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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein
Autoren: Kerstin Gier
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grimmig. Die Brautmutter hielt derweil eine Orange in die Höhe.
    »Und diese saftige Apfelsine,
    die gab mir für euch die heilige Sabine«, verkündete sie froh. Julia legte die Orange neben Klopapier und Tütensuppe auf ihren Teller und harrte ergeben der Dinge, die da noch kommen würden.
    »Ein Königreich für diese Orange«, flüsterte Alex mir zu. »Meine Magenwände reiben sich schon gefährlich aneinander.«
    Im gleichen Moment horchte er auf, denn soeben überreichte die Brautmutter eine Packung Heftpflasterim Auftrag des heiligen Alex, und sofort danach ein Tütchen Gummibären von der heiligen Elisabeth, die war so nett.
    Elisabeth, das war ich. Elisabeth Jensen, achtundzwanzig Jahre alt und ledig. Unverheiratet, jawohl. Wenn man mal von der Sache mit dem wildseidenen Kleid, dem Orangenblütenkranz und den Einkommensteuern absah, gab es auch keinen Grund, an diesem Zustand etwas zu ändern. Nicht, wenn man dafür eine Feier wie diese in Kauf nehmen musste.
    »Heiraten ist eine Strafe«, sagte meine Tischnachbarin, als habe sie meine Gedanken gelesen.
    Ich nickte. Die Engelgeschichte hier war Alex' Mutter durchaus ebenfalls zuzutrauen. Ich konnte sie schon förmlich vor mir sehen, mit Nachthemd und einem Heiligenschein aus Alufolie in den blonden Strähnchen.
    »Die Hochzeit ist sozusagen der Höhepunkt einer jeden Beziehung«, erklärte meine Nachbarin ernst. »Danach geht es nur noch abwärts.«
    Ich nickte und warf einen Blick auf ihren Ehegatten, der einen Platz weiter saß, das Kinn auf die Brust gesenkt. Er hatte das einzig Richtige getan: Er war eingeschlafen.
    »Nur noch abwärts«, wiederholte seine Frau. Ich drehte mich zur anderen Seite. »Hast du das gehört?«, fragte ich Alex. Alex schüttelte den Kopf. »Ich möchte dich etwas Wichtiges fragen«, sagte er ernsthaft. »Mich?«
    »Ja.« Alex nickte. »Ich dachte, heute ist der passende Anlass für so eine Frage. Ich hätte es dich schon längst gefragt, aber ich hatte Angst, du sagst am Ende nein.«
    Mein Herz begann auf einmal schneller zu schlagen,und ich vergaß, was ich eben noch gedacht hatte. Stattdessen fragte ich mich, ob man so ohne weiteres Orangenblüten im Blumenladen bekam und wie es wohl aussähe, würde man kleine Früchte mit in dem Kranz verarbeiten.
    »Ich möchte dich fragen, ob du - ob du dir vorstellen kannst -«, begann Alex stockend.
    Ich lächelte ihn ermutigend an. »Ja?«
    »Ob du dir vorstellen kannst, dein Leben mit mir -«, fuhr er fort. »Also, wir kennen uns jetzt drei Jahre. Ich finde, es wird Zeit, dass wir zusammenziehen.«
    »Ja?«, flüsterte ich und wusste für ein paar Sekunden nicht, ob ich enttäuscht oder erleichtert sein sollte.
    »Willst du?«, fragte Alex beinahe schüchtern.
    Ich zögerte eine winzige Sekunde lang. Dann lächelte ich zu ihm auf und sagte, so melodisch ich konnte: »Ja, ich will.«
    »Und die heilige Ulrike, ei der Daus,
    die gab mir dies Taschentuch
    für unsere Juliamaus«, rief der Engel fröhlich. Der Marktkorb war fast leer. Aber immer noch lag dieser glückliche Schmelz über Julias Teint. Nichts konnte sie aus der Ruhe bringen — es war wirklich der glücklichste Tag in ihrem Leben. Der Engel überreichte ihr ein rosa Sparschwein vom heiligen Hein und gleich hinterher von der heiligen Ute mit den wilden Locken eine Packung Haferflocken. Damit war der Korb überraschend plötzlich leer, die Brautmutter verneigte sich lächelnd, und wir klatschten heftig Beifall, als wir begriffen, dass es jetzt endlich Essen geben würde.
    Es wurde dann doch noch ein richtig netter Abend. Wir aßen und tranken gut, genügend Weißwein, um dieReden von drei weiteren Verwandten sowie die Tanzmusik der Zweimannkapelle gelassen hinzunehmen. Alex und ich sprachen an diesem Tag nicht mehr über Heirat. Aber eins war klar: Wenn ich denn jemals doch heiraten sollte, dann dürfte es nur Alex sein, der mir den Ring anstecken würde. Alex oder keiner.

DER RADIOWECKER SCHALTETE sich Punkt drei Minuten nach sieben ein, und noch ehe ich richtig wach werden konnte, schob Alex mir stumm das Fieberthermometer in den Mund.
    »Und nun die Wettervorhersage für heute, Dienstag, den vierzehnten November«, sagte der Nachrichtensprecher. »Ein Tief über Nordirland führt kalte Luft und dichte Bewölkung nach Deutschland. Im ganzen Land anhaltende Regenfälle, die ab vierhundert Meter in Schnee übergehen.«
    Ich stöhnte mit geschlossenen Augen. Novemberregen und Dienstag, das waren gleich zwei Gründe, um im
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