaka, dessen Gesicht von dem beinahe dämonisch aussehenden rot lackierten Helm
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