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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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PROLOG
    Obwohl in der Sycamore Lane ganz offensichtlich kein zweites Auto unterwegs war, setzte Susan Howard den Blinker und warf einen Blick in den Rückspiegel, bevor sie in die Einfahrt bog. Susan lebte in einem Drei-Zimmer-Häuschen mit Rosenbüschen im Vorgarten, deren Zweige bis über den Gehweg hingen. Hinter dem Haus wuchs eine Birke neben einer frei stehenden, von Efeu überwucherten Garage, die wie ein alter Kuhstall aussah.
    In der Garage stapelten sich Kisten und alte Möbel, die Susans Mutter gehört hatten. Wann immer Susan nach Hause kam, piekte sie das schlechte Gewissen. Ich sollte wirklich mal ausmisten, dachte sie . Ich sollte Mommys Sofa und die Esszimmerstühle verkaufen oder einfach verschenken. Wegen der Möbel stand Susans Auto immer in der Einfahrt. Wenn es schneite, verlor sie jeden Morgen zwanzig Minuten damit, den Motor warm laufen zu lassen und das Eis von der Windschutzscheibe zu kratzen.
    Aber inzwischen war es Frühling geworden, und als Susan aus dem Auto stieg, hörte sie das Zirpen der Grillen und roch den Duft von feuchtem Gras. Sie schaute in den abendlichen Himmel und suchte nach dem Großen Wagen. Normalerweise war sie froh darüber, weit genug von New York City entfernt zu wohnen, um die Sternbilder sehen zu können, aber heute Abend konzentrierte sich ihr Blick auf die schwarzen, kalten Lücken zwischen den Sternen. Sie wurde beobachtet. Susan konnte es deutlich spüren. Irgendjemand beobachtete sie.

    »Hör auf damit«, sagte sie laut. Der Klang ihrer festen Stimme beruhigte sie.
    Susan zerrte einen Stapel Rechnungen und Werbeprospekte aus dem Briefkasten und schloss die Haustür auf. Sie hörte ein vertrautes Fiepen, und im selben Moment kam ein Cockerspaniel aus der Küche geschossen, dessen Krallen über den Linoleumboden klickten. Es war schön, beim Nachhausekommen von einem Freund begrüßt zu werden, und Charlie war tatsächlich so etwas wie ein Freund. Aber er war auch ein kleiner Schelm – besonders, wenn Susan spät nach Hause kam. Sie ging ein Mal durchs ganze Haus und überzeugte sich davon, dass keine Unfälle passiert waren, bevor sie Charlie ein Leckerli gab und ihn in den Garten ließ.
    Bis vor wenigen Monaten waren alle Abende gleich gewesen: Sie hatte den Hund nach draußen gelassen, sich ein Glas Chablis eingeschenkt, ihren Computer hochgefahren und E-Mails gelesen. Aber inzwischen benutzte sie den Computer nur noch selten, und nach dem Genuss von Alkohol fühlte sie sich träge und benebelt. Sie wurde beobachtet. Susan war überzeugt davon. Und nun hatte sie die Regeln verletzt und etwas sehr Gefährliches getan.
     
    Susan arbeitete als Programmiererin im Forschungszentrum der Evergreen Foundation im Westchester County. Sie war an der Softwareentwicklung des neuen Quantencomputers beteiligt und war zusammen mit anderen Forschern zugegen gewesen, als Michael Corrigan seinen Körper verlassen und sich auf den Weg in eine andere Sphäre gemacht hatte. Das Crossover-Projekt war streng geheim; seinerzeit hatte man Susans Team erzählt, es gehe um die nationale Sicherheit.
    Vielleicht hatte das gestimmt, dennoch war Susan sich merkwürdig dabei vorgekommen, den größten Teil ihrer Arbeitszeit auf einen Mann zu verwenden, der reglos und mit verkabeltem Hirn auf einem OP-Tisch lag. Stundenlang hatten
sie größte Mühe gehabt, Corrigans Puls zu finden. Und dann hatte er plötzlich die Augen geöffnet, sich aufgesetzt und war aus dem Raum geschlurft.
    Ein paar Wochen später wurden sämtliche Angestellte der Stiftung ins Verwaltungsgebäude bestellt, wo ihnen ein neues Programm mit dem Namen »Norm-All« vorgestellt wurde. Der Slogan lautete: »Ein guter Freund sorgt sich um dich.« Eine fröhliche, junge Mitarbeiterin der Personalabteilung erklärte ihnen, von nun an werde »Norm-All« die körperliche und geistige Gesundheit aller Angestellten ganz automatisch überwachen. Eine Einverständniserklärung wurde vorgelegt (die alle Mitarbeiter ohne Zögern unterschrieben), und dann gingen sie wieder an die Arbeit.
    Susan war die Einzige, die sich eine Informationsbroschüre über das Programm mitgenommen hatte. Sie studierte sie während der Mittagspause. Norm-All war ein so genanntes »persönliches Parameterprogramm«. Tausende Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums hatten sich im Rahmen einer Studie fünf Jahre lang beobachten lassen, und nun lagen die Bezugsdaten für konformes Verhalten vor. Jedem Mitarbeiter wurde ein geschätzter Wert zugeteilt,
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