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Die Apfelprinzessin

Die Apfelprinzessin

Titel: Die Apfelprinzessin
Autoren: Jenny Han
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Herbst: Es wurde so blöd früh dunkel.
    »Clara Lee?« Shaynas Laubhaufen war in der Mitte, direkt zwischen Emmelines und meinem.
    »Was?«
    »Ganz bald ist schon das Apfelfest. Hast du vor, dich zu bewerben, als Apfelprinzessin?«
    »Keine Ahnung. Bis jetzt hab ich noch nicht drüber nachgedacht«, log ich.
    »Das ist gelogen, Clara Lee!«, sagte Emmeline. »Ich hab genau gesehen, wie du gestern Winken geübt hast!«
    »Man spioniert anderen Leuten nicht hinterher«, sagte ich.
    Trotzdem – sie hatte recht. Ich hatte schon ganz oft darüber nachgedacht.

Das große Apfelfest stand wirklich schon vor der Tür. Es findet jedes Jahr Anfang Oktober statt, und es ist das erste von all den vielen Festen am Ende des Jahres. Erst kommt das Apfelfest, dann Halloween, dann Erntedank und dann Weihnachten. Wir haben so ein Glück!
    Das Apfelfest bei uns in Bramley ist ein richtiges Ereignis, könnte man sagen. Auf dem Marktplatz gibt es das Apfelfischen, bei dem man mit dem Mund schwimmende Äpfel aus einer großen Wanne herausholen muss. Außerdem stehen überall Stände, an denen es kandierte und karamellisierte Äpfel gibt und natürlich alle Sorten von frischen Äpfeln, die man sich vorstellen kann. Dazu Setzlinge vom Bramley-Apfel, nach dem unsere Stadt benannt ist.
    Mit am liebsten mag ich den Wettbewerbum den besten Apfel-Nachtisch. Meistens gibt es da lauter leckere Sachen wie den Deutschen Apfelkuchen von Mrs. Kollmann, glasierte Apfeltaschen oder Donuts mit Apfelfüllung. Aber letztes Jahr hat Mrs. Novak einen Apfelkuchen gebacken, eine typisch amerikanische
Apple Pie
, doch dazu gab es Schlagsahne mit Cheddarkäse. Seitdem mache ich einen großen Bogen um Apple Pie. Opa hat sie aber geschmeckt. Er hat sich sogar noch ein zweites Stück geholt. Ich glaube, er war der einzige Mensch in der ganzen Stadt, der von dem Kuchen ein zweites Stück gewollt hat.
    Es gibt sogar einen richtigen Umzug mit Festwagen. Auf diesen Festwagen dürfen nur superwichtige Leute mitfahren. Der Bürgermeister fährt auf einem Wagen, genau wie die Feuerwehr und der Jugendclub. Mr. Cooper, dem ein großer Laden in der Stadt gehört,
Cooper’s Drugstore
, hat sogar einen eigenen Wagen. Aber am allerwichtigsten sind die Apfelkönigin und ihre Apfelprinzessin.
    Apfelkönigin zu werden ist der großeTraum der meisten Mädchen. Nur wer schon auf die High School geht, kann Apfelkönigin werden, und die ganze Schule stimmt darüber ab, wer es wird. Dann bekommt man eine rote Schärpe und ein Diadem mit kleinen roten Äpfeln daran. Man winkt, wirft Apfelbonbons in die Menge, und alle Leute jubeln einem zu. Neben der Apfelkönigin steht die Apfelprinzessin und hält den Beutel mit den Bonbons. Sie bekommt auch eine Schärpe und ein Diadem, das ist zwar nicht ganz so elegant wie das der Königin, aber immer noch schön.
    Letztes Jahr war eine aus der Fünften Apfelprinzessin, Trudie Turner. Da ich erst in der Dritten bin, kenne ich sie nicht näher. Aber sie sah wirklich hübsch aus da oben auf dem Festwagen. Ihre Haare waren gelockt und mit einem roten Band im Nacken zusammengebunden. Apfelkönigin war ein Mädchen mit langen blonden Haaren. Sie hatte ein rotes Kleid an und rote Schuhe mit richtig hohen Absätzen. Wie ein Mädchen aus der Werbung sah sie aus.
    Wenn ich Apfelprinzessin würde, dann wüsste ich genau, was ich anziehen würde. Nämlich das Kleid, das Opa mir letztes Jahr aus Korea mitgebracht hat. Es sieht typisch koreanisch aus, der Rock hat die Farbe von Obstpunsch, dazu gehört ein weißes Oberteil mit gestreiften Ärmeln in Regenbogenfarben und – was ich am schönsten finde – einer großen Schleife. Ich hab es erst einmal angehabt, an Neujahr, und da habe ich mich gefühlt wie eine koreanische Prinzessin aus alter Zeit. Emmeline hat auch so ein Kleid, aber mit einem dunkelblauen Oberteil. Ich sehe es fast vor mir: ich, in meinem koreanischen Kleid, oben auf dem Festwagen.
    Die Wahl läuft so ab: Alle Schüler der Schule kommen in die Aula, und die Bewerberinnen müssen vor allen eine Rede halten. Selbst wenn man erst in der zweiten Klasse ist, muss man gegen die aus der Fünften antreten. So ist die Regel. Letztes Jahr habe ich mich noch nicht getraut. Mich vor alle Leute hinzustellen und so eine Rede zu halten, das ist nicht mein Ding. Ich wäre gern Apfelprinzessingeworden, so gern, aber wegen dieser blöden Rede bin ich nicht angetreten. Sonst bin ich wirklich mutig, im Schwimmbad springe ich immer vom Fünfmeterbrett, nie
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