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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung
Autoren: Philip Kerr
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Noreen war schon immer gut mit Accessoires gewesen. Ich war das Einzige, was einfach nicht mit ihrer Garderobe harmonisieren wollte. Sie wirkte verlegen und unbehaglich.
    «Danke», sagte sie schließlich. «Für das, was du getan hast.» «Ich habe es nicht für dich getan.»
    «Nein. Und ich glaube, ich verstehe auch, warum. Trotzdem danke. Das war sehr mutig.»
    «Erzähl nicht so was. Mir geht es schon schlecht genug.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Warum? Ich verstehe dich nicht.»
    «Weil ich nicht mutig oder tapfer bin. Trotz allem, was du einmal von mir gedacht hast, Engel, war ich nie zum Helden gemacht. Wenn ich auch nur annähernd der Mensch gewesen wäre, für den du mich hältst, wäre ich mit Sicherheit längst gestorben. Auf einem Feld in der Ukraine, für immer in Vergessenheit in einem stinkenden russischen Kriegsgefangenenlager. Oder in einer dieser Situationen in den vergleichsweise unschuldigen Zeiten, als die Leute noch glaubten, die Nazis hätten das letzte Wort, was das wahrhaft Böse angeht. Du kannst dein Gewissen beruhigen, indem du dir sagst, du stellst deine Prinzipien zurück und gehst einen Pakt mit dem Teufel ein, damit du am Leben bleibst und nicht in Schwierigkeiten kommst. Aber wenn du es oft genug machst, dann vergisst du irgendwann, was für Prinzipien das überhaupt waren. Ich dachte immer, ich könnte mich aus alledem heraushalten. Ich könnte irgendwie in dieser widerlichen, verkommenen Welt leben, ohne selbst so zu werden wie die anderen. Aber ich fand heraus, dass das unmöglich ist. Nicht, wenn man vielleicht noch ein wenig länger am Leben bleiben will. Nun, ich bin am Leben. Ich bin immer noch am Leben, weil ich, um die Wahrheit zu sagen, genauso schlecht bin wie der ganze Rest. Ich bin am Leben, weil andere tot sind, und einige davon habe ich selbst umgebracht. Das ist kein Mut. Das ist nur das da.» Ich zeigte auf den Antilopenkopf an der Wand. «Er weiß, wovon ich rede, selbst wenn du es nicht begreifst. Das Gesetz des Dschungels. Töte oder werde getötet.»
    Noreen schüttelte den Kopf. «Unsinn», sagte sie. «Du redest Unsinn. Das war Krieg. Es hieß tatsächlich töten, um selbst zu überleben. So ist der Krieg nun einmal. Aber das ist zehn Jahre her. Viele Männer denken genauso wie du über das, was sie im Krieg getan haben. Du gehst viel zu hart mit dir selbst ins Gericht.» Sie zog mich an sich und legte den Kopf an meine Brust. «Ich lasse nicht zu, dass du solche Dinge über dich sagst, Bernie. Du bist ein guter Mensch. Ich weiß es.»
    Sie sah zu mir auf, als wartete sie darauf, dass ich sie küsste. Ich stand einfach nur da und ließ mich von ihr halten. Ich stieß sie nicht weg und löste mich nicht von ihr. Doch ich küsste sie auch nicht, obwohl ich es so sehr wollte. Stattdessen grinste ich sie spöttisch an.
    «Was ist mit Fredo?»
    «Lass uns jetzt nicht darüber reden. Ich war dumm, Bernie. Ich sehe das jetzt. Ich hätte von Anfang an ehrlich zu dir sein müssen. Du bist kein Killer.» Sie zögerte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. «Das bist du doch nicht?»
    «Ich liebe dich, Noreen. Auch nach all den Jahren noch. Ich wusste es bis vor kurzem selbst nicht. Ich liebe dich, und ich kann dich nicht belügen. Ein Mann, der dich wirklich haben will, würde es wahrscheinlich tun, denke ich. Dich belügen. Er würde alles sagen, was du hören willst, um dich zurückzugewinnen. Ich bin sicher. Nur - ich kann das nicht. Es muss einen Menschen geben auf der Welt, dem man die Wahrheit sagen kann.»
    Ich nahm sie bei den Ellbogen und sah ihr direkt in die Augen.
    «Ich habe deine Bücher gelesen, Engel. Ich weiß, was für ein Mensch du bist. Es steht alles dort, zwischen den Deckeln, verborgen unter der Oberfläche wie ein Eisberg. Du bist eine aufrechte Person, Noreen. Ich bin es nicht. Ich bin ein Killer. Ich rede nicht nur vom Krieg, weißt du? Erst letzte Woche habe ich wieder jemanden getötet, und es ging bestimmt nicht darum, zu töten oder selbst zu sterben. Nein, ich habe einen Mann getötet, weil er es verdient hatte und weil ich Angst vor dem hatte, was er vielleicht tun würde. Aber hauptsächlich habe ich ihn getötet, weil ich es wollte. Es war nicht Dinah, die Max Reles erschossen hat, Engel. Es war auch keiner von seinen Mafia-Freunden im Kasino. Ich war es. Ich habe ihn erledigt. Ich habe Max Reles erschossen.»
     

Kapitel 24
    «Wie du weißt, hatte Reles mir eine Stelle im Saratoga angeboten, und ich hatte zugesagt - allerdings von
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