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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin
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Mentor in seiner Aschermittwochpredigt zu Recht gefordert hat, den Mönch Martinus Luther sofort und ohne Verhör mit dem Kirchenbann zu belegen.«
    Padre Antonio lächelte verbindlich, lehnte sich zurück und versuchte möglichst neutral die Wirkung seiner Darstellung zu beobachten, die sich wie ein Frosthauch über die Stimmung im Raum gelegt hatte.
    Der Patriarch schlug die Decke fester um seine Schultern, als friere ihn heftiger, dabei heizte der Kamin außerordentlich, sodass Padre Antonio bereits der Schweiß auf der Stirn stand. Alsdann blies er spöttisch durch die Nase.
    »Ihr dient also einem Medici!«
    »Dem Papst und Führer der Christenheit«, antwortete Padre Antonio ernst.
    Der Patriarch nickte. »Ihr wisst, warum man Euch geschickt hat?«, begann der Bischof ohne Umschweife.
    Natürlich wusste er, wozu er hier war. Die Venezianer hatten vor vier Jahren ein neues Amt eingerichtet, die Provveditori supra monasteri , ein Staatsamt mit besonderer Verantwortlichkeitfür die Angelegenheiten vor allem der Nonnenklöster in Venedig. Klöster jeder Art unterstanden jedoch nicht dem Staat, sondern der Kirche – und damit dem Papst. Ein Grund mehr, sich die disziplinäre Aufsicht nicht aus der Hand nehmen zu lassen, den Venezianern ein wenig auf die Finger zu schauen und, wenn es nötig sein sollte, auch zu klopfen. Weil der derzeitige Patriarch dies mit zu wenig Strenge besorgte, schickte man ihn.
    »Nein«, sagte der Pater dennoch kühl, »aber Euer Eminenz werden es mir erklären können.«
    »Oh, ich dachte, Ihr würdet mir deuten, was Rom sich denkt.« »Der Heilige Stuhl ergeht sich nicht gern in Rechtfertigungen.« Bedauernd hob Padre Antonio die Schultern. Zu leicht wollte er es dem Patriarchen nicht machen.
    Querine zierte sich etwas, dann hob er den Blick. Etwas Lauerndes lag darin, und der Pater fragte sich, was der Bischof von ihm erwartete.
    »Es gibt Klagen über den lockeren Umgang der Klöster mit dem Gelübde der Keuschheit und mit dem Gehorsam gegenüber der Observanz, Padre Antonio.«
    Der Pater nickte, dann beugte er sich vor.
    »So viel kann ich ergänzen, Eminenz: Man vernimmt bis nach Rom, dass Frauen sich der Fesseln der Klausur entledigen, sich Männer nehmen und nach dem neuen Ritus dieses Ketzers Luther heiraten.«
    Der Bischof sah überrascht auf, und Padre Antonio registrierte eine unumwundene Verblüffung. Er hatte also anderes erwartet, dieser schauspielernde Patriarch.
    »Es bestehen Befürchtungen«, fuhr er fort, »die Frauenklöster der Stadt könnten sich aufgrund ihrer Art des Umgangs mit der Berufung zur Keuschheit und dem Leben in der Klausur der Protestbewegung anschließen, die sich von Deutschland ausbreitet.«
    Beinahe amüsiert unterbrach ihn Gerolamo Querine: »Oh ja,es herrschen Unzucht und Ungebärdigkeit unter den Frauen, die für unsere Mutter Kirche den Schleier genommen haben. Wir sind aufgerufen, die Unsitten, die sich unter den Nonnen verbreitet haben, aufzudecken und einzudämmen.« Er lächelte spöttisch. »Mit harter ... äh ... Hand ...«
    Dieses vorsichtige Abtasten langweilte Padre Antonio. Er würde einen Stachel setzen müssen. Einen schmerzhaften Dorn, der den Patriarchen aus seiner Decke holen würde.
    »Man hat mich beauftragt, den Sumpf auszutrocknen, der sich in den Frauenkonventen gebildet hat, und für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. Dafür müssen wir die Klöster besuchen! In Form einer Visitation.«
    Der Patriarch, ein Mann in den Vierzigern, dessen straffe Züge von bester körperlicher Gesundheit berichteten, klatschte in die Hände. »Trinkt ein wenig Wein zum Aufwärmen. Esst einen Bissen. Fühlt Euch wohl.« Der barfüßige Mönch patschte herein, und Querine befahl Wein und Oliven und Schinken für ein bescheidenes Frühstück. »Wann wollt Ihr beginnen? Morgen? Übermorgen? Nächste Woche? Die Nonnen laufen uns ja nicht davon. In San Zaccaria, ganz hier in der Nähe? Oder in San Giorgio dei Greci im Bezirk San Marco? Wo wollt Ihr zuerst gegen diese Ketzerlehre das Kreuz des wahren Glaubens aufrichten?«
    Padre Antonio wartete, bis aufgetragen war. Die Mimik des Patriarchen war wie eine Maske. Innerlich amüsierte sich der Pater. Er würde diese Maske schon zum Verrutschen bringen. Sie gaben einander Bescheid und ließen die Gläser klingen, dann erst gab er Antwort, das Glas in der Rechten.
    »Wir sollten mit dem Frauenkloster San Lorenzo beginnen!«, sagte Padre Antonio und beobachtete dabei über den Glasrand hinweg die
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