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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung
Autoren: Cassie Alexander
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Ahnung hatte, was ich noch tun sollte. Ein Kampf würde mir auch nicht weiterhelfen.
    Ohne meine Hand schloss sich die Fahrstuhltür, und die Kabine brachte die anderen fort.
    Noch einmal sah ich zur Decke hinauf, wo die Schatten gehangen hatten. »Ihr habt mich nicht zum letzten Mal gesehen«, erklärte ich ihnen.
    Aber wenn mir nicht schnellstens einfiel, wie ich ein paar Wunder bewirken konnte, galt das für meine Mom vielleicht bald sehr wohl.

Kapitel 3
     
    Was dachte ich mir bloß?
    Ich bog auf den Parkplatz vor dem Apartmenthaus ein, in dem sich mein neues »Heim« befand. Selbst wenn mein Plan tatsächlich funktionieren würde, wie sollte ich meiner Mutter das alles erklären? Komm schon, Mom, halt einfach still, während ich dir dieses seltsame rote Zeug spritze. Und wenn du danach Heißhunger auf rohes Fleisch bekommst, ist das völlig normal.
    Ich war schon einigen Tageslichtagenten begegnet, jenen Dienern, die nur ein Tröpfchen Vampirblut abbekommen hatten. Die meisten von ihnen waren einfach erbärmlich und buhlten ständig um die Gunst ihres Herrn, nur um zu überleben. Selbst wenn ich irgendwie an Vampirblut herankäme, konnte ich meine Mutter nicht zu einer solchen Existenz verdammen.
    Der ganze Tag war für die Katz gewesen, nichts als eine Ausrede, um der Verdrängung Vorschub zu leisten; blinder Aktionismus, um den Schein zu wahren, statt wieder einmal aufzugeben.
    Ich ging zu meiner Wohnung im ersten Stock hinauf und schloss die Tür auf. Meine Siamkatze Minnie liebte mich wenigstens noch. Sie strich um meine Beine, während ich mich zur Couch schleppte.
    Der Umzug war das Wichtigste überhaupt gewesen, nachdem ich einen neuen Job gefunden hatte, damit ich in Vollmondnächten nicht von unangemeldeten Gästen heimgesucht wurde. Jetzt wohnte ich im obersten Stockwerk eines etwas älteren Vierparteienhauses im Süden der Stadt.
    Der einzige Dekorationsgegenstand an meinen Wänden war ein großes Silberkreuz. Die Couch, auf der ich gerade saß, war höchstwahrscheinlich bei einem Werwolf vom Laster gefallen, und die Matratze im Schlafzimmer hatte ich umgedreht, damit man die Einstiche nicht sah – die wahrscheinlich für mich gedacht gewesen waren.
    Die Welt, in der ich damals gelebt hatte, war ein gefährlicher Ort. Nur mit Mühe war ich am Leben geblieben; meine Mom durfte ich einfach nicht dort hinschicken, selbst wenn ich eine Möglichkeit dazu fände.
    Trotzdem griff ich zum Handy. Ich ging mein Adressbuch durch und rief ein paar alte Freunde an. Der Gestaltwandler Asher hatte mir schon viel öfter geholfen, als ich es verdient hätte, also nahm ich ihn mir zuerst vor. Ich hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox: »Hi. Ich weiß, dass ich geächtet wurde. Aber ich habe ein Problem – und wie üblich einen ziemlich dämlichen Plan. Ruf mich an.«
    Dann versuchte ich es bei Anna, der Vampirin, die zum Teil eine Lebende war und die meine Ächtung ausgesprochen hatte, um mich zu schützen. Bei ihrer alten Nummer ertönte nur schrilles Piepen wie von einem Fax. Noch einmal tippte ich die Ziffern ein und hoffte verzweifelt, dass ich mich nur verwählt hatte und sie diesmal rangehen würde. Nichts. Nur Faxgepiepe. Frustriert starrte ich auf mein nutzloses Telefon. Vampire mussten sich wahrscheinlich keine Gedanken über Vertragsauflösungsgebühren machen.
    Ansonsten gab es niemanden mehr, den ich kontaktieren konnte, ohne mich vor Y4 auf die Lauer zu legen. Und dem würden die Schatten wahrscheinlich ein Ende bereiten, sobald sie mein Zelt auf dem Parkplatz entdeckten. Außerdem wollte ich sie nicht dazu verleiten, mir doch noch meine Erinnerungen zu nehmen.
    Widerwillig holte ich mir meinen Laptop. Wenn die Schatten mir eine Chance boten, und sei es die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, tja, dann war ich dämlich genug, es wenigstens zu versuchen. Vorerst. Aber ich wusste, dass das Internet in meinem Zustand gefährlich sein konnte. Es könnte damit enden, dass ich die ganze Nacht aufblieb und von seriösen Medizinseiten bis hin zu Spinnerforen alles absuchte, bis ich irgendwann im Morgengrauen so weit wäre, daran zu glauben, dass es meiner Mutter besser gehen würde, wenn sie nur ihren eigenen Urin trank.
    Sorgfältig tippte ich »Santa Muerte« ein und schwor mir, dass ich ansonsten für heute keine Internet-Recherche betreiben würde. Überraschenderweise wurde ich mit Hunderten von Treffern belohnt.
    Santa Muerte – wörtlich übersetzt »Heiliger Tod« – existierte tatsächlich.
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