Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade
Autoren: Kiernan Celine
Vom Netzwerk:
Dichte Schatten
    W ynter beugte sich tiefer über Ozkars Hals und senkte den Kopf, damit die dunkle Hutkrempe ihre Augen verbarg. Unruhig tänzelte der Hengst unter ihr und versuchte, sich rückwärts aus ihrem Versteck zu schieben. Er konnte Wynters Furcht spüren, und das flößte auch ihm Angst ein. Sie raunte Ozkar besänftigende Worte ins Ohr und streichelte ihm die Schulter, doch er schüttelte die Mähne, schnaubte und stampfte laut mit dem Huf auf.
    Die Männer zwischen den Bäumen kamen näher. Angestrengt lauschte Wynter auf die Schritte ihrer Pferde, und als die Geräusche lauter wurden, zog sie sich vorsichtig weiter in die Deckung zurück. Sie konnte kaum fassen, wie leicht sich diese Reiter ihrer Aufmerksamkeit entzogen hatten. Der Wald war hier so dicht und dunkel, dass Wynter sie vielleicht überhaupt nicht bemerkt hätte, wären sie nicht so töricht gewesen, eine Pfeife anzuzünden, deren üppiges Tabakaroma sie vor ihnen gewarnt hatte. Bestürzt begriff Wynter, dass sie und diese Männer möglicherweise seit Tagen nebeneinanderher in die gleiche Richtung ritten, ohne einander wahrzunehmen, da die Pferde der Fremden den Klang von Ozkars Hufen aufhoben und umgekehrt.
    Schon machte Wynter Anstalten, sich aufzurichten, um durch die Äste zu spähen, da ertönte ein leiser Pfiff von der
Straße, und sie zog rasch den Kopf wieder ein. Ihr Herz pochte heftig. Die Männer verharrten einen Augenblick, dann pfiffen sie eine Antwortmelodie und trieben ihre Pferde zu Wynters Entsetzen durch das Dickicht genau auf sie zu.
    Sie kamen beängstigend nahe – der Drang, den Kopf zu heben und einen Blick zu wagen, war beinahe unwiderstehlich. Doch schon eine einzige unbedachte Bewegung konnte sie verraten, also hielt sie die Augen fest geschlossen und rührte sich nicht. Langsam zogen die Fremden an ihr vorbei und lenkten ihre Pferde eine steile Böschung hinab außer Sicht.
    Leise ließ Wynter Ozkar zur Seite treten, damit sie ihren Abstieg zur Straße beobachten konnte.
    Die Köpfe der Männer befanden sich bereits weit unter ihr und wechselten gerade aus dem Schatten in den unbarmherzigen Sonnenschein. Auf der Straße angekommen, zügelten sie ihre Pferde und sahen erwartungsvoll in den gegenüberliegenden Wald. Wynter folgte ihrem Blick und kauerte sich unwillkürlich wieder zusammen, als sie vier weitere Reiter auf dem Abhang entdeckte. Sobald die Neuankömmlinge die Straße erreicht hatten, nahmen die beiden ersten Männer die dunklen Hüte ab und enthüllten ihre Gesichter: Es waren Comberer – ihre mit Harz eingeriebenen Haare und Bärte glitzerten in der Sonne. Misstrauisch blinzelten sie die vier von der anderen Seite an, und einer rief auf Südlandisch, der in Jonathons Königreich gesprochenen Sprache: »So weit?«
    Die Neuankömmlinge entgegneten: »Und noch nicht angekommen?«
    Allgemeine Erleichterung machte sich breit, und Wynter prägte sich diese Losung und die vorausgegangenen Pfiffe ins Gedächtnis ein.

    Nun fragte der kleinere der Comberer: »Ich nehme an, dass wir dieselbe Richtung haben?«
    »Möglich ist alles«, gab einer der vier fremden Reiter ausweichend zurück. Dann entledigten sie sich ihrer Kopfbedeckungen, und Wynter überlief ein ängstlicher Schauer. Sie waren Haunardier! Krieger, der Unmenge schimmernder Waffen nach zu urteilen. Lautlos lehnte sie sich in ihrem Sattel vor, um besser sehen zu können. Noch nie war Wynter Haunardiern in Fleisch und Blut begegnet, doch ihre Wildheit und Verschlagenheit waren berüchtigt. Die schmalen, leicht schräg gestellten Augen waren schwarz wie die Nacht, und sie betrachteten die Comberer verächtlich, die honigfarbenen Mienen erfüllt von spöttischer Geringschätzung.
    »Diese Männer hier möchten Euch in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, dass Ihr nicht allzu geschickt darin seid, Euch zu verbergen«, höhnte der Jüngste der vier. »Welcher Narr hat solch ein Verlangen nach einer Pfeife Tabaks?«
    Die Comberer warfen einander einen kurzen Blick zu, dann schob sich der Größere allmählich wieder dichter an die Bäume heran, die Pfeife fest zwischen die Zähne geklemmt. »Bleibt Ihr einfach auf Eurer Straßenseite, dann braucht mein Rauch Euch nicht zu bekümmern«, erklärte er bestimmt.
    Die Haunardier wirkten belustigt. Sie grinsten einander an und lenkten ihre Pferde gemächlich rückwärts zum Straßenrand.
    Für Wynter war es eindeutig, dass diese Männer – wie sie selbst – im Geheimen unterwegs waren und zugunsten der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher