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Deutsches Elend. 13 Erklärungen zur Lage der Nation

Deutsches Elend. 13 Erklärungen zur Lage der Nation

Titel: Deutsches Elend. 13 Erklärungen zur Lage der Nation
Autoren: Arno Schmidt
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sagen, daß ich auch in 2 Buchhandlungen gegangen bin ? (Davon, bild'ich mir ein, versteh'ich was; das kann ich beurteilen.) / Habe dort die Taschenbücher des ›Aufbau=Verlages‹ gesehen : F ONTANE und B ECHER ; H EINRICH M ANN und L EONHARD F RANK ; T HEODOR S TORM und G ÜNTHER W EISENBORN ; pro Band 1,85. (Die Reclam= Ausgabe der ›Kritik der Reinen Vernunft‹ hab'ich mir gewissermaßen aus Perversität mitgenommen : obschon ich kaum noch darin lesen werde; aber so billig wär'ich nie mehr dazu gelangt.) Habe das neue=große Konversationslexikon der DDR angeblättert; 8 Bände voll unverächtlichen Materials, an das man (›bei uns‹: Dank Dir, Echo !) nie ran kommt; leider hatte ich nicht genügend Ostmark zur Hand um mir's kaufen zu können; sehr schade, das hät'ich doch gern ! Meine Frau bekam aus der ›Reihe Kleine Enzyklopädie‹ den 860 (= 1400 Normal=) Seiten=Band ›Die Frau‹ geschenkt: der ist so int'ressant, daß ich gleich noch 1 Exemplar zum Verschenken mit nahm. Ich kann ihn, verständigst=beruhigsten Gewissens, jeglichem Jungen Mädchen des Freien Westens empfehlen; Keine wird durch seine Lektüre schlechter werden; eher das Gegenteil, (denn über das bißchen überdrillte Propaganda, liest ja Jeder doch weg). / Tja. Und dann geriet ich, (auf einem Tritt stehend), eben auch an das
    D EUTSCHE S CHRIFTSTELLER = LEXIKON , von den Anfängen bis zur Gegenwart. / Volksverlag Weimar; 1962 ....
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    . . . . . . . . . . . / . . . . . . . . . . / . . . . .

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    Schön war' es ja – – – –
    Nämlich der Traum von endlich=einem Nachschlagewerk auf dem Schreibtisch des redlich Selbst=Schreibenden. Ebenso umfangreich wie verläßlich; ebenso objektiv wie ungelumbeckt; ebenso großauflagig=billig wie selbstständig :
    Unwillkürlich läßt man ja sofort die sogenannten ›Großen Leistungen‹ der Vergangenheit in dieser Hinsicht Revue passieren, (mit anderen Worten die, die nicht halb so groß sind, wenn man sie von Nahem besieht) : K OBERSTEIN ' S schulpfortene Wirrnis, (der Mann hatte immerhin Einiges von Dem, über Das er redet, selber gelesen). G OEDEKE ' S (›aus Celle‹) zahlenträchtige Gefühllosigkeit. K OSGH , (der, meiner privaten Ansicht nach, nicht halb so viel wert ist, wie er koschtet). B RUMMER , der ›immer noch unentbehrlichem N ADLER und F ECHTER – oh, Schmerz, laß nach ! (Von sehr ältlichen Leuten ist W OLF GANG M ENZEL insofern verläßlich, als das, was er tadelt, fast immer ›gut‹ ist.) Da es jedoch in unserer Bestjen der Welten anscheinend völlig unrealistisch ist, auf eine auch nur leidlich akzeptable Informierung zu hoffen, bleibt einem Wehrlosen – mit dem ich nicht mich zu verwechseln bitte : ich weiß mir zu helfen ! – zur Zeit nur ein Verfahren des ›Harmonischen Mittels‹ übrig. Sich also rechts etwa das Schriftstellerlexikon des Herder=Verlages hinzulegen, (der mit dem Großen H ERDER leider den Namen gemeinsam hat; es ist dies irgendwie irreführend); links das der DDR; und sich dann, aus den kuhreigenden Melodeyen von ›Ahi wie kristenliche‹ und ›Völker hört die Signale‹, ein – zugegeben, merkwürdig=disharmonisches – Credo zu mixen . . . . .

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    W ILL V ESPER ? —: »siehe K OLBENHEYER «. Also das find'ich großartig ! (Umsomehr, da ich neulich entdecken mußte, wie wir fast dieselbe Postleitzahl hatten: er 3171 ich 3101 : auch das noch !). D ÖBLIN und L ESSING gelten Einiges; (›Kunststück‹); ich hab' so meine Leute, die ich immer gleich, zur Probe, nachsehe.
    Mit ganz ungewöhnlicher Vorliebe sind die mittelhochdeutschen Dichter behandelt, ob ›Heinrich der Glichesaere‹, ob ›Nachtigall von Hagenau‹ – schade nur, daß dafür recht achtungswerte Neuere fehlen, so L EOPOLD S CHEFER , A UGUST L AFONTAINE , H. A. O PPER MANN . Nichts gegen ›Herrn hartman von Ouwe‹; aber muß das sein, daß der sich auf anderthalb Seiten breit macht, und T HEODOR D ÄUBLER existiert überhaupt nicht ?! / Auch in dem recht ungleichen Wert=Niveau der Artikel drückt sich das typische ›Work in Progress‹ aus: E TA H OFFMANN zum Beispiel wird sehr ordentlich vorgestellt; an A UGUST S TRAMM dagegen ist Einer geraten, der nicht begriffen hat, daß Dessen Werk für den Fachmann (bzw. auch für die potentiellen Fachleute, d. h. die allerobersten, sehr ausgebildeten, Leserschichten) noch für diverse Jahrzehnte sehr aktuell & anregend sein wird.
    Häufig sind die reinen Sachkenntnisse noch unzureichend, ja, manchmal ist die Flüchtigkeit
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