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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft
Autoren: Dirk van Den Boom
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begann, habe ich meinen Gratian die potenziellen Gefahren einer solchen Vorgehensweise einsehen lassen.
Damit wären wir auch bereits bei der zweiten wichtigen historischen Gestalt, nämlich einem der vier katholischen Kirchenväter, Bischof Ambrosius, einem der Heiligen der Kirche. Hier besteht die Gefahr für deutliche Kritik an meiner Interpretation dieser historischen Person am augenfälligsten, denn Ambrosius ist von der Geschichtsschreibung der letztlich siegreichen Trinitarier nicht zuletzt aufgrund seiner prinzipientreuen – andere mögen das Wort »fanatischen« verwenden – Grundhaltung zur Lichtgestalt der Kirchengeschichte aufgestiegen. Ich habe ihn in meinem Roman, wenn nicht zum Antagonisten, dann aber ganz sicher nicht zu eben jener Lichtgestalt machen können, die er meiner Auffassung nach zu jener Zeit auch nicht war. Dass ich folgerichtig aus dem in der Realität eher tragischen Symmachus, dessen hartnäckiger Kampf um die Achtung der alten Kulte sich als völlig erfolglos erwiesen hatte, eine im Vergleich mehr von Vernunft geprägte Person gemacht habe, ist nur konsequent und ergibt sich aus der Logik der Dramaturgie meines Romans. Es ist für jemanden heute nicht immer leicht verständlich, dass die christliche Kirche der Spätantike in ihren fanatischen Auseinandersetzungen, ihrer Bereitschaft zur Gewalt und ihrem Endzeitglauben viele Charakteristika hatte, die heute anderen radikalen religiösen Strömungen zugesprochen werden. Ich konnte diese historischen Gegebenheiten nicht ignorieren, und habe sie letztendlich aktiv für den Handlungsverlauf des Romans genutzt. Auch jene, die den Heiligen Ambrosius heute verehren, können diesen Roman hoffentlich als das akzeptieren und genießen, was er letztendlich ist: ein Stück Unterhaltungsliteratur, das von Konflikten und den diese personifizierenden Charakteren lebt.
Ich darf der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass fast alle »wichtigen Römer« in diesem Roman – Richomer, Flavius Victor und Arbogast vor allem – auf historischen Gestalten basieren (ebenso wie die Anführer der Goten, Fritigern sowie Alarich). Völlig erfunden sind lediglich der Trierarch Africanus, der Navarch Renna, Senator Michellus, Godegisel sowie einige untergeordnete Charaktere. Das nur für jene, die jetzt in den Geschichtsbüchern nach ihnen zu suchen beginnen wollen. Wenn Sie sie trotzdem finden, dann ist das reiner Zufall.
Natürlich agieren letztlich alle Akteure – auch die Besatzungsmitglieder der Saarbrücken – nicht wie Personen ihrer jeweiligen Zeit. Ein Roman muss für den heutigen Leser verständlich bleiben, und es gibt Grenzen in dem Maß an Authentizität, um das man sich als Autor bemühen kann. Auch hier ist künstlerische Freiheit nicht nur akzeptabel, sie ist letztlich unabdingbar, wenn der Roman seinen primären Zweck – nämlich den der Unterhaltung – erfüllen möchte. Dies führt unter anderem dazu, dass ich der Einfachheit halber sowohl in Bezug auf Gestik wie auch auf verwendete sprachliche Wendungen »moderne« Schemata benutzt habe. Hätte ich mir die Aufgabe gestellt, das Maß an Authentizität so weit treiben zu wollen, dass die Deutschen der Kaiserzeit reden und handeln wie Deutsche der Kaiserzeit und die Römer und Goten wie eben die Römer und Goten, wäre es sehr schwierig geworden. Abgesehen davon, dass manches nur sehr schwer zu eruieren gewesen wäre, hätte es den Roman möglicherweise unleserlich gemacht. In diesem Punkt möchte ich die historischen Experten ebenfalls um Nachsicht bitten.
Einer letzten potenziellen Gruppe von Kritikern möchte ich zum Schluss ebenfalls noch Abbitte leisten: Nämlich den Ingenieuren und Wissenschaftlern anderer Disziplinen, die meine möglicherweise nicht immer ganz sauberen Versuche, dem späten Römischen Reich eine Art industrieller Revolution zu verpassen, mitunter mit großem Kopfschütteln betrachten werden. Ich selbst bin weder Naturwissenschaftler noch praktischer Ingenieur, und obgleich ich mich um umfassende Recherchen in diesen Bereichen nicht gedrückt habe, ist mein Verständnis für die Herausforderungen, denen die Besatzung der Saarbrücken in realiter gegenübergestanden hätte, sicherlich begrenzt geblieben. Ich räume daher unumwunden ein, dass ich die Realität nur bis zu einer gewissen Grenze ausgehalten habe, Erklärungen und Vorgehensweise in der Darstellung nicht immer konsequent bis zum Ende durchdacht gewesen sind. Hin und wieder habe ich zu etwas greifen
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