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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord
Autoren: Gabriele Diechler
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Wir fuhren auf der Florida State Road 886 und steuerten den Port of Miami an. Ich saß neben Mum auf der Rückbank des Taxis und war vor Aufregung ganz hibbelig.
    Â»Gleich geht’s an Bord eines Luxusschiffs. Ich kann’s noch immer nicht glauben«, murmelte ich beglückt vor mich hin.
    Â»Super, dass mein Beruf sich mal für dich auszahlt«, erwiderte Mum. Ihre Stimme strotzte nur so vor Tatendrang.
    In ihrem ›Vorleben‹, so nannte Mum es, war sie Chefhostess auf verschiedenen Kreuzfahrtschiffen gewesen und hatte die sieben Weltmeere bereist. ›Vorleben‹, das war die Zeit ab 22 gewesen bis zu dem Moment, als ich mich angekündigt hatte. Von da an hatte meine Mutter nur noch Ersatzdienst geschoben, und auch das erst, nachdem ich eingeschult worden war.
    Nun sollte ich erstmals mit auf große Fahrt gehen und ein paar nette Karibikinseln kennenlernen. Grand Turks auf den Turks-Inseln, La Romana in der Dominikanischen Republik und Curaçao und Aruba, ehemals Niederländische Antillen. Und natürlich würde ich auf hoher See sein.
    Â»Glaubst du, ich erkenne die MSC Harmony sofort? Angeblich baut man ja eine Beziehung zu seinem Kreuzfahrtschiff auf, sobald man es zum ersten Mal im Prospekt gesehen hat.« Ich hatte mir vorgenommen, mir auf keinen Fall anmerken zu lassen, dass ich meine erste Kreuzfahrt antrat. Musste ja nicht jeder wissen, dass ich bisher nur bis nach Sylt und Italien, genauer gesagt bis nach Cáorle, gekommen war – und einmal mit der Schule nach London. Mein Vater litt unter Flugangst und Mum hatte bereits die ganze Welt gesehen. Deshalb waren wir als Familie nicht viel herumgekommen.
    Ich wollte alles ganz cool und gelassen angehen. Allerdings war ich mir nicht so sicher, ob mir das auch gelingen würde. Meine beste Freundin Inka, die ich zu Hause beinahe täglich sah, behauptete nämlich, ich würde emotional heiß laufen, wenn mich etwas beeindruckte. Und eine Kreuzfahrt in die Karibik gehörte definitiv zu den Dingen, die einen beeindrucken konnten.
    Mum deutete auf meine Beine, die aufgeregt hin und her wippten. »Sag mal, bist du so nervös, weil du Angst hast, gleich das falsche Schiff zu besteigen?« Sie lachte vergnügt auf.
    Oh, verdammt! Es ging schon los. Mein Körper, besser gesagt meine Beine, gehorchten mir nicht mehr. »Quatsch«, entgegnete ich etwas patziger, als ich gewollt hatte. »Ich hab einfach ’ne Menge Energie.«
    Â»Na dann ist es ja gut«, murmelte Mum und steckte ihre Nase schon wieder in den Reiseführer.
    Ich war einerseits froh, dass sie sich nicht länger mit meiner Nervosität beschäftigte – die leider gar nicht cool wirkte –, andererseits aber auch beunruhigt, weil sie den Reiseführer offenbar auswendig lernen wollte.
    Â»Die Hafenanlage befindet sich auf einer künstlichen Insel im Atlantik – Dodge Island – und ist durch eine vierspurige Brücke mit der Stadt verbunden«, las sie vor.
    Erwartete sie etwa einen sinnigen Kommentar von mir? Ich hatte endgültig genug von der Vorleserei, die sich seit dem frühen Morgen hinzog, und klappte Mums Buch kurz entschlossen zu.
    Â»Aufhören!«, verlangte ich. »Wir sind in Florida. Und ich bin nicht im Unterricht.« Ich seufzte laut. »Alles, was ich wissen will, ist, wie sich Puderzuckerstrände unter den Füßen anfühlen und wo ich am besten schnorcheln kann.«
    Mum sah mich verdattert an. Offenbar begriff sie erst jetzt, dass sie mir mit dieser ständigen Informationsflut ziemlich auf die Nerven ging.
    Â»Weißt du, für mich spielt es keine Rolle, wo genau sich die Hafenanlage befindet, wie viel Tiefgang ein Schiff hat oder was es mit dem Hubraum oder der Generatorleistung auf sich hat. Viel wichtiger ist doch, was an Bord Tolles passieren wird und wie die Stimmung in der Karibik so ist.«
    Ich musste eine verzückte Miene aufgesetzt haben, denn plötzlich lächelte Mum. »Schon verstanden, Katja«, sagte sie in nachgiebigem Ton. »Als ich in deinem Alter war, hat mich auch nur eins interessiert …« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause, die mich rot werden ließ, weil ich ahnte, was nun kam. »Wie sich Verliebtsein anfühlt.«
    Ich schwieg eisern, denn mein Beziehungsstatus ging Mum nun wirklich nichts an. Den diskutierte ich ausschließlich mit Inka. Big love kannte ich bisher nur aus meinen heiß geliebten Büchern und
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