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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein
Autoren: Kerstin Gier
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Spaß. Die Kinder schauten uns eine Weile mit erstaunten Augen zu, beschlossen dann aber jedes für sich, lieber etwas anderes zu spielen. Ich ließ eine Viertelstunde verstreichen, in der sie durch den Spieltunnel krabbelten, an Bauklötzchen herumnagten und mit Bananen gefüttert wurden.
    Die letzten zwanzig Minuten wollte ich für unser wöchentliches »Blitzlicht« nutzen, bei dem alle Mütter reihum von den Erlebnissen der vergangenen Woche berichten sollten. In der ersten Gruppe waren diese Erlebnisse immer wunderschön.
    »Die Marie-Antoinette hat zwei neue Zähne bekommen«, erzählte die erste Mutter. »Aber sie war dabei so goldig und lieb, dass mein Mann sie nur noch sein Engelchen nennt.«
    Alle Mütter freuten sich.
    »Roger isst schon alleine mit dem Löffel«, wusste die zweite Mutter zu berichten. Das fanden alle ganz toll.
    »Mein Sohn bringt meinem Mann morgens immer die Aktentasche«, erzählte die Dritte. »Ich glaube, mein Sohn kann schon die Uhr lesen.«
    Darüber lachten alle Mütter herzlich.
    »Unsere Woche war auch ganz superschön. Aber Juan-Carlos will seit zwei Tagen abends nicht in sein Bett«, berichtete die fünfte Mutter bekümmert, als sie an der Reihe war.
    Da beugten sich alle voller Anteilnahme nach vorne.
    »Schlafen kann man lernen«, rief Maike. »Hast du denn das Buch nicht?«
    Mutter Nummer fünf schüttelte den Kopf. »Was für ein Buch? Bis jetzt habe ich nie eins gebraucht. Juan-Carlos hat ja immer durchgeschlafen!«
    »Oje! Das Buch heißt Schlafen kann man lernen. Ich bringe es dir gleich morgen vorbei«, sagte Maike hilfsbereit. »Annabell braucht es im Moment nicht.«
    »Schlafen kann man lernen?«, fragte ich neugierig. »Funktioniert das tatsächlich?«
    Mir antwortete Maike nur ungern.
    »Natürlich«, sagte sie, »aber warum interessierst du dich dafür? Du hast doch kein Kind.« Nein, aber einen Freund, der immer dann hellwach war, wenn ich schlafen wollte.
    »Wie funktioniert es?«, fragte ich gelassen. Die Angriffegegen meine Kinderlosigkeit kamen regelmäßig, aber inzwischen hatte ich sie zu ignorieren gelernt.
    »Das steht alles im Buch«, antwortete Maike knapp.
    Ich ärgerte mich nicht weiter. »Wer ist als nächstes an der Reihe?«
    »Ich«, sagte die sechste Mutter, Gabriele. »Herr Perger-hof und ich, wir hatten auch eine ganz tolle Woche.« Herr Pergerhof war nicht etwa Gabrieles Gatte, sondern Jonas, das Baby. Die Mütter sprachen ihre Kinder der Vollständigkeit halber gerne mit den klangvollen Nachnamen an. Dabei verfielen sie nicht selten in die Höflichkeitsform. »Juan-Carlos Schmidt, würden Sie so gut sein und die Socken anlassen? Hier gibt es keine Fußbodenheizung wie bei uns zu Hause!«
    Auch daran hatte ich mich längst gewöhnt. Ich lächelte milde.
    »Aber wo ich schon mal an der Reihe bin«, fuhr Gabriele fort, »möchte ich auch gleich in unser aller Namen etwas loswerden.«
    Mir war, als würden die Mütter ein wenig enger zusammenrücken.
    »Bitte«, sagte ich.
    Gabriele fixierte mich ernst durch die Gläser ihrer Brille. »Wir finden es nicht gut, wie du mit unseren Kindern umgehst.«
    »Ich?«, fragte ich überrascht.
    Die Mütter nickten mit dem Kopf. Besonders Maike. Sie sagte: »Du nimmst unsere Kinder nicht ernst, Elisabeth. Das stört uns.«
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    Maike seufzte tief. »Du begibst dich ständig auf ein Niveau hinab, das du unseren Kindern einfach unterstellst, weil du selber kein Kind hast. Wir möchten aber,dass du die Kinder so ernst nimmst, wie wir das auch tun. Verstehst du?«
    »Nein«, sagte ich ehrlich. »Wie sieht das denn konkret aus, wenn ich die Kinder nicht ernst nehme?«
    »Ach Gott«, sagte Maike. »Das kann man jemandem, der selber nicht Mutter ist, schwer mit Worten erklären. Aber es ist die Art, wie du mit den Kindern sprichst und wie du sie anlächelst, das ist einfach so - so - na ja, eben so, als würdest du unsere Kinder ständig unterschätzen. Im Grunde hemmst du damit ihre persönliche Weiterentwicklung.«
    Wieder nickten die anderen vernehmlich. Ich schwieg betroffen. War es am Ende möglich, dass ich mit den Kindern in einer Babysprache kommunizierte, ohne mir darüber bewusst zu sein?
    Hastig überprüfte ich in Gedanken mein Verhalten gegenüber den Kindern während der letzten halben Stunde. Tatsächlich hatte ich eben erst meinen Kopf in den Krabbeltunnel gesteckt und zu Annabell auf der anderen Seite »Kuckuck« gesagt.
    War das niveaulos? Hatte ich dem Kind damit
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