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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss
Autoren: Michel Birbæk
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Wasser. Nachdem der Köbes das gepflegt kommentiert hat, bringt er uns die Getränke. Er stellt das Wasser mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck vor Rene ab und erkundigt sich nach ihrem Wohlbefinden. Sie sagt, sie sei schwanger. Er sagt, dass er sich nicht an sie erinnere. Sie sagt, das hinge mit seinem weiten Heimweg nach Düsseldorf zusammen. Er schweigt kurz, was bei einem Köbes selten vorkommt. Schließlich verabschiedet er sich mit einem schlappen Mit-dem-Zeug-wasch-ich-meine-Füße-Spruch. Das Touristenpaar an unserem Tisch freut sich über das Stück Lokalkolorit.
    Rene hebt ihr Glas.
    »Auf uns.« Sie stößt ihr Glas gegen meines, trinkt einen Schluck, setzt es wieder ab, lehnt sich zurück und mustert mich. »Trottel. Wieso hast du dich nie gemeldet?«
    »Du weißt, wieso.«
    »Ja, aber nie wieder ?«
    Ich hebe die Schultern und lasse sie wieder fallen.
    »Tut mir leid. Ich wollte damals einfach …« Tja, was wollte ich eigentlich? »Ich brauchte Abstand. Ich habe versucht, dich zu erreichen, aber deine Handynummer war abgemeldet und deine Mailadresse funktionierte nicht mehr.«
    Sie gibt ein Geräusch von sich, als hätte ich eine Quizfrage falsch beantwortet.
    »Es ist heutzutage absolut unmöglich, jemanden nicht wiederzufinden. Außerdem hättest du jederzeit meine Eltern anrufen können.«
    »Wohnen sie immer noch da?«, lenke ich ab.
    Sie nickt.
    »Sie bleiben auch da. Mama geht’s nicht gut, sie hat Brustkrebs.«
    »Scheiße. Schlimm?«
    Sie atmet tief ein und schaut weg. Ich lege meine Hand auf ihre.
    »Tut mir leid.«
    Als sie mich wieder ansieht, sind ihre Augen trocken.
    »Und du? Bist du drüber weg?«
    »Geht so, aber ich werde es überleben, ist ja nicht meine erste Trennung.«
    Sie runzelt die Stirn, lässt mir aber den Themenwechsel durchgehen.
    »Frisch getrennt?«
    Ich nicke.
    »Irgendwie hab ich es nicht so mit langen Beziehungen.«
    »Hat sich ja echt viel geändert«, sagt sie und grinst leicht.
    Ich gebe ihrer Hand einen Klaps.
    »He, er war immer sehr bemüht. Und selbst? Was macht die Liebe?«
    »Och.«
    »Ah.«
    »Jaja.«
    »Tut mir leid.«
    »Und mir erst.«
    Wir grinsen uns an. Gott, tut das gut. Endlich wieder jemand, den ich kenne. Und der mich kennt. Meine Güte, Rene.
    Unser Touristenehepaar zahlt, wünscht uns einen schönen Abend und geht. Ihre Plätze werden sofort durch ein Touristenehepaar ersetzt, das genauso angezogen ist. Vielleicht ist es dasselbe, und sie haben es sich an der Tür noch mal überlegt. Während das Ehepaar umständlich beim Köbes bestellt, was dieser mit einem üblen Touri-Spruch quittiert, scannen wir uns weiter. Sie hat Falten in den Augenwinkeln bekommen. Wir werden älter. Sogar sie.
    Ihr Lächeln wird breiter.
    »Die Zeit vergeht, hm?«
    Ich lächele. Schön, dass sie weiß, was ich denke. Isa wusste es meistens nicht mal, wenn ich es sagte.
    Sie mustert mich aufmerksam.
    »Und, bist du nun darüber weg oder nicht?«
    »Klar«, sage ich, und es ist nicht mal so richtig gelogen. Meistens bin ich darüber weg, und ein- bis zweimal im Monat überfällt mich die Vergangenheit. Manchmal für einen Augenblick, manchmal für eine Stunde, manchmal für einen Tag, aber irgendwann verzieht sich die Wolke wieder. »Mir geht’s gut, wenn ich nicht gerade nach Hause komme und eine halb leere Wohnung vorfinde.«
    »Autsch«, sagt sie und lässt mir zum zweiten Mal einen Themenwechsel durchgehen. »Wieso hat sie dich verlassen? Gab es einen anderen?«
    Ich nicke.
    »Einen Sportler.«
    Sie lächelt.
    »Und was hat er, was du nicht hast, also bis auf einen durchtrainierten Körper und tolle Ausdauerwerte?«
    »Prima Spermien.«
    Ihr Lächeln verschwindet, und ihre Augen wirken plötzlich dunkler.
    »Im Ernst?«
    Ich nicke.
    »Ich bin zeugungsunfähig.«
    Jetzt ist sie dran, ihre Hand auf meine zu legen.
    »Tut mir leid.«
    Ich zucke die Schultern.
    »Hat auch Vorteile. Wäre ich zeugungsfähig, hätte ich jetzt Kinder mit Isa, denn sie wollte welche, und wir haben nie verhütet. Das wären weitere tolle Besuchsrechtsfälle fürs Jugendamt geworden. Und du …« Ich nicke zu ihrem Bauch. »Kennst du den Vater?«
    Sie schaut mich einen Moment lang überrascht an, dann lacht sie.
    »Ja, du Trottel, natürlich kenne ich den Vater.«
    »Und wie ist er so?«
    »Weg«, sagt sie trocken. »Wir haben uns getrennt. Ich werde die Kinder alleine großziehen.«
    Ich hebe die Augenbrauen.
    »Plural?«
    »Oh ja«, sagt sie und strahlt mich an. »Ich habe eine
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