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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Autoren: Stephen King
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VORWORT
    Im Jahr 1972 kam ich eines Tages nach Hause, da saß meine Frau mit einer Gartenschere am Küchentisch. Sie lächelte, was darauf schließen ließ, dass mich nicht allzu viel Ärger erwartete; andererseits verlangte sie die Herausgabe meiner Geldbörse. Das klang nicht gut.
    Trotzdem gab ich sie ihr. Sie wühlte meine Tankkreditkarte von Texaco heraus – damals wie heute bekamen Jungverheiratete solches Zeug routinemäßig unverlangt zugeschickt – und zerschnitt sie prompt in drei große Stücke. Als ich protestierte, die Karte sei sehr praktisch gewesen und wir hätten am Monatsende immer wenigstens die Mindestzahlung geleistet (manchmal mehr), schüttelte sie nur den Kopf und erklärte mir, die Kreditzinsen seien mehr, als unser fragiles Familienunternehmen tragen könne.
    »Lieber die Versuchung abschaffen«, sagte sie. »Meine habe ich schon zerschnitten.«
    Und das war’s dann. In den folgenden zwei Jahren besaß keiner von uns beiden mehr eine Kreditkarte.
    Es war richtig, es war clever gewesen, das zu tun, denn damals waren wir Anfang zwanzig und hatten zwei Kinder zu versorgen; finanziell schafften wir es so eben, uns über Wasser zu halten. Ich unterrichtete Englisch an einer Highschool und arbeitete im Sommer in einer Großwäscherei, wusch Motelbettwäsche und fuhr sie gelegentlich mit einem Lieferwagen zu diesen Motels. Tabby versorgte tagsüber die Kinder, schrieb Gedichte, während die ihren Mittagsschlaf hielten, und arbeitete eine volle Schicht bei Dunkin’ Donuts, sobald ich aus der Schule heimkam. Unser gemeinsames Einkommen genügte, um die Miete zu zahlen, Lebensmittel zu kaufen und unseren kleinen Sohn mit Windeln zu versorgen, aber es reichte nicht für ein Telefon; das schafften wir ebenso ab wie die Texaco-Karte. Die Versuchung, mit jemandem ein Ferngespräch zu führen, wäre zu groß gewesen.Wir behielten genug übrig, um gelegentlich Bücher zu kaufen – keiner von uns konnte ohne sie leben – und meine schlechten Angewohnheiten (Bier und Zigaretten) zu bezahlen, aber kaum mehr als das. Ganz sicher hatten wir nicht das Geld, um für das Vorrecht, dieses praktische, aber letztlich gefährliche Plastikkärtchen zu besitzen, Kreditzinsen bezahlen zu können.
    Was wir an überschüssigem Einkommen hatten, ging meistens für Dinge wie Autoreparaturen, Arztrechnungen oder Sachen drauf, die Tabby und ich »Kinderscheiß« nannten: Spielzeug, einen Laufstall aus zweiter Hand, ein paar dieser ärgerlichen Richard-Scarry-Bücher. Und dieses bisschen zusätzliche Geld kam oft durch die Kurzgeschichten herein, die ich Herrenmagazinen wie Cavalier, Dude und Adam verkaufen konnte. In jenen Tagen ging es nie darum, Literatur zu schreiben, und jede Diskussion über den »bleibenden Wert« meines Zeugs wäre ein ebenso großer Luxus wie diese Texaco-Karte gewesen. Wenn die Storys sich verkauften (was sie nicht immer taten), bedeuteten sie einfach ein willkommenes kleines Zusatzeinkommen. Ich betrachtete sie als eine Reihe Piñatas, an die ich statt mit einem Stock mit einer Schreibmaschine schlug. Manchmal platzten sie und ließen ein paar Hundert Dollar herabregnen. Ein andermal taten sie es nicht.
    Zum Glück für mich – man glaube mir, dass ich in mehr als nur dieser Beziehung ein äußerst glückliches Leben geführt habe – war meine Arbeit auch mein Vergnügen. Ich amüsierte mich bei den meisten dieser Storys, hatte einen Riesenspaß dabei. Sie kamen eine nach der anderen wie die Hits des Rock-Senders auf Mittelwelle, der in der Kombination aus Arbeitszimmer und Wäscheraum, in dem ich sie schrieb, ständig lief.
    Ich schrieb sie schnell und zügig, sah sie mir nach dem zweiten Umschreiben kaum jemals wieder an und kam nie auf den Gedanken, mich etwa zu fragen, woher sie kamen, wie die Struktur einer guten Kurzgeschichte sich von der eines Romans unterschied oder wie man Dinge wie Personenentwicklung, Rückblenden und Zeitrahmen managte. Ich flog lediglich nach Gefühl, hatte nichts als meine Intuition und jugendliches Selbstvertrauen. Mich kümmerte nur, dass der Strom nicht versiegte. Das war alles, was mich zu kümmern brauchte. Jedenfalls kam ich niemals auf die Idee, das Schreiben von Kurzgeschichten sei eine delikate Kunst, die man vergessen könne, wenn man sie nicht fast ständig übe. Damals kam sie mir keineswegs delikat vor. Die meisten dieser Storys kamen mir wie Planierraupen vor.
    Viele amerikanische Bestsellerautoren schreiben keine Kurzgeschichten. Ich bezweifle,
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