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Die Apfelprinzessin

Die Apfelprinzessin

Titel: Die Apfelprinzessin
Autoren: Jenny Han
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ihr, was? Ich habe mich heute als Apfelprinzessin beworben. Ich hab eine Rede darüber gehalten, was so besonders an Bramley ist, und ich glaube, siewar ganz gut«, fügte ich hinzu, gab mir aber Mühe, dass es nicht zu eingebildet klang.
    »Wirklich, Clara? Das ist ja wundervoll, Schätzchen«, sagte Mama und legte Emmeline noch einen Hähnchenflügel auf den Teller.
    Opa strahlte mich an und sagte: »Ich bin so stolz auf dich, meine mutige Clara.«
    »Na ja, ich hab ja noch nicht gewonnen«, sagte ich. Aber ich war so froh, dass ich einen großen Löffel Fischsuppe und Reis aß. »Und wenn ich wirklich gewinne, dann stehe ich am Samstag auf dem Festwagen.«
    »Deine Rede war gut, Clara Lee«, sagte Emmeline. Und dann sagte sie noch: »Mr. C. hat mir heute in Musik gesagt, ich singe wie ein Vogel.«
    Ich warf ihr einen bösen Blick zu. Das sah ihr mal wieder ähnlich – dauernd versuchte sie, mir die Schau zu stehlen.
    »Mr. C. hat gesagt, ich bin ein Star«, plapperte sie weiter. Die jüngeren Schüler nennen Mr. Charlevoix alle nur Mr. C., weil sie seinen französischen Namen nicht richtig aussprechen können.
Scharlewoa
sagt man.
    »Was hat er gesagt – ein Star?«, wiederholte ich. Erstklässler konnten doch gar nicht richtig singen, die waren doch viel zu klein. Babys waren die noch! Genau genommen gehörten sie zum Kindergarten! Was hatten die auf einer Bühne zu suchen? Was wussten die schon davon, wie ein Star sein muss?
    »M-hm«, machte sie. »Wir haben
Gänschen klein
gesungen.«
    »Das heißt nicht
Gänschen klein
, das heißt
Hänschen klein
«, verbesserte ich sie kopfschüttelnd.
    »Gar nicht«, sagte Emmeline.
    »Wo-ohl«, sagte ich und schnappte Emmeline einen ihrer Hähnchenflügel vom Teller.
    Sie funkelte mich böse an. »Gib mir sofort den Flügel zurück, Clara.«
    Ich biss schnell hinein. Heiß und saftig schmeckte er. »Geteilte Freude ist doppelte Freude – vergessen? Stimmt doch, Mama, oder?«
    Bevor Mama antworten konnte, sagte Papa: »Clara, mit jemandem teilen, heißt nicht, dass der andere sich etwas einfach nimmt. Sichetwas nehmen, ohne zu fragen, heißt stehlen.« Er aß einen Löffel Suppe und warf dabei einen Blick auf Emmelines Teller, so als hätte er auch gern einen ihrer Hähnchenflügel. »Emmeline, würdest du gern mit mir teilen? Du könntest mir einen Hähnchenflügel abgeben.«
    »Nein, danke«, antwortete Emmeline. »Und bitte sag dieser Diebin, sie soll mir mein Essen zurückgeben!«
    »Ich bin keine Diebin«, erklärte ich Papa. »Ich dachte bloß, Emmeline hätte doch bestimmt nichts dagegen, ihrer eigenen Schwester einen einzigen Hähnchenflügel abzugeben.«
    »Gib mir sofort mein Essen wieder, du Diebin!«, brüllte Emmeline. Sie lief schon rot an im Gesicht, so als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen.
    Was für ein Baby! Was für eine Heulsuse!
    »Brüll nicht so rum, Em«, sagte Mama und rieb sich die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen. »Clara, wenn du auch Hähnchenflügel möchtest, dann mache ich dir noch ein paarheiß. Aber geh nicht einfach hin und nimm deiner Schwester welche weg. Und jetzt gib ihr den Flügel zurück.«
    »Aber ich hab doch schon reingebissen«, sagte ich. »Seht ihr?« Ich hielt den Flügel hoch, damit alle ihn sehen konnten.
    »ICH WILL MEINEN FLÜGEL!«, kreischte Emmeline. Sie reckte sich über den Tisch und kniff mich in den Arm, den ich hochhielt.
    Das brachte mich nun wirklich zur Weißglut. Ich war so wütend, dass ich Emmeline den Hähnchenflügel an den Kopf schmiss. Es kam einfach so über mich. Der Flügel prallte an ihrem Kopf ab und landete auf ihrem Teller.
    »CLARA LEE!«, schrie Mama.
    »Du sagst doch immer, man soll nicht schreien, Uhmma«, sagte ich und sah sie groß an. Uhmma nenne ich sie, wenn ich weiß, gleich gibt’s was. Und mit
was
meine ich: Ärger.
    Opa sagte: »Clara-ja, du bist ein sehr böses Mädchen heute Abend.« Seine Mundwinkelzeigten nach unten, und er sah aus wie ein trauriger alter Mann. Vor allem sah er müde aus. So als wünschte er sich vielleicht, in einem Haus ganz für sich allein zu leben.
    Mir kamen die Tränen. Ich fand es ganz furchtbar, diejenige zu sein, die schuld an Opas hängenden Mundwinkeln war. Wieso ich? Wieso konnte nicht Emmeline daran schuld sein, dass er so traurig und müde aussah? Es war alles ihre Schuld, sie hatte mich einfach unterbrochen, als ich von der Apfelprinzessin erzählte.
    »Wenn du so weitermachst, kannst du in deinem Zimmer zu Ende essen«, sagte
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