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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung
Autoren: Philip Kerr
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war der Grund, warum ich den Revolver vorher auf der Terrasse deponiert hatte.
    Max war noch am Telefonieren, als ich oben über die Brüstung kletterte. Ich konnte hören, wie er mit Batista redete und die Zahlen durchgab. Es scheint, der Präsident nimmt es sehr genau mit seinem Anteil am Saratoga. Ich öffnete den Koffer, nahm den Revolver hervor, setzte den Schalldämpfer auf und näherte mich leise dem offenen Fenster. Vielleicht hatte ich in diesem Augenblick ein paar Skrupel, aber dann erinnerte ich mich an 1934 und wie er vor meinen Augen zwei Menschen kaltblütig erschossen hatte, an Bord dieser Jacht auf dem Tegeler See. Du warst bereits zurück auf dem Weg in die Staaten, als es geschah, doch er drohte, dich von seinem Bruder Abe umbringen zu lassen, wenn du erst wieder in New York warst, es sei denn, ich erwies mich als kooperativ. Ich wusste, dass ich selbst vor ihm sicher war, mehr oder weniger. Ich hatte genügend Beweise für seine Verbrechen, um ihn wegzusperren. Aber ich hatte keine Möglichkeit, seinen Bruder daran zu hindern, dich zu ermorden. Nach diesem Abend hielten wir uns gegenseitig in Schach, bis zur Olympiade, bis zu seiner Rückkehr in die Staaten. Doch wie ich bereits sagte, er hatte es verdient. Mehr als verdient. Sobald er den Hörer zurücklegte, schoss ich. Nein, das ist nicht ganz richtig. Er hat mich gesehen, bevor ich zum ersten Mal abdrückte. Ich denke, er hat sogar gelächelt.
    Ich habe sieben Mal abgedrückt. Ich ging zum Rand der kleinen Terrasse und warf den Revolver in einen Wäschekorb voller Handtücher neben dem Pool. Dann kletterte ich wieder nach unten. Ich deckte den Revolver mit weiteren Handtüchern zu und ging in eine Umkleidekabine, um mich sauber zu machen. Als das Feuerwerk losging, war ich schon wieder im Aufzug und auf dem Weg hinunter ins Kasino. Ich hatte tatsächlich vergessen, dass das Neujahrsfest anstand, als ich in meiner Werkstatt den Schalldämpfer gebaut habe. Sonst hätte ich mir die Mühe vielleicht gar nicht gemacht. Aber so war es auch gut, denn ich konnte mich während der Knallerei sehen lassen.
    Am nächsten Morgen fuhr ich zurück ins Saratoga, als wäre nichts gewesen. Mir blieb gar keine andere Wahl. Ich musste mich völlig normal verhalten, sonst wäre sofort ein Verdacht auf mich gefallen. Auch so hatte Capitän Sanchez von Anfang an den richtigen Riecher, als er mich für den Mörder hielt. Vielleicht wäre es ihm sogar gelungen, mich zu überführen - bis ich Lansky überzeugen konnte, dass der Mord möglicherweise gar nicht im Schutz des Feuerwerks stattgefunden hatte, wie jeder zu glauben schien. Die Polizei selbst war ein Stück weit behilflich, weil sie sich bis dahin nicht einmal die Mühe gemacht hatte, nach der Tatwaffe zu suchen. Ich spielte den ehemaligen Hoteldetektiv und schlug vor, dass sie die Wäschekörbe durchsuchen sollten. Und siehe da, kurze Zeit später hatten sie die Waffe.
    Sobald die Gangster den Schalldämpfer auf dem Revolver bemerkten, fingen sie an zu glauben, dass ein Profi dahintersteckte - und dass der Mord etwas mit ihren Geschäften in Havanna zu tun hatte und nicht mit einer Sache, die schon zwanzig Jahre zurücklag. Besser noch, ich konnte ihnen einreden, dass der Mord aufgrund des Schalldämpfers jederzeit stattgefunden haben konnte und nicht notwendigerweise während des Feuerwerks, wie Capitän Sanchez es vorgeschlagen hatte. Damit brachte ich seine Theorie, ich wäre der Mörder, ins Wanken. Stattdessen stand ich plötzlich da wie Nero Wolfe. Wie dem auch sei, Bernhard Gunther war unverdächtig - dachte ich. Nur, dass ich überzeugender gewesen war, als mir guttat. Meyer Lansky hatte die Art und Weise imponiert, wie ich den Capitän Einhalt geboten hatte, und da Max ihm bereits von meiner Vergangenheit bei der Berliner Mordinspektion erzählt hatte, beschloss er, dass ich der geeignete Mann war, um den Tod von Max Reles aufzuklären, schon allein, um einen Bandenkrieg in Havanna zu verhindern.
    Im ersten Augenblick war ich zutiefst erschrocken. Dann begann ich eine Möglichkeit zu sehen, wie ich mich vollkommen von jedem Verdacht reinwaschen konnte. Ich brauchte lediglich jemanden, dem ich die Schuld zuschieben konnte, ohne dass dies zu einem weiteren Mord führte. Ich hatte keine Ahnung, dass sie Waxey erledigen würden, Max' Leibwächter, quasi als Rückversicherung für den Fall, dass er etwas mit dem Mord an seinem Boss zu tun hatte. Das war ein beklagenswertes Missgeschick. Wie dem auch sei, zu
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