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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich Zeit für eine Frau. Bis dahin wird jede Frau meine Pferde hassen, weil sie mich ihr wegnehmen.«
    Angela Diepholt bestritt das. Ihr Vater war Professor für Mineralogie an der Universität Göttingen, sie besaßen ein großes Landhaus bei Barsfeld, und es war selbstverständlich gewesen, daß Angela den berühmten Springreiter Hartung zuerst bewunderte und dann, bei näherer Bekanntschaft, auch zu lieben begann. Siebenmal – Romanowski hatte es mitgezählt – standen sie kurz vor der offiziellen Verlobung, dann kam ein Turnier dazwischen, H.H. reiste in der Welt herum, und als er mit seinen Silberpokalen und Goldmedaillen nach Barsfeld zurückkehrte, sprach niemand mehr von Verlobung. Bis zur nächsten großen Liebesszene, bis zur nächsten Katastrophe. Fünf Jahre ging das hin und her, Angela Diepholt machte ihr Diplom als Ökonomin, nur mit dem Ziel, einmal das Gut Hartung gut verwalten zu können.
    »Ich habe ihn irgendwann mal soweit, Vater«, sagte sie immer wieder, wenn Zweifel an ihrer Zukunft aufkamen. »Wir lieben uns. Horst ist – um in seiner Sprache zu reden – das schwierigste Tier auf dem Parcours. Und ich habe einen Plan, wie ich ihn kleinkriege.«
    Nun stand sie neben Laska, bewunderte das goldschimmernde Pferd und hatte soviel Verstand und Gefühl, um zu wissen, daß es berechtigt war, auf dieses Tier eifersüchtig zu sein. Hartung saß vor Laska auf dem Krippenrand und sah zu, wie sie genüßlich im gemahlenen Hafer wühlte.
    »Ein schönes Pferd«, sagte Angela. »Aber ob du es fertigbringst, ihr die Zirkusmanieren abzugewöhnen? Sie wird immer im Kreis traben, und wenn sie Musik hört, wird sie zu tanzen beginnen. Stell dir das vor – auf dem Parcours in Aachen ein Pferd, das um die Hindernisse tänzelt.«
    »Wir werden trainieren auf Teufel komm 'raus.« Hartung streichelte Laska die lange, ungeschnittene Mähne. »Sieh dir ihre Hinterhand an. Was da für eine Sprungkraft sitzt! Zwei, drei Jahre, und sie erobert alle Turnierplätze der Welt.«
    »Zwei, drei Jahre«, wiederholte Angela gedehnt und hob fragend die Stimme. »Ich werde in alle Ewigkeit deine unsterbliche Geliebte sein!«
    »Angi!« Hartung drückte Laskas Kopf zur Seite. Mit haferverschmierten Nüstern versuchte sie, ihn zu küssen. »Müssen wir uns wieder darüber streiten? Ich tauge nicht für den sogenannten häuslichen Herd. In vierzehn Tagen bin ich schon wieder in London, dann in Rom, am Ende des Monats in Madrid. Angi!« Hartung ging um Laska herum, legte den Arm um Angela und küßte sie auf die Augen. »Laß uns vernünftig sein.«
    »Ich liebe dich, Horst«, sagte sie leise. »Mein Gott, ich kann nichts dafür, ich liebe dich eben. Auch dagegen kann man nichts machen.«
    Sie küßten sich, und sie wußten, daß sie diese Nacht wieder zusammen sein würden, Mann und Frau und dennoch eins, aber am Morgen verflog die Illusion der Einheit wie die Nebelschleier über den Weiden in der Morgensonne.
    Die Pferde! Die verdammten Pferde! Und jetzt auch noch Laska, schön und eifersüchtig wie eine Nebenbuhlerin.
    Laska drehte den Kopf nach hinten, als Hartung Angela küßte. Sie wieherte, trat gegen die Seitenwand, donnerte den Huf gegen das Holz.
    »Es fängt schon an«, sagte Angela tief atmend. »Laska und ich, wir werden uns hassen.«
    Schnell schob Hartung die Boxentür zu und verließ mit Angela den Stall. Hinter ihnen krachte es. Laska stieg hoch und hieb mit den Hufen gegen die Wände. Vor ihren Nüstern stand Schaum.
    Keiner wußte, wie sie es geschafft hatte, aber als Pedro Romanowski aus dem ersten Schlaf erwachte und wie immer über die Boxen hinblickte, war die Tür zu Laskas Box aufgeschoben und das Pferd verschwunden.
    »Ein Luder!« schrie Romanowski. »Ein verfluchtes Luder! Det wird noch 'ne Arbeet mit der!« Er rannte aus dem Stall, aber draußen war natürlich nichts zu sehen und zu hören. Die Frühnebel stiegen aus den Weiden empor, die Sonne schwamm in einer weißlichen Dunstschicht. Nur das Krähen von Emil, dem Hahn, einem bunten Italiener, unterbrach die Morgenstille.
    Romanowski fluchte, wusch sich unter der Pumpe im Hof, und stellte sich dann unter das Schlafzimmerfenster Hartungs. Es muß sein, dachte er. Auch wenn er noch so weich in ihren Armen liegt. Laska, das Aas, ist auf und davon. Jetzt hilft keine Diskretion mehr.
    »Herrchen!« schrie er. »Aufwachen, Herrchen!« Es war eine der Besonderheiten des Ostpreußen Romanowski, da er zwar in Berlin aufgewachsen war, aber an den Denkweisen
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