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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten
Autoren: F.G. Klimmek
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Stapelmann und Grete Drewen getroffen habe? Sie waren beide ganz entzückt darüber, wie viel Aufmerksamkeit ihnen ein hoher Herr wie Ihr geschenkt und mit welcher Inbrunst Ihr ihnen die Fußsohlen verbrannt habt, bevor Ihr sie tötetet. – Freund und Feind, Ihr habt sie alle umgebracht. Ist das Goldene Kalb es wert, dass man es umtanzt bis zu den Knien in Blut?«
    Degusti ließ sich Zeit, bevor er antwortete. Er saß da, zurückgelehnt, sein Lächeln war verschwunden, und er drehte gedankenverloren seinen Becher hin und her. Bis er sich endlich entschlossen hatte, auf alle Ausflüchte zu verzichten.
    Er beugte sich vor, griff über den Tisch und umfasste mein Handgelenk.
    »Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Denkt dereinst an meine Worte, Herr Frederik von dem Kerkhof: Es wird ein Sturm über das Reich fegen, der alles mit sich reißen wird, Bettel- wie Edelmann. Luther, Müntzer und alle die anderen, die man anfangs als Schwärmer abgetan hat, sie haben den Boden aufbereitet. Erinnert Ihr Euch an Melchior Hoffmann und seine Vision von der Wiedertaufe, und erinnert Ihr Euch auch daran, wie knapp die Sache dann für Münster noch einmal gut gegangen ist? Oh ja, Ihr erinnert Euch. Schließlich wart Ihr ja an vorderster Front dabei. Doch das war nur ein laues Lüftchen gegen den Orkan, der kommen wird. In ein oder zwei Jahren oder erst in ein paar Generationen, aber es wird so kommen. Und dann wird nur das übrig bleiben, was seit jeher die Kirchen, die Mächtigen, die Herrscher und die Frömmler überdauert hat – das Gold. Seid nicht töricht und vertut nicht die einmalige Chance, die das Schicksal uns mit diesem Fall geboten hat.«
    »Welche herrliche Gelegenheit soll das denn sein, von der Ihr sprecht?«
    »Stellt Euch nicht dumm, Herr Frederik, diese Rolle liegt Euch nicht. Ihr wisst genau, dass ich das Gold gefunden habe. Wie wir es schon damals im Voraus bedacht haben, es waren nicht alles nur Reiche, die von den Wolfsmenschen überfallen worden sind. Und selbst die Wohlhabenden unter den Reisenden haben selbstverständlich nicht ihre gesamten Schätze mit sich geführt. Aber die Zeit und die Menge haben es gebracht, und so ist nach und nach ein erkleckliches Sümmchen zusammengekommen. Ein kleiner Schatz, könnte man fast sagen.« Er strahlte mich mit sprühenden Augen über seinen Becher an. »Nun, der Wahrheit die Ehre, man kann ihn auch einen großen Schatz nennen.«
    »Transportiert durch die Wolfskinder auf Geheiß von Stapelmann in Gretes Hütte, die dafür sterben musste wie die vielen anderen.« Ich dachte an die verbrannten Fußsohlen. »Und nicht gerade auf leichte Art.«
    »Natürlich. Menschlicher Auswurf, allesamt, kleingeistig obendrein, nicht annähernd so viel wert wie der Ochse vor dem Pflug. Alle Schätze dieser Welt hätten sie nicht gelehrt, ein genussvolles Leben zu führen. – Wir sind da aus einem anderen Holz geschnitzt, Herr Frederik. Wir werden dieses Gold teilen und uns aus dem Staub machen, weit weg in ein anderes Land, vielleicht sogar bis über das südliche Meer.«
    »Warum wollt Ihr so viel Honig verschwenden, um einen Bären wie mich zu fangen?«
    »Weil ich einen Bären wie Euch nicht beständig auf meiner Spur wissen will, darum. Ich strebe nach all den Jahren, in denen der gewaltsame Tod mein treuester Begleiter war, ein Leben an, in dem ich mich unbesorgt zurücklehnen und die Früchte meines Schaffens genießen werde, ohne mit einem Dolch unter meinem Kissen schlafen zu müssen. An meiner Seite sollen schöne Frauen liegen – und keine geladene Pistole. Wenn ich Schritte hinter mir höre, sollen es nicht die eines gedungenen Attentäters sein. Ich will endlich meine Ruhe. Nur deshalb opfere ich die Hälfte des Goldes. – Es fällt mir übrigens nicht so schwer, wie Ihr annehmen könntet, denn es ist genug für uns beide da.«
    Das hörte sich ja wahrhaft prächtig an. Und doch, meine leichtsinnigen Zuhörer, sollte ein Löwe immer dann besonders wachsam sein, wenn die Ziege besonders groß ist, die man an den Pfahl gebunden hat.
    »Durch zwei geteilt also? Nun, ich kann mich da noch gut an einen Rudolfo erinnern«, unwillkürlich kratzte ich mir dabei die Stelle, an der mich die Kugel seines Schneppers getroffen hatte, »der ein ausgezeichneter Schütze, ein äußerst mutiger Mann und Euer zuverlässigster Begleiter war. Wie wird er sich dazu stellen?«
    »Überhaupt nicht mehr. Ich habe ihm einen Teil angeboten, der seiner Stellung entsprach. Leider sind wir uns
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