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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten
Autoren: F.G. Klimmek
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Schenke in Crange?«, bei denen er sein Haupt vorreckte und auf seine Haare zeigte, die immer noch das Rot der frühen Jahre aufwiesen, wusste ich, mit wem ich es zu tun hatte. »Du bist Gernot, der Wilderer.«
    »Schon lange nicht mehr, hoher Herr, sondern wohlbeleumundeter Jäger im Dienste des Grafen von Crange. – Und gleichermaßen wohlbeleumundeter Ehemann. Ihr werdet doch die kleine Ilse nicht vergessen haben, deren Horn Ihr kauftet, das Euch letztlich auf die Spur des Mörders führte?«
    »Du hast die Tochter des Müllers geheiratet? Ich gratuliere!«
    »Und ich gratuliere Euch zu den famosen Lebensumständen, die Ihr Euch geschaffen habt, allen voran zu Eurem wunderbaren Weib, und nicht zuletzt zu den herrlichen Gerichten, die sie zu bereiten versteht. – Umso schwerer fällt es mir, meinen Auftrag auszuführen und den Wunsch meines Herrn vorzutragen, dessen Erfüllung Euch für eine Weile von diesen Annehmlichkeiten fernhalten würde. Der Graf bittet Euch nämlich inständig, ihn aufzusuchen und ihm aus großer Not zu helfen. Es geschehen unglaubliche Dinge, welche die Leute entsetzen und von falschen Propheten wieder einmal zum Nachteil des einfachen Mannes ausgelegt werden könnten. Der Graf befürchtet eine ähnliche Entwicklung wie seinerzeit in Münster, als erst angeblich drei Sonnen schienen und hernach das Volk in Scharen zu den Wiedertäufern überlief. Doch jetzt ist es ungleich schlimmer. Menschen verschwinden spurlos, ein Werwolf geht um, und der Satan persönlich scheint auf Erden zu wandeln und überall seine Zeichen zu hinterlassen. Kurzum, der Graf ist der Ansicht, dass nur Ihr Abhilfe schaffen könnt.«
    So ernst die Lage auch sein mochte, nötigte sie mir gleichwohl ein Schmunzeln ab.
    »So, so, einen Werwolf und den Satan in eigener Person zum Gegner. Meinst du nicht auch, dass diese Last zu schwer ist für die schmalen Schultern eines alten, schwachen Mannes?«
    Nun wisst ihr selbst, meine treuen Freunde, dass euer Frederik weder schmal noch schwach ist und auch dem alten Eisen noch nicht zugerechnet werden kann. Doch was da von mir erwartet wurde, hätte einem antiken Sagenhelden vom Range eines Herkules besser zu Gesicht gestanden.
    »Entschuldigt, Herr, ich habe mich da sicher falsch ausgedrückt. Meine Aufgabe ist es, die Wälder zu durchstreifen, und nicht, mit gelehrten Herren zu disputieren. Was ich sagen will, ist, dass die Verzweiflung des Grafen wohl verständlich ist, denn unter seinem Dach ist es erneut zu einem unerklärlichen Todesfall gekommen.«
    Tja, meine vorausschauenden Freunde, die ihr immer damit gerechnet habt, dass ein Frederik von dem Kerkhof auf Dauer nicht in der Langeweile des selbst gewählten Exils eines verschlafenen holländischen Fischerdörfchens versauern würde, ihr solltet wieder einmal Recht behalten.
    Zwar hatte Gernot mit der kurz umrissenen Lage meiner Person den Nagel auf den Kopf getroffen, konnte ich doch mit meinen familiären wie geschäftlichen Umständen mehr als zufrieden sein. Indessen wird wohl ein jeder, der, wie ich, über die Jahre ein abenteuerreiches Leben geführt hatte, in dem die Bedrohung der eigenen Existenz allgegenwärtig war, in seinem wohlverdienten Ruhestand irgendwann von dem Gefühl übermannt werden, im Alltagseinerlei ersticken zu müssen. Denn sich nur noch den Kopf darum zerbrechen zu müssen, wie der ohnehin gewährleistete Wohlstand zu mehren ist, welches Wams man zu welcher Gelegenheit zu tragen und welches ohnehin üppige Essen man auf dem Tisch stehen haben wird, kann einen Mann von meinen Anlagen und Möglichkeiten auf Dauer nicht befriedigen. Und selbst mein verführerisches Weib, das in den vergangenen Jahren nichts von seiner Schönheit und seinem Liebreiz eingebüßt hatte, konnte nicht verhindern, dass ich immer öfter mit Wehmut an die alten Zeiten zurückdenken musste. An die alten Zeiten, die ich gleichermaßen draußen im warmen Sommerregen wie im eisigen Schneetreiben einer Winternacht, drinnen auf kalten Fluren dunkler Schlösser und an offenen Feuern in verräucherten Schenken verbracht hatte. An die alten Zeiten, in denen ich feindliche Spione verfolgt, fremde Meuchler gejagt und politischen Gegnern aufgelauert hatte.
    So war mir in den vergangenen Monaten oft genug der Gedanke gekommen, mitten in der Nacht mein weiches Bett zu verlassen und gegen eine harte Lagerstatt auf dem Waldboden unter freiem Himmel zu tauschen, umgeben von einer Aura der Gefahr, wieder unterwegs im geheimen Auftrage
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