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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte
Autoren: Friedemann Beduerftig
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gesellschaftlichen Zielen mit neuer Dringlichkeit. Naturgemäß beschäftigte sie zuerst die Hochschulen, weil dort die soziale Sondersituation und die Vorbildung kritisches Bewusstsein förderten. Die Kritik der Studentenbewegung entzündete sich zunächst an den Missständen im universitären Bereich: Vermassung, Dozentenmangel, veraltete Strukturen, Selbstherrlichkeit der Lehrstuhlinhaber, Reformunfähigkeit („Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“). Die Studenten griffen dabei auf in den USA entwickelte neue Protestformen zurück wie teach-in, go-in, sit-in und provozierten damit die konservativen Eliten (das „Establishment“), deren Gegenmaßnahmen die Konfrontation weiter verschärften. Brennpunkt der Auseinandersetzung wurde die Freie Universität in West-Berlin.
Forderung einer Hochschulreform
    Die studentische Kritik sammelte sich um den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS), der wegen seines Festhaltens an marxistischen Positionen in Konflikt mit der Mutterpartei SPD geraten war. Hier bildete sich die Überzeugung, dass die Missstände an den Hochschulen ihre Ursache in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung hätten, die folglich verändert werden müsse. Von der Hochschulbasis aus versuchten die SDS-Aktivisten in die Bevölkerung hineinzuwirken, konnten aber nicht wie marxistisch vorgesehen in der Arbeiterschaft Fuß fassen. Ihre antiautoritäre Erziehung in den Kinderläden, die Kommune-Gründungen und die Forderungen nach befreiter Sexualität ängstigten eher.
Massendemonstrationen
    Und selbst als es nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg (2.6.1967) durch eine Polizeikugel bei der Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien und nach dem Anschlag gegen den Berliner Studentenführer Rudi Dutschke (11.4.1968) zu Massendemonstrationen kam, erfasste der Protest nur eine dünne Schicht. Die Erfolge der Studentenbewegung, die zu Beginn der 1970er Jahre verebbte, blieben letztlich auf die Hochschulreform beschränkt, wenn auch Fernwirkungen auf die Politik der sozialliberalen Koalition nicht zu übersehen sind. Vom Gedankengut der Bewegung nachhaltig geprägt wurde die Alternative Bewegung. Ins Kriminelle schlug es um bei den Terroristen der Baader-Meinhof-Gruppe und ihren Nachfolgern in der RAF.
    APO
    Zu Beginn der 1960er Jahre machten sich Ideologiedefizite bemerkbar, die in eine Generalkritik am verkrusteten Gesellschaftssystem der Bundesrepublik und an ihren herrschenden Kreisen mündete. Impulse dazu waren von der amerikanischen Hippie- und Bürgerrechtsbewegung ausgegangen, aber auch von der offiziellen Politik der USA, gegen deren Neokolonialismus („Dollarimperialismus“) und deren „Krieg gegen das vietnamesische Volk“ sich der Protest sammelte. Kontur gewann die von linken bis linksradikalen Kräften getragene Bewegung in der Bundesrepublik, als in Bonn mit Bildung der Großen Koalition (1966) Opposition im Parlament so gut wie nicht mehr stattfand. Vor allem gegen die Notstandsgesetze bildete sich eine außerparlamentarische Opposition, die weitere Kreise erfasste als die Studentenbewegung und unter dem Kürzel APO Geschichte machte. Man nahm den Politikern nicht ab, dass es ihnen nur um die Ablösung alliierter Vorbehaltsrechte gehe. In der APO trafen sich Kriegsdienstverweigerer und Anhänger sozialistischer Gruppen, Ostermarschierer und Radikaldemokraten, Intellektuelle und Altkommunisten
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„Axel, wir kommen!“ skandierten die studentischen Demonstranten (in der Mitte Rudi Dutschke). Ihr Protest richtete sich gegen die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags, die sie als Komplizen der USA und Systemstabilisierer anfeindeten
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    (c) akg, Berlin: S.

„Wandel durch Annäherung“
Die Aussöhnung mit dem Osten (1969–1974)
    Er nahm den moralischen Impuls der Studentenrevolte auf: SPD-Chef Willy Brandt. Als sich nach den Wahlen 1969 eine kleine Mehrheit zusammen mit der FDP unter Walter Scheel ergab, nutzte er die Chance zu einem sozialliberalen Bündnis und zu einer Neuausrichtung der deutschen Politik vor allem gegenüber dem Osten und im Umgang mit der deutschen Vergangenheit. Der neue Regierungschef als einstiger Emigrant und Kämpfer gegen Hitler nahm dem Faschismusverdacht gegen „das System“ sofort die Spitze, seine Politik der inneren Reformen dämpfte das soziale Aufbegehren und seine neue Politik der Aussöhnung auch mit den Völkern in Osteuropa entzog dem Imperialismus-Vorwurf den Boden. An ihr entzündete sich allerdings erbitterter Streit, weil
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