Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde
Autoren: Vonda N. McIntyre
Vom Netzwerk:
»Ich muß noch einmal zurück in den Palast.«
    Hikaru sagte nichts, und auch Mischa zögerte. Dann seufzte sie. »Subeins ...«
    »Nicht Subeins!« Er brach ab. Wie sollte er sie glauben machen, daß er die bedrückende Beziehung zu seinem Pseudozygoten abgebrochen hatte? »Nein, nicht wegen Subeins«, wiederholte er.
    »Wir haben unseren Teil der Vereinbarung eingehalten«, sagte Hikaru. »Nun sind Sie an der Reihe.«
    »Sie verstehen nicht ....« Er merkte, wie er bis unter die Haarwurzeln errötete. Er war noch nie errötet. Es schien ihm unmöglich, auszusprechen, was er meinte. »Es ist, weil ich frei bin und die Verpflichtung habe, meinerseits Freiheit zu geben ...«
    »Wovon reden Sie?«
    Er wußte, daß seine ausweichenden Erklärungen nur geeignet waren, andere Leute zu verärgern, doch in diesem Fall konnte er nicht direkter werden. »Dieses verrückte Mädchen hat sich in den Besitz meiner Waffe gebracht und mich zum überstürzten Verlassen meiner Räume gezwungen«, sagte er zu Hikaru. »Inzwischen wird sie vielleicht eingesehen haben, daß sie mich nicht töten darf, wenn sie die Erde verlassen will.« Galathea wird denken, sie sei mir gleichgültig geworden, dachte er.
    »Dann beeilen Sie sich!« sagte Mischa zornig. »Wir werden nie von hier wegkommen, wenn Sie sich nicht beeilen. Aber zuerst müssen Sie uns an Bord bringen.«
    Er nickte und nahm Anzug und Helm vom Haken. »Du willst ohne mich fort, Bruder?«
    Subeins, schmutzig und abgerissen und halbnackt, stand im Eingang des Blockhauses. Mischa hatte die Lanze hochgerissen und zielte auf ihn, aber er ignorierte sie. »Wie konntest du mich im Stich lassen, Bruder?«
    Subzwei wußte, daß der Kummer falsch war: Er überlagerte Triumph und Belustigung. Lange starrte er seinen Pseudozygoten an. Die Ähnlichkeiten, die er zwischen sich und ihm gesehen hatte, waren fort, ausgelöscht; wären welche geblieben, so würden sie vom Schmutz und dem ungekämmt herabhängenden Haar und dem furchtbaren Lächeln überdeckt worden sein.
    »Du setztest den Prozeß in Gang«, sagte Subzwei. »Du löstest dich von mir.«
    »Nein«, sagte Subeins leise. »Wir sind noch immer eins.« Er trat auf Subzwei zu, blickte ihn ruhig aus seinen tiefen, dunklen Augen an. »Die Verbindung ist da. Ich fühle, was du fühlst.«
    »Nichts da!« rief Subzwei, als Mischa sich seitwärts bewegte, als suchte sie eine günstigere Schußposition. »Wir haben ein Abkommen geschlossen. Du darfst ihn nicht töten.«
    »Ich sagte, wenn er mich nicht dazu zwingt.«
    »Er hat dich nicht gezwungen«, entgegnete Subzwei. Wieder wandte er sich seinem einstigen Partner zu. »Sie ist dazu imstande«, sagte er. »Sie ist dazu entschlossen.«
    »Was wird aus dir, wenn ich sterbe?« Subeins ließ seinen Oberkörper wie eine Schlange vor ihm pendeln. »Dein Blut wird wie das meinige kochen, und das Gehirn wird dir im Schädel explodieren ...« Er kam näher, bis Subzwei seinen Schweißgeruch in die Nase bekam und die winzigen, blassen Farbflecken in den schwarzen Regenbogenhäuten seiner Augen sehen konnte. Subeins' hypnotische Stimme dröhnte eintönig weiter, bis Subzwei zu glauben geneigt war, daß sie zusammen sterben würden.
    »Ich habe mein Wort gegeben ...«
    »Was ist dein Wort für Diebe und Mörder?«
    Subeins' dunkler Blick saugte die Bedeutung aus Subzweis unausgesprochenem Protest.
    »Wir haben keine andere Wahl«, sagte Subzwei endlich. Traurigkeit überwältigte ihn, daß er beinahe die Person verlassen hätte, die ihm im Universum am nächsten stand, daß er drauf und dran gewesen war, diesen seinen Partner hier auf einer gottverlassenen, sterbenden Welt auszusetzen ... Was hätte geschehen können, wäre es wirklich zur Trennung gekommen? Er konnte sich vorstellen, daß die Raumzeit zu einer einzigen Dimension zusammenbrach, zu einem dimensionslosen Punkt.
    »Ja, verweigere dich ihnen!« sagte Subeins. »Sie können dich nicht töten.«
    »Ich kann«, sagte Mischa ruhig. »Wenn Sie Ihr Versprechen nicht halten wollen, habe ich nichts zu verlieren.«
    Subeins lachte; ein wirkliches Lachen, nicht das höfliche, leise Lachen, das er sich aus psychologischen Gründen angewöhnt hatte. Aber es war häßlich und rauh. »Du hast noch dein Leben«, sagte er zu Mischa. »Geh hin, woher du gekommen bist, und ich lasse es dir.«
    Subzwei öffnete den Mund, um zu erklären, warum er so handeln mußte, wie er es tat, um klarzumachen, daß es Verpflichtungen gab, die gegenüber bloßen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher