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Dessen, S

Dessen, S

Titel: Dessen, S
Autoren: Because of you
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sie nur wenige zweite Chancen brauchen würde. Dass sie es vielleicht schaffte, es gleich auf Anhieb richtig zu machen.
    »Isby?«, wiederholte mein Vater. »Redest du von der Kleinen?«
    »So nenne ich sie«, erwiderte ich. »Für mich ist sie Isby.«
    Er schwieg einen Moment, dann antwortete er: »Auden, ich liebe Thisbe. Ich würde alles für sie tun, einfach alles. Und für dich auch. Weißt du das denn nicht?«
    Erst vor wenigen Minuten hatte meine Mutter etwas ganz Ähnliches zu mir gesagt. Und ich hatte mich dazu entschlossen, ihr zu glauben. Warum fiel es mir jetzt so viel schwerer? Weil Mom zu mir gekommen war. Weil sie den ganzen weiten Weg hergefahren und ein großes Risiko eingegangen war. Weil sie ihre eigene Spur zurückverfolgt, einige, wenn nicht alle ihrer Schritte ungeschehen gemacht hatte, um uns an einen Ort zurückzubringen, von dem aus wir eine neue Richtung einschlagen konnten. Mein Vater hatte sich immer noch nicht vom Fleck gerührt und wollte wie eh und je, dass ich zu ihm kam. Wie am Anfang dieses Sommers, in dieses Haus. Und früher, zu Hause, genauso.
    »Dann beweis es«, sagte ich.
    Wieder schwieg er eine Weile, ehe er antwortete: »Und wie soll ich das anstellen?«
    Manchmal machte man es gleich auf Anhieb richtig. Dann wieder erst beim zweiten Mal. Und aller guten Dinge waren drei. Ich war zwar genauso eine Drückebergerin wie mein Vater, aber mir wurde auf einmal bewusst, dass ich nie herausfinden würde, wie sich der dritte Anlauf anfühlte, wenn ich nicht ein letztes Mal aufs Rad steigen würde. Deshalb holte ich das schwarze Perlenkleidaus dem Schrank, drapierte es auf dem Bett und sagte: »Das findest du schon selbst heraus. Ich habe etwas Wichtiges zu erledigen.«
    ***
    Eigentlich wollte ich mit dem Auto fahren. Und als ich durch die Tür nach draußen stürzte – das schwarze Kleid schwang elegant um meine Knie   –, hielt ich den Autoschlüssel auch schon in der Hand. Doch plötzlich fiel mein Blick auf das grüne Fahrrad, das an den Stufen zur Veranda lehnte. Und ehe ich mich’s versah, stieg ich schon auf. Ich setzte meine Füße auf die Pedale, ging noch mal alles durch, was Maggie mir beigebracht hatte, und strampelte los, bevor ich es mir anders überlegen konnte.
    Seltsam: Als ich die Zufahrt hinunterfuhr, erst noch etwas wackelig, aber immerhin einigermaßen fest im Sattel, konnte ich an nichts anderes denken als an meine Mutter. Nachdem ich das Telefonat mit meinem Vater beendet hatte, zog ich rasch das Kleid an, sammelte meine Flipflops und die Handtasche ein. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, Isby in den Buggy zu setzen und mitzunehmen. Doch als ich versuchte, sie festzuschnallen, und meiner Mutter gleichzeitig hektisch erklärte, was ich vorhatte, fing Isby an zu quengeln. Dann zu weinen. Schließlich zu schreien.
    »Oh nein!«, sagte ich, während ihr Gesicht allmählich puterrot anlief. »Das klingt gar nicht gut.«
    »Hat sie etwas gegen den Buggy?«, fragte meine Mutter, die hinter mir stand.
    »Normalerweise nicht, im Gegenteil. Keine Ahnung,was das Problem ist.« Ich rückte den Gurt zurecht, aber Isby schrie nur noch lauter und strampelte wie wild. Ich sah zu meiner Mutter hoch. »Ich bleibe besser doch hier. Sie ist echt knatschig.«
    »Unsinn.« Mom schob mich beiseite, löste den Gurt, hob Isby aus dem Buggy. »Ich passe auf sie auf. Du gehst dich amüsieren.«
    Ich hatte sie bestimmt nicht mit Absicht so zweifelnd angesehen. Oder so entgeistert. Aber mein Gesichtsausdruck muss irgendwo dazwischen angesiedelt gewesen sein, denn sie fuhr fort: »Auden, ich habe zwei Kinder großgezogen. Man kann mich ruhigen Gewissens eine Zeit lang mit einem Neugeborenen allein lassen.«
    »Natürlich«, erwiderte ich hastig. »Es ist nur   … ich habe kein gutes Gefühl, sie dir aufzuhalsen, wenn sie so ist.«
    »Sie ist weder so noch so.« Meine Mutter drückte Isby behutsam an sich, klopfte ihr sanft den Rücken. Mir fiel schon wieder etwas Merkwürdiges auf: Vorhin, als Isby ihre niedlichsten Kulleraugen gemacht und vor sich hin gegluckst hatte, war deutlich zu spüren gewesen, wie unbehaglich meiner Mutter zumute war. Jetzt hingegen wirkte sie rätselhafterweise ziemlich entspannt, obwohl Isby wie am Spieß schrie. »Sie möchte mir nur etwas mitteilen.«
    »Und du bist absolut sicher, dass du einspringen willst?« Ich musste ziemlich laut sprechen, um das Gebrüll zu übertönen.
    »Absolut. Jetzt geh schon.« Mom legte sich das Baby über die Schulter, wobei
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