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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Autoren: Stephen King
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zurück. »Das wär nicht dasselbe, das weißt du genau. In San Francisco trinken sie wahrscheinlich … keine Ahnung … makrobiotisches Bier.«
    Das brachte ihn zum Lachen. Wie bei der Vorstellung von einem Investmentbanker, der Wolf Bezwinger hieß, war die Vorstellung von makrobiotischem Bier einfach zu komisch. Doch bei aller Heiterkeit blieb die Unruhe; fachte sie die Heiterkeit nicht sogar noch an?
    »Wir machen eine kurze Pause und sind gleich wieder da«, sagte der Sänger und wischte sich über die Stirn. »Kippt jetzt alle schön einen, und vergesst nicht – ich bin Toni Villanueva, und wir sind The Derailers.«
    »Das ist unser Stichwort, in unsere gläsernen Schühchen zu schlüpfen und abzuzwitschern«, sagte David und ergriff ihre Hand. Er stand auf, aber sie machte keine Anstalten, es ihm gleichzutun. Sie ließ allerdings auch seine Hand nicht los, also setzte er sich mit einem leichten Anflug von Panik wieder. Jetzt wusste er, sagte er sich, wie es einem Fisch ging, wenn er merkte, dass er den Haken nicht mehr los wurde, dass er festhing und am Ufer landen würde, wo alles Zappeln umsonst war. Sie sah ihn mit diesen mörderisch blauen Augen und ihren tiefen Grübchen an:Willa am Rande eines Lächelns, seine zukünftige Frau, die vormittags Romane und abends Gedichte las und die Fernsehnachrichten – wie war das nochmal? – als Eintagsfliegen bezeichnete.
    »Schau uns an«, sagte sie und wandte den Kopf von ihm ab.
    Er blickte in die Spiegelwand zu ihrer Linken. Dort sah er ein nettes junges Pärchen von der Ostküste, das in Wyoming festsaß. In ihrem geblümten Kleid sah sie besser aus als er, aber er nahm an, dass dies immer der Fall sein würde. Fragend blickte er von der Spiegel-Willa zur echten zurück.
    »Nein, schau nochmal hin«, sagte sie. Die Grübchen waren noch da, aber sie wirkte jetzt ernst – so ernst jedenfalls, wie sie es in dieser Partystimmung sein konnte. »Und denk dran, was ich dir gesagt habe.«
    Es lag ihm auf der Zunge zu erwidern, du hast mir vieles gesagt, und ich denke ständig darüber nach, aber das war die Antwort eines Liebenden, nett und im Grunde belanglos. Und weil er wusste, worauf sie anspielte, blickte er noch einmal in den Spiegel, ohne etwas zu sagen. Diesmal sah er wirklich hin, und im Spiegel war niemand. Er blickte auf die einzige leere Nische im 26. Er wandte sich zu Willa um, entgeistert … aber irgendwie nicht überrascht.
    »Hast du dich denn nicht gewundert, wie ein vorzeigbares Frauenzimmer hier ganz unbehelligt sitzen kann, wenn alle rundrum saufen, was das Zeug hält?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. Nein, hatte er nicht. Er hatte sich manches nicht überlegt, zumindest bis jetzt.Wann er zum Beispiel das letzte Mal etwas gegessen oder getrunken hatte. Oder wie spät es war, oder wann es zuletzt Tag gewesen war. Er wusste nicht einmal genau, was ihnen überhaupt zugestoßen war. Nur dass der Northern Flyer aus den Gleisen gesprungen war und sie durch irgendeinen Zufall nun hier saßen und einer Country-Gruppe zuhörten …
    »Ich hab eine Bierdose vor mir hergekickt«, sagte er, »vorhin auf der Straße.«
    »Ja«, sagte sie, »und du hast uns im Spiegel gesehen, als du das erste Mal hingeschaut hast, oder? Wahrnehmung ist nicht alles, aber Wahrnehmung gepaart mit Erwartung?« Sie zwinkerte und beugte sich zu ihm vor. Ihre Brust drückte gegen seinen Oberarm, als sie ihn auf die Wange küsste, und das Gefühl war höchst angenehm – so konnte sich doch nur lebendiges Fleisch anfühlen. »Armer David. Es tut mir leid. Aber es war mutig von dir herzukommen. Ehrlich, ich hab’s dir gar nicht zugetraut.«
    »Wir müssen zurück und es den anderen sagen.«
    Sie kniff die Lippen zusammen. »Wieso?«
    »Weil …«
    Zwei Männer mit Cowboyhut geleiteten zwei lachende Frauen mit Pferdeschwanz auf ihre Nische zu. Als sie näher kamen, zeigten ihre Mienen auf einmal alle den gleichen verwirrten Ausdruck – es war nicht richtig Angst -, und sie kehrten zum Tresen zurück. Sie spüren uns, dachte David. Wie ein kalter Luftzug, der sie vertreibt – das sind wir jetzt.
    »Weil es das Richtige ist.«
    Willa lachte. Es klang müde. »Du erinnerst mich an den alten Knaben aus der Fernsehwerbung für Haferflocken.«
    »Schatz, sie glauben, dass sie auf einen Zug warten, der sie abholen kommt!«
    »Na, vielleicht kommt ja einer!« Ihre plötzliche Heftigkeit ängstigte ihn fast. »Vielleicht der, von dem sie immer singen, der Gospelzug, der Zug ins Heil,
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