Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
sich weg und tat so, als hätte er es nicht gemerkt.
Sie waren seit fünf Tagen auf See, was Walts gegenwärtig gute Laune erklärte. Er hatte die übliche Zeit durchgestanden, während der er bleich an der Reeling lehnte und seekrank war. Seine Freunde hatten ihn taktvoll ignoriert.
Jetzt, mit einem steten Wind im Segel, legte die Wolfswill viele Meilen am Tag zurück. Im Westen färbte ein wunderbarer Sonnenuntergang die niedrig hängenden Wolken am Horizont leuchtend goldorange. Die sechs Freunde saßen auf niedrigen Segeltuchstühlen an einer freien Stelle in der Nähe von Gundar am Ruder und diskutierten über die Namen, die ihnen von den Kikori verliehen worden waren.
Selthen hatte man den Falken genannt. Alyss hieß Tsuru oder auch Kranich. Das war ein langbeiniger, anmutiger Vogel und der Name war durchaus passend. Evanlyn war Kitsuné, was so viel wie Füchsin bedeutete – eine Anerkennung ihrer Geschwindigkeit und Wendigkeit.
Walt war immer nur Walto-san geblieben. Vielleicht weil sein Name von allen am einfachsten auszusprechen war.
Will war sehr erstaunt gewesen, nachdem er ausgerechnet von Arisaka erfahren musste, dass Chocho Schmetterling bedeutete. Es schien ihm ein sehr unkriegerischer Name zu sein – überhaupt nicht glanzvoll. Und er wollte wissen, warum man diesen Namen gewählt hatte. Seine Freunde waren natürlich nur allzu bereit, ihn beim Raten zu unterstützen.
»Ich denke, es liegt daran, dass du immer so todschick gekleidet bist«, sagte Evanlyn. »Ihr Waldläufer seid so unglaublich farbenfroh angezogen.«
Will warf ihr einen bösen Blick zu. Er war entsetzt, dass Alyss über den Witz der Prinzessin kicherte. Er hätte gedacht, dass wenigstens sie sich auf seine Seite schlagen würde.
»Ich glaube, es hat mehr damit zu tun, wie er über den Übungsplatz rannte, hierhin und dorthin, und jeden Mann sofort korrigierte, wenn er zum Beispiel seinen Schild falsch hielt, und dann wieder wegrannte, um jemandem zu zeigen, wie man das Gewicht beim Werfen verlagert«, sagte Horace etwas mitfühlender. Dann verdarb er es jedoch, indem er gedankenlos hinzufügte: »Ich muss sagen, dein Mantel ist wirklich um dich herumgeflattert wie Schmetterlingsflügel.«
»Es war nichts von alledem«, sagte Walt schließlich, und sie sahen ihn erstaunt an. »Ich habe Shigeru gefragt«, erklärte er. »Er sagte, sie hätten alle bemerkt, wie Wills Geist und Vorstellungskraft in unglaublicher Geschwindigkeit von einer Idee zur nächsten wechselt, vor und zurück oder seitwärts, auf völlig unvorhersehbarer Weise – etwas, was ich natürlich selbst auch schon bemerkt habe. Wenn du recht überlegst, ist es ein ziemlich treffender Name für dich.«
Will sah besänftigt aus. »Na ja, wenn man es so sieht, ist er wahrscheinlich gar nicht so schlecht. Er kommt mir nur ein wenig … mädchenhaft vor.« Er spürte, dass Evanlyn und Alyss drauf und dran waren, eine Bemerkung zu machen, und sprach rasch weiter. »Was ich an sich natürlich gar nicht so schlecht finde. Man könnte es auch als Kompliment sehen. Sozusagen als Ausdruck großen Respekts.«
»Ich mag meinen Namen«, sagte Horace selbstgefällig. »Schwarzer Bär. Das beschreibt meine ungeheure Stärke und mein großes Können in der Schlacht.«
Alyss hätte ihn damit vielleicht davonkommen lassen, wäre da nicht der taktlose Vergleich von Wills Umhang mit Schmetterlingsflügeln gewesen.
»Nicht ganz«, sagte sie. »Ich habe Mikeru gefragt, wie du zu dem Namen gekommen bist. Er sagte etwas von deinem ungeheuren Appetit und deinem großen Können am Esstisch. Mir scheint, Shigeru und seine Leute waren besorgt, dass du alle Vorräte allein aufbrauchen würdest.«
Daraufhin lachten alle herzlich und nach einem kurzen Moment stimmte auch Horace mit ein. Walt, der ihn genau beobachtet hatte, dachte im Stillen, wie gut sich der junge Mann doch entwickelt hatte. Tapfer, loyal und mit unübertroffenem Talent im Schwertkampf gereichte er dem Waisenhaus von Baron Arald und der Heeresschule von Redmont zur Ehre.
»Tja«, sagte Evanlyn, »bald müssen wir allerdings einen anderen Namen für ihn finden.«
Alle starrten sie verblüfft an. Will blickte zu Horace und bemerkte, dass sein bester Freund vor Verlegenheit knallrot geworden war. Evanlyn, die direkt neben Horace saß, stieß ihn leicht mit dem Ellbogen an.
»Sag es ihnen«, forderte sie ihn lächelnd auf. Horace räusperte sich mehrere Male und schaffte es schließlich, etwas zu sagen.
»Na ja, es ist
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