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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung
Autoren: Philip Kerr
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hin.»
    «Spring rein, ich fahre euch beide.»
    «Nein, du hast genug getan. War es sehr schwierig? Ihn aus dem Gewahrsam der Polizei zu holen?»
    «Ein klein wenig schwieriger, als einfach eine Petition in den Vorschlagskasten zu stecken, war es schon. Und er war bei der militia, nicht bei der Polizei.»
    «Hör mal, warum wartest du nicht im Haus? Mach es dir gemütlich. Mach dir einen Drink. Bitte Ramón, dir etwas zu essen zu machen, wenn du hungrig bist. Ich bin bald wieder da.»
    «Ich muss wirklich los. Nach dem heutigen Morgen habe ich das Gefühl, als müsste ich dringend all meine Versicherungspolicen erneuern.»
    «Bernie, bitte. Ich möchte dir danken. Anständig, meine ich. Und mit dir über etwas reden.»
    «Also schön, ich denke, so lange kann ich noch warten.»
    Ich sah den beiden hinterher, als sie davonfuhren, dann ging ich ins Haus und flirtete mit dem Barwagen, doch ich verspürte wenig Lust, mit Hemingways Bourbon Fangen zu spielen, und leerte ein Glas Old Forrester schneller hinunter, als ich gebraucht hatte, es zu füllen. Mit einem weiteren großen Glas in der Hand unternahm ich eine Tour durch das Haus und versuchte, Hemingways zahlreiche Trophäen zu ignorieren, damit ich mich nicht noch schlechter fühlte. Teniente Quevedo hatte mich eingesackt, als wäre ich mit einer Jagdflinte erlegt worden. Und Deutschland war mit einem Mal in so weite Ferne gerückt wie der Kilimandscharo oder die grünen Hügel Afrikas.
    Eines der Zimmer war voll mit Packkisten und Koffern, und einen Moment, in dem es mir fast den Magen herumdrehte, glaubte ich, dass sie Kuba verlassen wollte, bis mir einfiel, dass Noreen wahrscheinlich die letzten Vorbereitungen für den Umzug in ihr neues Haus in Marianao traf.
    Nach einer Weile und einem weiteren Drink ging ich nach draußen und stieg den vierstöckigen Turm hinauf. Es war nicht schwierig. Eine halbgedeckte Treppe auf der Außenseite führte bis ganz nach oben. Im ersten Stock gab es ein Bad, im zweiten spielten ein paar Katzen Karten. Im dritten Stock bewahrte Hemingway seine Waffen auf. Vitrinen über Vitrinen voller Gewehre. Sie waren verschlossen, und so, wie ich mich fühlte, war es wohl besser, dass ich keinen Schlüssel bei mir hatte.
    Das oberste Stockwerk war mit einem kleinen Schreibtisch möbliert und ausgestattet mit einer großen Bibliothek militärischer Literatur. Ich blieb für eine ganze Weile hier oben. Hemingways Geschmack für Bücher war mir mehr oder weniger egal, doch der Ausblick war tadellos. Max Reles hätte es sehr gefallen. Man konnte stundenlang aus dem Fenster sehen. Meilenweit ringsum. Bis zur Abenddämmerung und noch länger.
    Als das letzte schmale Band aus Orange hinter den Bäumen verblasste, hörte ich einen Wagen. Ich blickte hinunter und sah die Scheinwerfer des Pontiac und den kleinen Indianerhäuptling die Auffahrt hinaufkommen. Noreen stieg allein aus dem Wagen. Sie nutzte die Zeit, während ich den Turm hinunterstieg, um ins Haus zu gehen und sich einen Drink zu mixen aus Cinzano und Tonic. «Soll ich dir nachschenken?», fragte sie, als sie meine Schritte hinter sich hörte.
    «Danke, ich bediene mich selbst», sagte ich, indem ich an den kleinen Tisch trat. Sie drehte sich weg, als ich neben ihr stand. Ich hörte das leise Klimpern von Eiswürfeln, als sie das Glas an die Lippen hob und den gefrorenen Inhalt schluckte.
    «Sie haben ihn dabehalten, um ihn zu beobachten», sagte sie.
    «Gute Idee.»
    «Diese Dreckschweine haben ihm sämtliche Fingernägel gezogen.»
    Ohne Lopez war mir nicht nach dummen Scherzen zumute. Ich wollte nicht, dass Noreen schon wieder auf mich losging. Ich hatte genug für diesen einen Tag. Ich wollte einfach nur in einem Sessel sitzen und mir von ihr den Kopf streicheln lassen, um mich zu erinnern, dass er noch auf meinen Schultern saß und nicht bei jemandem an der Trophäenwand hing.
    «Ich weiß. Sie haben es mir gesagt.»
    «Die Armee?»
    «Das Rote Kreuz war es bestimmt nicht.»
    Sie trug eine marineblaue weite Hose und eine dazu passende Strickweste aus Boucle. Die Hose war nicht besonders weit an der einzigen Stelle, die zählte, und der Strickweste schienen im Bereich des Dekolletees ein paar der plattierten Lederknöpfe zu fehlen. An der Hand trug sie einen Saphir, der definitiv der größere Bruder der beiden in ihren Ohrläppchen war. Ihre Schuhe waren aus dunkelbraunem Leder, passend zum Gürtel um ihre Taille und der Handtasche, die sie achtlos auf einen Sessel geworfen hatte.
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