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Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel

Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel

Titel: Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel
Autoren: Erich Weidinger
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Ausbreitung des Glaubens ging die Verkündigung auch von Menschen aus, die sich auf die Berichte der Augenzeugen berufen mußten.
    Es wurde begonnen, die Geschehnisse aufzuzeichnen und den Gemeinden als beglaubigte Zeugnisse zur Verfügung zu stellen. Umfassend und verläßlich sollten die Berichte sein, aber schon Johannes zweifelt im Nachwort seines Evange liums an der Vollständigkeit der Aussagen (Johannes 20,24). Lukas spricht von vielen, die sich ebenfalls bemühten, > ... über das, was sich unter uns zugetragen hat, einen Bericht abzufassen<
    (Lukas 1,1). Es kursierten also viele Texte in den frühchristlichen Gemeinden. Mit der Herausbildung der Kirche als Organisation, wozu auch die Einheit in Lehre und Kult gehörte, begann die neutestamentliche Kanonbildung. Ein Teil der Schriften wurde von den Kirchenlehrern zu einem Kanon zusammengestellt, alles übrige für falsch, häretisch und verwerflich erklärt.
    Über das Zustandekommen des Kanons berichtet eine Legende: Alle Bücher wurden vor einem Altar aufgestapelt. Da sprangen die kanonischen auf den Altar, die apokryphen dagegen blieben machtlos liegen.
    Der Prozeß der Kanonbildung zog sich in Wirklichkeit über Jahrhunderte hin und wurde erst auf dem Konzil von Trient, (1546) endgültig abgeschlossen.
    Ebensowenig schnell ließen sich die verworfenen, jetzt mit dem Neuen Testament konkurrierenden Bücher verdrängen. Indes wurde mit zunehmender Festigung des Kanons auch die rigide Haltung den abgelehnten Büchern gegenüber lockerer, hatten doch die Kirchenväter sie geschätzt und daraus zitiert. Und gegen ihren Gebrauch als fromme Erbauungsliteratur war nichts einzuwenden, solange der Kanon der Bibel als einzige richtungweisende Grundlage des Glaubens akzeptiert wurde. Beinhalten die Apokryphen, nach Meinung ihrer damaligen Befürworter, ja nichts gegen den Glauben Gerichtetes. Im Gegenteil! Sie unterstützen die kanonischen Schriften durch interessante Mitteilungen, ergänzen die an manchen Stellen kärglichen Evangelien. So berichten sie ausführlich über das Leben Mariens, die Kindheit Jesu, sein Leiden und Sterben, über seine Höllenfahrt und Auferstehung sowie über die Taten der Apostel. Sie ordnen die Geschehnisse in einen zeitlichen Rahmen ein und beseitigen dadurch manche Unklarheit. Theologische Tendenzen, aufrichtige Frömmigkeit und tiefe Glau-benserlebnisse sind auch in diesen Texten enthalten.
    In diesem Sinne konnte beides, Bibel und apokryphe Schriften, als Quelle für die Literatur und als Grundlage der bildenden Kunst herangezogen werden. Am nachhaltigsten hat das Jakobusevangelium, seit dem 16. Jh. auch Protevange lium des Jakobus genannt, auf 184
    Volksfrömmigkeit, Literatur und bildende Kunst, ja sogar auf die Theologie des Abendlandes gewirkt. Obwohl die Kirche schon früh diese in der Mitte des 2. Jh. entstandene Schrift als nichtkanonisch ein stufte, wurde sie viel zitiert und war äußerst beliebt.
    Im Mittelpunkt des Textes steht Maria, und fast alles, was wir über sie aussagen können, entstammt dieser Schrift oder deren Bearbeitung: dem sogenannten Pseudo-Matthäusevangelium. Dieses im 6. Jh. zusammengestellte Buch bringt über den Stoff des Protevangeliums hinaus, noch wundersame Geschichten von der Flucht nach Ägypten und Begebenheiten aus der frühen Kindheit Jesu.
    Die Wirkung beider Texte für das christliche Abendland, vor allem des Pseudo Matthäusevangeliums, war so intensiv, daß sogar die Liturgie der Kirche davon beeinflußt wurde. Das noch heute am 21. November gefeierte Fest Maria Opfergang erinnert an den Tempelgang Mariens, eine Szene, die nur die Apokryphen berichten. Populär wurden die Apokryphen im Mittelalter durch die religiösen Volksbücher. Petrus Comestor nahm Teile in seine Historia scholastica auf, und Vincent von Beauvais überarbeitete sie für sein Speculum historiale.
    Die beste Propaganda schrift jedoch war die zwischen 1263 und 1273 entstandene Legenda aurea des Dominikaners Jacobus de Voragine.
    Die volkstümlich, aber in gutem Stil geschriebene Heiligenlegende bezieht sich sehr stark auf die Apokryphen. Die Legenda aurea war im abendländischen Mittelalter fast so verbreitet wie die Bibel.
    In der bildenden Kunst orientierte man sich zunächst an der byzantinischen Kunst und nahm damit auch Motive aus den Apokryphen auf. In der Kirche des Ostens waren diese Texte bereits weit verbreitet und wurden hockgeschätzt. Später entlehnte man die Motive oder Bildfolgen direkt aus den
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