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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten
Autoren: F.G. Klimmek
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bemerkt hatte, dass er es vorsichtigerweise vorgezogen hatte, sich gegenüber drei Fremden in die Büsche zu schlagen. Doch wenn das eigene Wohl davon abhängt, dass man eine Situation richtig einschätzt, wappnet man sich tunlichst für die gefahrreichste Variante. Und wie ihr, meine umsichtigen Zuhörer, es sicherlich auch getan hättet, zog daher euer Frederik eine seiner Pistolen und ließ das Gebüsch, aus dem die Nager hervorgesprungen waren, nicht mehr aus den Augen.
    »Wir werden langsam weiterreiten, bis wir nur noch zehn Schritte von dieser Stelle entfernt sind. Dann galoppiere ich los und feuere ins Unterholz. Ihr folgt mir mit drei Längen Abstand. Und es wird nicht schaden, eine Armbrust bereit zu halten. – Dann los!«
    Einerseits war ich heilfroh, dass Gernot so aufmerksam war. Andererseits wurmte es mich kolossal, dass ich eingerosteter Spion die Zeichen nicht selbst erkannt hatte. Es wurde wahrhaft hohe Zeit, dass ich mich auf meine alten Tugenden besann.
    Wie euch aus meinen früheren Erzählungen erinnerlich ist, hatte mein Freund Sir Desmond meine Radschlosspistolen so hergerichtet, dass sie besonders für den Nahkampf geeignet waren und schon auf kurze Distanz eine enorme Streuung boten. Die Ladung hatte ich selbst verfertigt, indem ich dünne Platten aus einem Blei- und Zinngemisch in kaum fingernagelgroße Stückchen geschnitten hatte. Ein Treffer aus einer Entfernung von nur fünf Schritten konnte einen Mann in Stücke reißen, bei zehn Schritten drei Angreifer nebeneinander außer Gefecht setzen.
    Dieses ermutigende Bild im Kopf, drückte ich meinem Pferd die Hacken in die Flanken. Gleichzeitig ließ ich mich nach rechts aus dem Sattel rutschen, und während ich an der dem Feind abgewandten Seite des Tieres hing, langte ich vorne um dessen Hals herum und visierte in etwas über Mannshöhe. Als ich den Abzug durchzog, prasselte die Ladung durch das Gebüsch und fetzte dabei Zweige, Laub und ganze Äste aus dem Dickicht.
    Ich war vorbei, ehe der letzte Holzsplitter zu Boden gefallen war, meine Gefährten schafften es dicht hinter mir.
    Nachdem die Tiere zum Stand gekommen waren, befanden wir uns etwa hundert Schritte von der Hügelkuppe entfernt. Während ich die Waffe wieder lud, spähten die beiden aufmerksam zurück. Doch von der Anwesenheit eines anderen Menschen war nichts zu sehen.
    Als wir schon weiterreiten wollten, bemerkte Gernot plötzlich: »War da nicht ein Zeichen an dem einen Baum, ein kleines Schild oder ein Stück Papier?«
    Bevor ich mein »Was? Was soll da wo gewesen sein?« herausbrachte, hatte er sein Pferd bereits auf der Hinterhand herumgerissen und jagte zurück. Ich war auch mit meiner Warnung zu spät dran, weil er bereits die halbe Strecke hinter sich gelassen hatte. Ich schenke sie mir daher ganz.
    Augenblicke später war er wieder bei uns, einen Zettel triumphierend in der Hand schwenkend. Seine scharfen Jägeraugen hatten ihn also nicht getrogen. Zu einer genauen Examination war jedoch keine Zeit, da die Sonne bereits halb hinter dem Horizont verschwunden war und ich nicht riskieren wollte, auf offenem Feld von der Dunkelheit und denen überrascht zu werden, die sie ausnutzten. Die Schatten waren so lang geworden, dass ich die nächste menschliche Behausung ansteuern würde, die am Wegesrand lag.
    Diese entpuppte sich, gleich am gegenüber liegenden Rand der Senke, als ein weitläufiges Haus, das sich auf besondere Art vor Überfällen geschützt hatte. Rings um den Bau und seine Stallungen war im Abstand von wohl zwanzig Schritten eine undurchdringliche Dornenhecke um die Gebäude gezogen, die mit ihren obersten Zweigen doppelte Mannshöhe erreichte. Es gab nur einen mit einem schweren Tor versehenen Durchlass, und der war so eng, dass ein Frachtwagen knapp hindurch passte. Aus dem Kamin stieg Rauch auf, und hinter den Fenstern flackerte Licht.
    Wenn man es auch ungern wahrhaben möchte, meine eitlen Zuhörer, so werden wir doch nicht verleugnen können, dass man im fortschreitenden Alter körperliche Anstrengungen nicht mehr mit der Leichtigkeit der Jugend verdaut. So war es nicht verwunderlich, dass mir nach den Strapazen des langen Ritts die Aussicht auf eine weiche Lagerstatt ausgesprochen verlockend erschien. So verlockend, dass ich mein Pferd wieder zur Eile antrieb und meine Gefährten Mühe hatten, mir zu folgen.
    Was wiederum ein gutes Beispiel dafür ist, dass das Alter in vielen Fällen nicht nur die Glieder schwächt. Natürlich hätte ich mich
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