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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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1.
     
    Der Schalter hatte 18 Dollar 43 Cent gekostet. Obwohl er genau die gleichen Aufgaben erfüllte wie jeder Schalter aus irgendeinem Warenhaus, zeichnete er sich doch durch einen Unterschied aus, der für den Hausbesitzer zwar unwichtig, für Hannson aber lebenswichtig war.
    Im Prospekt hatten die Erfinder behauptet, daß eine PTF von 01 bestand. Das heißt, die Ausfallchancen waren minimal. Für 18 Dollar 43 Cent war, anders ausgedrückt, absolute Zuverlässigkeit eine Selbstverständlichkeit. Der Schalter hatte zwei Schaltstellungen: ›Lagenkorrektur handgesteuert und ›Lagenkorrektur automatisch‹.
    Der Apollo-Commander schaltete auf ›Hand‹ – und Millisekunden später war er so gut wie tot.
    Die Schaltung hätte einen winzigen elektrischen Impuls an die komplizierte Anlage von Mikro-Stromkreisen hinter der Kontrolltafel weiterleiten sollen. Statt dessen sickerte der Strom nun aus dem Draht, der einmal vorschriftsmäßig isoliert gewesen war, für Hannson unerkennbar, an einer glänzenden, blanken Stelle leise knisternd wirkungslos ins Metall der Verkleidung. Ein rotes Warnlicht flackerte auf, leuchtete dann ständig.
    Das Gesicht des Commanders zeigte kaum eine Reaktion. Allenfalls eine fast unmerkliche Erweiterung der Pupillen, das Zucken eines Augenlids. Er bewegte den Schalter mehrmals vor und zurück. Jedesmal ging das Warnlicht aus und an.
    Die beiden Besatzungsmitglieder beobachteten seine Bewegungen. Keine Gefühlsregung zeigte sich auf ihren Gesichtern. Sie waren todmüde. Die Strapazen eines fast menschenunmöglichen Arbeitspensums hatten dunkle Schatten unter ihre Augen gezeichnet.
    Die drei Männer konzentrierten sich auf die Liturgie des Überlebens, die ihrem Gedächtnis in langen Jahren des Trainings eingeimpft worden war.
    Der Commander schwebte zu seiner Andruckliege zurück und legte sich ganz ruhig auf den Rücken. Niemand sprach. Unvermittelt unterbrach eine Stimme von der Bodenkontrolle in Houston ihre Konzentration. Flache, verzerrte Geräusche erfüllten die Kabine.
    »Apollo 19 – Noch 1.54 Minuten bis zur letzten T.E.I.-Kurskorrektur!«
    Der Commander antwortete; in seiner Stimme war nicht die Spur eines Zitterns.
    »Verstanden, Houston. Wir haben einen Schaltfehler im Computer – wiederhole, Schaltfehler im Computer. Ende.«
    »Verstanden, Apollo. Wir führen eine Kontrolle durch. Ende.«
    »Vielen Dank, Houston.«
    Das Schiff – ein winziger Lichtfleck in der Dunkelheit des Weltraums – flog auf seiner Bahnkurve schneller als ein Geschoß in Richtung Erde.
    »Apollo 19 – Bodenkontrolle bestätigt Fehler in der Trennungskontrolle. Auf Automatik zurückschalten. Ich wiederhole: aufAutomatik zurückschalten.«
    Der Commander antwortete: »In Ordnung, Houston – Zeit für Kurskorrektur, bitte.« Er betätigte den Schalter, und das Warnlicht erlosch.
    »Zeit für Kurskorrektur eine Minute fünfzehn.«
    Im Kontrollzentrum für bemannte Raumfahrtunternehmen beobachteten die Ärzte besorgt auf der biomedizinischen Anzeigetafel die Spitzen des Zeichners, der die Körperfunktionen festhielt. Der Flugarzt trug in seinen Berichtsbogen den Vermerk ein: »Chefpilot – hohe Herzfrequenz, einhundertzehn, Atmung dreißig.«
    In der Verdrahtung hinter der Schalttafel schritt ein Prozeß, den die Konstrukteure nie vorausgesehen hatten, unerbittlich fort.
    Zwei weitere kleine Bestandteile fielen aus. Eine schnell aufeinanderfolgende Serie elektrischer Impulse blitzte durch die Computerschaltkreise. Es folgte ein geräuschloser Blitz, Rauch drang in den engen Kabinenraum. Während das Raumschiff in die äußeren Schichten der Atmosphäre hineintorkelte, kämpften die drei Männer verzweifelt, die Kontrolle über ihr Fahrzeug wiederzugewinnen …
     
    * * *
     
    Über dem Atlantik, an Bord der Maschine BOAC-Flug Nummer 122 nach New York schliefen die Fluggäste im dämmrigblauen Licht der Kabine. In der Steuerbordsitzreihe bewegte sich ein kleiner Junge, der keinen Schlaf finden konnte, und preßte sein Gesicht ans Fenster. Plötzlich rüttelte er seine Mutter wach. »Schau mal schnell, Mami, schau doch mal!« Er zeigte zum Fenster hinaus. Die Mutter rieb sich die Augen und lehnte sich über ihn, um hinauszusehen.
    Ein orangefarbener Flammenschweif breitete sich über dem klaren Sternenhimmel aus. Sie konnte erkennen, daß sich an der Spitze etwas bewegte. Die Erscheinung wuchs auf sie zu und brach plötzlich in drei Flammenpfeile auseinander, die immer und immer wieder zu neuen
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