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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung
Autoren: Philip Kerr
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schlimmer noch, ich erkenne meinen eigenen Vater in mir. Ich sehe in den Spiegel, und ich sehe, wie er amüsiert zurückstarrt und spöttisch grinst angesichts meiner Blindheit. Meines Unvermögens zu sehen, dass ich genau wie er bin und es immer sein werde. Aber du hattest vollkommen recht, ihr nicht zu sagen, dass ich ihr Vater bin. Max Reles war nicht der einzige Mann, der nicht gut war für Dinah. Ich war nicht anders. Ich weiß das. Und ich beabsichtige nicht, sie zu besuchen und eine Art von Beziehung zu ihr aufzubauen, keine Sorge. Dazu ist es viel zu spät, meiner Meinung nach. Also sei ganz beruhigt - es reicht mir zu wissen, dass ich eine Tochter habe und dass ich ihr einmal begegnet bin. All das dank Alfredo Lopez.»
    «Wie gesagt, ich wusste nicht, dass er es dir erzählt hat, bis wir eben zum Krankenhaus gefahren sind. Anwälte dürfen eigentlich nicht mit Dritten über die Angelegenheiten ihrer Mandanten reden, oder?»
    «Nachdem ich ihn von der Straßensperre gewarnt und somit seinen Arsch gerettet hatte, dachte er, mir etwas schuldig zu sein. Und dass ich ein Vater bin, der irgendwie imstande wäre, Dinah zu helfen. Das ist es jedenfalls, was er mir gesagt hat.»
    «Und er hatte recht. Ich bin froh, dass er dir die Wahrheit gesagt hat.» Sie drückte mich fester an sich. «Und du hast ihr geholfen. Ich hätte Max selbst getötet, wenn ich eine Gelegenheit dazu gehabt hätte.»
    «Wir alle tun, was wir können.»
    «Und das ist der Grund, warum du zum Hauptquartier der sim gefahren bist und versucht hast, Fredos Freilassung zu bewirken. Weil du dich bei Fredo revanchieren wolltest dafür, was er für dich getan hat.»
    «Was er gesagt hat ... ich hatte plötzlich wieder Hoffnung, dass nicht mein ganzes Leben verschwendet ist.»
    «Aber wie? Wie hast du sie dazu gebracht, Fredo gehen zu lassen?»
    «Vor einer Weile bin ich über ein geheimes Waffenlager gestolpert, an der Straße nach Santa Maria del Rosario. Ich habe es gegen Alfredos Leben eingetauscht.»
    «Sonst nichts?»
    «Was denn sonst noch?»
    «Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll», sagte sie.
    «Geh zurück an deinen Schreibtisch und schreibe Bücher, und ich gehe zurück zu meinem Backgammonspiel und meinen Zigarren. Wie es aussieht, ziehst du bald in dein neues Haus, und wie ich höre, ist Hemingway bald zurück.»

     
    «Ja. Er kommt im Juni zurück. Hern hat Glück, noch am Leben zu sein nach allem, was passiert ist. Zwei Flugzeugabstürze, und als wäre das nicht genug, geriet er einen Monat später in ein Buschfeuer und zog sich schlimme Verbrennungen zu. Eigentlich müsste er längst tot sein. Einige amerikanische Zeitungen haben sogar schon seinen Nachruf abgedruckt.»
    «Dann ist er also von den Toten auferstanden. Nicht jeder kann das von sich behaupten.»
    Später ging ich nach draußen zu meinem Wagen, und in der Dunkelheit meinte ich, den Gärtner zu sehen, gleich neben dem Brunnen, in dem er ertrunken war. Vielleicht war das Haus ja doch verwunschen. Und wenn nicht das Haus, dann zumindest ich, so viel war mir klar, und auch, dass ich es wohl immer sein würde. Einige von uns sterben an einem einzigen Tag. Andere, ich zum Beispiel, brauchen länger dazu. Jahre vielleicht. Wir alle sterben, wie einst Adam, so viel ist wahr, nur, dass nicht jeder Mensch wieder zum Leben erweckt wird wie Ernest Hemingway. Wenn die Toten nicht wiederauferstehen, was geschieht dann mit der Seele eines Menschen? Oder wenn doch, in welchem Körper wird die Seele leben? Ich wusste keine Antworten. Niemand wusste Antworten darauf.
    Wenn die Toten auferstehen konnten und die Seele unzerstörbar war und ich mich in einem einzigen Augenblick für immer ändern könnte - vielleicht wäre dann das Sterben die Mühe wert, vielleicht wäre es dann die Mühe wert, sich töten zu lassen. Oder sich selbst zu töten.
    Zurück in Havanna, ging ich in die Casa Marina und verbrachte die Nacht mit zwei willigen Huren. Ich fühlte mich mit ihnen kein Stück weniger allein. Sie halfen mir nur, die Zeit zu vertreiben. Die wenige Zeit, die wir im Leben haben.
     

Impressum
    Axel Merz (Übersetzer)
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
Verlag: wunderlich (12. März 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3805208901
ISBN-13: 978-3805208901
Originaltitel: If the Dead Rise not
Preis: EUR 19,95
     
    ebook Erstellung - April 2010 - TUX
     
    Ende
     
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