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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich
Autoren: Christoph Koch
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»Oh, fuck!« Jessica fällt die Gabel aus der Hand.
    Die anderen Gäste, die ihre Pfannkuchen und Omelettes verspeisen, schauen neugierig zu unserem Tisch herüber. Crazy Germans!
    »Ich meine natürlich … Ja! Ja! Tausendmal ja!« Jessica fällt mir um den Hals. Mein Puls normalisiert sich wieder. Sie hat Ja gesagt. Und den Heiratsantrag angenommen, den ich ihr gerade entgegengestammelt habe. Hier in der Wüste von Las Vegas, im »Peppermill«, der wahrscheinlich kitschigsten Frühstückslounge in den gesamten USA . Türkis, Pink und Lila sind die vorherrschenden Farbtöne, man sitzt unter künstlichen Kirschblüten, und im Hinterzimmer leuchten lodernde Kaminflammen mit LCD -Flachbildschirmen um die Wette. Der Zucker im riesigen Streuer ist knallbunt, die Bedienungen tragen zu viel Make-up, und aus dem Eingangsbereich hört man die Spielautomaten piepsen und klingeln. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieses Bombardements der Geschmacklosigkeiten ist dieser Ort seit unserer ersten gemeinsamen Reise vor drei Jahren für uns ein besonderer. Denn auf jener Reise haben wir damals – spätestens genau hier! – nicht nur erkannt, dass wir gut zusammenpassen, sondern auch, dass wir uns oft für dieselben merkwürdigen Dinge begeistern können. Dass wir zum Glücklichsein kein Sternerestaurant brauchen und keine gedämpften Klassikklänge. Sondern nur einander – und eine gut gelaunte Bedienung, die unaufgefordert Kaffee nachschenkt und alle Gäste »Honey« nennt.
    Glücklich bleiben!
    Das mit dem Hochzeitsantrag hatte ich anders geplant. Nur leider waren die letzten vierundzwanzig Stunden offen gestanden die Hölle gewesen, und ich hatte ein paar kleinere Planänderungen vornehmen müssen. Die Schwierigkeiten hatten begonnen, als ich auf dem Flug nach Las Vegas bemerkte, dass ich meinen Führerschein zu Hause vergessen hatte. Nach ein paar hektischen Telefonaten hatte ich unseren Nachbarn so weit, dass er uns eine Kopie des Führerscheins in die Mietwagenzentrale faxte. Doch dort zeigte man sich unnachgiebig. »Kein Originaldokument, kein Auto«, sagte die Frau am Schalter und wandte sich wieder dem Studium ihrer strassbeklebten Fingernägel zu. Jessica, die damals noch ledige Frau an meiner Seite, hatte ihren Führerschein glücklicherweise dabei, aber eine unüberwindbare Abneigung gegen Autos mit Automatikschaltung. »Ich hab mal zehn Minuten in einem gesessen und beinahe einen Fußgänger umgefahren«, erklärte sie mir, als ich vorsichtig nach dem Grund forschte.
    »Noch Fragen?« Die Dame am Mietwagenschalter sah kurz von ihren Nägeln auf. »Keine Autos mit Gangschaltung auf dem ganzen Parkplatz, nur Automatik.«
    Eine Stunde und viele tiefe Atemzüge später rollten wir dennoch den Las Vegas Strip hinunter, vorbei an den leuchtenden Kasinofassaden – und mein Plan, nach dem Check-in im Hotel ein romantisches Restaurant aufzusuchen, Champagner zu bestellen und die Frage zu stellen, die ich schon die ganze Zeit unruhig in meinem Herzen getragen hatte, nahm wieder Form an. Allerdings nur so lange, bis der Reifen des Mietwagens platzte und wir mit einem immer langsamer werdenden »Katschunk-katschunk-katschunk« an den Straßenrand eierten.
    Als uns ein mexikanischer Mechaniker später ein kleines Notrad montiert hatte, mit dem wir zumindest vorsichtig bis zum Hotel rollen konnten, waren wir mittlerweile seit rund sechsunddreißig Stunden auf den Beinen – genervt, verschwitzt und müde. Denkbar schlechte Voraussetzungen, um auf die Knie zu fallen und sich um eine gemeinsame Zukunft zu bemühen.
    Doch nun ist die Frage heraus, Jessica strahlt mich an, und ich bin so glücklich, wie es ein Mann nur sein kann, der gerade alles in die Waagschale geworfen – und gewonnen hat. Der Rest des Tages vergeht wie im Flug: Ringe kaufen, Kleid aussuchen – und auf dem Standesamt von Las Vegas die sogenannte Wedding License erwerben: die Lizenz zum Heiraten. Sechzig Dollar, zahlbar in Cash, hier ist Ihr Stempel, der Nächste bitte!
    Als wir das Standesamt verlassen, kommt sofort ein Mann angelaufen, der uns in die nächstgelegene Hochzeitskapelle lotsen will. Er bekommt Provision für jedes geangelte Paar, wie wir später erfahren. Wir bedanken uns, sagen ihm freundlich, dass wir schon versorgt sind, und gehen weiter, da ruft er uns hinterher: »Stay happy – and keep loving each other!« Bleibt glücklich – und hört nicht auf, euch zu lieben!
    Bleibt glücklich! Ist das eher ein frommer Wunsch – oder ein
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