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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes
Autoren: Jo Zybell
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    1.
     
    »Folgendes …« sagte er, und es wollte ihm scheinen, als hätte er mit diesen drei Silben einen außergewöhnlich komplizierten Sachverhalt angedeutet, vielleicht sogar zum Ausdruck gebracht. »… folgendes also: So etwas erlebst du, sagen wir …« Er legte seinen rechten Arm um den Häuptling der Dwingolangowars. »… sagen wir: alle tausend Jahre einmal …« Er küßte den kugelköpfigen Schwarzpelz auf den Ansatz seines Rüssels. »… höchstens dreimal … nun ja … jedenfalls freue ich mich, daß auch ihr gekommen seid …« Und noch einen Kuß auf den Rüssel.
    Beifall brandete auf unter den Gästen rund um den Pool.
    Der Häuptling der Dwingolangowars brüllte erst vor Lachen und nickte dann zustimmend; obwohl er nichts verstanden hatte, nicht einmal »folgendes«. Dennoch hob er seine Schale und stieß mit dem Doktor an. »Wojaz pentargumalis, tastuk bellamartum«, röhrte er und leerte die Champagnerschale in einem einzigen Zug.
    »Wirklich wahr …!« Der Doktor lachte brüllend und tat es ihm gleich. Kein Wort des anderen hatte er begriffen, nicht einmal »wojaz«, was in der Sprache der Ureinwohner von Fat Wyoming soviel bedeutete wie »Lehrer« oder »Medizinmann«.
    Konnte sein, der Doktor erfaßte das mittels seiner legendären Intuition, denn er strahlte über sein ganzes breites Gesicht, rülpste und sagte: »Du hast ja vollkommen recht, so recht, so vollkommen recht …«
    Und während sich die ungleichen und im Hinblick auf ihre Körpermasse und den Grad ihrer Trunkenheit doch so ähnlichen Kreaturen im dampfenden Wasser des Pools in die Arme fielen, applaudierte die Menge am Beckenrand erneut, brach sogar in Rufe der Begeisterung aus: »Hoch lebe Dr. Gender DuBonheur! Hoch lebe Ihre Exzellenz Dwingomayawaz von Fat Wyoming …!« Der Doktor und der Häuptling lösten sich aus ihrer Umarmung, wischten Tränen der Rührung aus den Augen und prosteten in alle denkbaren Richtungen.
    Zwei der nackten Mädchen im Pool schenkten ihnen Champagner nach, jemand reichte ihnen eine Gumbalaschkeule ins Becken hinunter, und im Chor zählte man: »Eins und zwei und …« Bei drei schlugen Häuptling und Doktor ihre Zähne in das Fleisch derselben Keule, ein beliebtes Verbrüderungsritual der Dwingolangowarjäger von Fat Wyoming.
    Die Posaunisten auf der Terrasse spielten einen Tusch, räumten dann die improvisierte Bühne für die Trommler und Flötisten der Dwingolangowars, und eine Minute später erfüllten schrille Töne und wilde Rhythmen Salon, Terrasse, Garten und Hügel. Überall wurde wieder getanzt: zwischen den Zierbüschen und Blumenbeeten, auf den Kieswegen und dem Gleiterparkplatz, im Salon und im Pool.
    Die schwergewichtigen Rüsselträger mischten sich unter die menschlichen Gäste, zogen nur mit Toga oder Schleier bekleidete Frauen und Mädchen an sich und begannen mit ihrem berühmt-berüchtigten Siegestanz. So schnell wirbelten sie die Menschenfrauen herum, daß ihnen die großen Ohrlappen waagerecht wie Schwingen von den Schädeln standen.
    O ja, man schwelgte in Feierlaune im Hause DuBonheur, und das schon seit neunzehn Terrastunden.
    Mittlerweile neigte sich die Nacht ihrem Ende zu, und die meisten Gäste waren schon mehr oder weniger berauscht; die ersten lagen bereits schlafend zwischen Büschen und in Blumenbeeten oder auf den Polstern des Salons.
    Aber immer noch strömten neue Gratulanten durch den Säuleneingang der Villa, und längst nicht mehr nur Bürger der Hauptstadt Big Cheyenne, sondern Leute aus Nachbarstädten und -ländern, von anderen Kontinenten sogar. Sie brachten Getränke, Delikatessen, Blumen oder willige Frauen als Geschenke mit, und sie sprachen dem Höchstgeehrten , wie DuBonheur sich jetzt nennen durfte, ihre Glückwünsche aus.
    Die meisten blieben und mischten sich unter die Feiernden so wie die Abgesandten der Dwingolangowars.
    Die übrigens hatten DuBonheur ein gebratenes und mit Pilzen gefülltes Gumbalasch als Präsent überreicht. Das thronte bereits auf einem Marmortisch neben dem Pool, wo mit Messer und Gabel bewehrte Männer und Frauen es belagerten. Gumbalasch hieß auf Fat Wyoming ein wildes Wasserschwein, das die bewaldeten Nordküsten des Hauptkontinents Godsown bevölkerte.
    Wer auch immer das Säulenportal der DuBonheur-Villa durchschritt, mußte zwangsläufig an dem fünf Meter breiten und drei Meter hohen Schild vorbeigehen, das der berühmte Wissenschaftler in aller Eile von einem stadtbekannten Künstler hatte anfertigen
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