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Die Apfelprinzessin

Die Apfelprinzessin

Titel: Die Apfelprinzessin
Autoren: Jenny Han
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braucht, und sie sagen auch nie, man soll still sein.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich mir: Unsere Stadt war wirklich etwas Besonderes. Andere Städte hatten bestimmt keinen Mr. Cooper und keine Miss Colette. So lange blieb ich in der Wanne liegen und dachte nach, bis meine Finger ganz schrumpelig wurden und Emmeline an die Tür hämmerte und sagte, sie müsse mal.
    »Geh doch in Mamas und Papas Bad«, brüllte ich zurück. »Ich muss hier nachdenken.«
    Als ich irgendwann doch aus der Wanne gestiegen und wieder trocken war, schrieb ich alles auf, worüber ich nachgedacht hatte.

Am nächsten Morgen im Bus sah ich immer wieder zu Max hinüber, aber der guckte stur woanders hin. Auch Georgina schwieg mich die ganze Zeit an. Die Einzige, die mir Guten Morgen sagte, war Shayna. Ich war heilfroh, dass sie meine beste Freundin ist.
    Wenn man sich wünscht, dass die Zeit schnell vergeht, dann vergeht sie so langsam, wie Ketchup aus der Flasche tropft. Aber wenn man will, dass sie langsam vergeht, dann ist es, als hätte jemand bei der Flasche fest auf den Boden geklopft und der ganze Inhalt schießt auf einmal raus.
    Genau so ging es mir mit der Schulversammlung. Ich hätte mir gewünscht, dass der Morgen ganz langsam verging, aber ruckzuck war es auch schon Zeit, in die Aula zu gehen.
    Dionne und ich waren die einzigen Drittklässlerinnen, die gern Apfelprinzessin werden wollten. Die anderen Mädchen waren in der Vierten oder der Fünften, und sie gingen auch als Erste auf die Bühne. Von den Ältesten zu den Jüngsten, so war die Regel. Eine Fünftklässlerin redete darüber, dass Bramley eine sehr umweltbewusste Stadt sei, dass fast alle Bewohner ihren Müll ordentlich trennten. Eine Viertklässlerin erzählte, dass Bramley für seine köstlichen Äpfel berühmt sei und alle Leute in Amerika uns um unsere leckeren Äpfel beneideten.
    Ich sah mich kurz in der Aula um, und sofort schlug mein Herz dreimal oder auch viermal so schnell wie sonst. Die ganze Schule war da.

    Dionne war vor mir an der Reihe. Sie trug ein rotes Kleid und eine weiße Strumpfhose mit roten Herzchen. Beides sah nagelneu aus. Sie sah jetzt schon wie eine Apfelprinzessin aus. Wieso hatte ich nicht auch etwas Rotes angezogen?
    »Bramley«, fing sie an, »ist eine Stadt mit einer großen Tradition.« Und dann erzählte sie lang und breit von ihrem Ururgroßonkel, der die Stadt mitgegründet hatte, von ihrer Mutter, die vor vielen Jahren Apfelprinzessin war, und davon, dass sie, Dionne, die Familientradition am Leben halten wolle.
    Die Rede hörte sich wirklich gut an. Dionne zählte viele interessante Tatsachen über Bramley auf, und ich wünschte, ich hätte daran gedacht. Ich merkte ihr an, dass sie die Rede lange geübt hatte. Sie machte an den richtigen Stellen Pausen, und sie lächelte an den richtigen Stellen.
    Als Dionne fertig war, klatschten alle. Dann ging Mr. Charlevoix ans Mikrofon und sagte: »Als Nächste haben wir Clara Lee.«
    Auf einmal wurde mir ganz schlecht, und ich hatte Angst, ich müsste mich übergeben, direkt über Georgina, die auf dem Platz vor mir saß. Shayna packte meine Hand und drückte sie fest. »Viel Glück«, flüsterte sie.
    Sie nickte mir vielsagend zu, und ich schluckte und nickte auch.
    Als ich auf dem Rednerpodest stand, holte ich tief Luft und schaute hinunter in die Menge. Alle starrten mich an. Shayna sagte noch einmal stumm
Viel Glück
. Ich sah Emmeline bei den anderen Erstklässlern. Sie winkte, und ich winkte zurück.
    Ich leckte mir mit der Zunge über die Lippen. Ich wusste, ich würde es schaffen, ich hatte im Bus leise geübt. »Bramley ist so besonders für mich wegen der Menschen und wegen der Orte.« Ich holte noch einmal Luft. »Wir haben eine Leihbücherei, in der die Bibliothekare, Mrs. Shelby und Mr. Kleinfeld, nie sagen, man soll leise sein. Sie helfen einem immer, wenn man etwas sucht. Wir haben eine Buchhandlung, in der man den ganzen Tag lang sitzen und lesen kann. Wir haben einen Friseur, der einfach FRISEUR heißt und bei dem man sich schnell und für wenig Geld die Haare schneiden lassen kann, und wir haben den Salon
Colette
, wo es so rosa ist wie nirgendwo sonst, glaube ich. Wir haben die Bäckerei
Sweety Pie
, wo man immer einen Regenbogenkeks geschenkt bekommt,wenn man sagt, wie schön die Kuchen da sind. Das sind sie nämlich wirklich. Wir haben auch
Cooper’s Drugstore
, wo Mr. Cooper einem eine Limo mit Eis macht und einem dann sein Glasauge
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